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Entfaltungen
Alternde Körper im Comic

Irmela Marei Krüger-Fürhoff (Berlin)

 

Comics präsentieren bekanntlich bei weitem nicht nur attraktive und mit großer Handlungsmacht ausgestattete Körper – aber wie sieht es speziell mit alternden, alten oder gar hochaltrigen Körpern aus? Seit Jahrzehnten beschäftigen sich zahlreiche Disziplinen mit der gelebten Erfahrung und mit kulturellen Bildern des Alterns und Alters. Dabei lässt sich seit den 1960er Jahren eine zunehmende Abkehr von einem Defizitmodell hin zu einer an Kompetenzen orientierten Sichtweise feststellen sowie seit den 1990er Jahren ein Verständnis von Alter als sozial konstruierter Differenzkategorie, die mit anderen Konzepten der Identitätszuschreibung – beispielsweise gender, race und dis/ability – interagiert. Ohne die Materialität körperlicher Veränderungen in Abrede zu stellen, konzentrieren sich sozialkonstruktivistische Perspektiven auf Verfahren des doing age, nehmen also die performative Herstellung von kulturellen und individuellen Altersvorstellungen und -praktiken in den Blick (vgl. Schroeter). Aktuelle empirische Untersuchungen und theoretische Reflexionen stammen u.a. aus Altersforschung, Soziologie und Medizinethik, Psychologie, (kritischer) Gerontologie, Geriatrie und Pflegewissenschaft, Kultur- und Literaturwissenschaft, Kunst- und Medienwissenschaft, Age Studies und Visual Aging Studies (vgl. u.a. Berner et al.; BMFSFJ; Hartung 2015; Mehlmann, Ruby; Reitinger et al.; Twigg/Martin). Dass sich auch die Comicforschung mit Altersbildern (im visuellen wie auch konzeptionellen Sinne) beschäftigt, wäre also zu erwarten; allerdings liegen hier erst wenige Einzeluntersuchungen vor (vgl. Haverkamp, Kuhle, Müller).1 Ich möchte zu diesem vergleichsweise ›jungen‹ Forschungsfeld beitragen und dabei zwei Thesen entwickeln.

Vielfältige Körperlichkeiten: Individualität und Handlungsspielräume des Alter(n)s

Comics tragen erstens zu einer Vervielfältigung von kulturellen Narrativen und medialen Bildern des Älter-Werdens und Alt-Seins bei. Sie präsentieren sogenannte junge Alte (also best agers) und hochbetagte Protagonist_innen, und sie tun dies meist, aber nicht ausschließlich wohlwollend-affirmativ. Dabei stehen sie in einem Dialog mit Vorstellungen und Visualisierungen unserer medial geprägten Kultur, in der alte Menschen als rüstige Rentner, lebenserfahrene und deshalb weise Ratgeber und liebevoll-fürsorgliche Verwandte zu finden sind; gelegentlich als lüsterne, schrullige, geizige oder missgünstige Alte; oder als hinfällige, verwirrte Pflegebedürftige und auch als Sterbende. Comics greifen viele dieser Bilder des Alter(n)s auf, überspitzen und überzeichnen sie gelegentlich ironisch, plädieren aber überwiegend für rücksichtsvolle und zugewandte Formen der Interaktion. Vor allem aber arbeiten sie daran, den gezeichneten und erzählten Figuren eine unverwechselbare Vergangenheit und Identität zu verleihen und ihre Handlungsfähigkeiten und -spielräume auszuloten.

Diese Vervielfältigung und Individualisierung geschieht, so meine zweite These, stark durch die Ausgestaltung der jeweils spezifischen Körperlichkeit der Comicfiguren. Dies ist insofern naheliegend, als der Körper ein zentraler Ort ist, an dem und in dem Alterungsprozesse erfahren werden. Der US-amerikanische Soziologe Edward H. Thompson (47) erläutert:

Bodies matter, including the aging body. […] [I]t is the medium through which we experience growing older; it is always unfinished; it mediates social relations; […] it continues to have the capacity to surprise […]; it can be unruly […]; it is phenomenologically both ‘me’ and ‘not really me’.

Dies hat auch Auswirkungen darauf, wie in unserer Kultur von alternden und alten Körpern erzählt wird, und welche Körperbilder Comics in Bild und Text entwerfen (vgl. El Refaie; Hartung 2018; Klar). Anhand eines Panoramas deutsch-, englisch-, französisch- und spanischsprachiger Beispiele untersuche ich im Folgenden, wie Comic-Protagonist_innen als alt markiert werden; wie diese Markierung mit anderen Zuschreibungen (wie sexuelle Orientierung, soziale Herkunft oder körperlich-geistige Fähigkeiten) interagieren; wie einzelne Figuren ihr Alter – oder ihre Vorbehalte gegen eine Betrachtung als ›alt‹ – performativ herstellen und dabei im Sinne eines ageing trouble (Haller) auch unterlaufen und verändern; und welche ästhetischen, ethischen und gesellschaftspolitischen Aspekte mit der Darstellung von alternden Körpern im Comic einhergehen. Dabei gehe ich mit Sabine Kampmann (13) davon aus, dass »Bilder des Alters« nicht lediglich Symptome geschlechterspezifischer kultureller Konzepte und gesellschaftlicher Handlungsweisen sind, sondern auch »Produzenten von Alters(vor)bildern«.

Kontinuitäten und Brüche: Visualisierung von Alterungsprozessen und Konfrontation mit dem eigenen Körper

Idealtypische Entwicklungen eines Lebens werden in der westlichen Kultur häufig analog zum Jahreslauf dargestellt: Die Jugend wird dem Frühling zugeordnet, der Herbst steht für Reife, aber auch sich andeutenden Niedergang, der Winter für Erstarrung und Tod, also die Phase des hohen Alters. Der Verweis auf zyklische Prozesse der Natur vermittelt dabei Unausweichlichkeit, aber auch einen gleichbleibenden Rhythmus und eine gewisse Hoffnung: Das Leben geht weiter und in der nächsten Generation beginnt der Kreislauf aufs Neue. Der ein einziges ›Blatt‹ umfassende Comic Tick Tock, den der Londoner Illustrator John Cei Douglas 2014 in der Zeitschrift Off Life sowie online veröffentlichte, greift dieses kulturelle Muster auf, um Entwicklungs- und Alterungsprozesse zu vermitteln (Abb. 1).

Abb. 1: Verrinnende Zeit in John Cei Douglas’ Tick Tock.

In der im Internet verfügbaren Version ist links oben ein kleines Haus in herbstlicher Natur zu sehen, aus dessen Schornstein Rauch aufsteigt; rechts unten steht dasselbe Haus in einer Winterlandschaft, und obgleich die Helligkeit von Tür und einem der Fenster vermitteln könnte, dass es bewohnt ist, dringt kein Rauch aus dem Schornstein, so dass es einen verlassenen Eindruck hinterlässt. Verknüpft sind Eingangs- und Abschlusspanel durch die Geräuschwörter »Tick« und »Tock«, die onomatopoetisch auf eine Uhr verweisen und damit das in den Bildern dargestellte Verrinnen von Zeit auf der Ebene der Schrift bestätigen. Auch die gezeichneten Körper verändern sich, wobei sich der Zeitrahmen – anders als bei den Wörtern »Tick« und »Tock« – über Jahre erstreckt: Aus dem Mann mit Aktenkoffer in der zweiten Panelreihe wird ein erst grauhaariger und dann kahlköpfiger Alter; aus dem Jungen mit Teddybär in der dritten Reihe ein Erwachsener, dessen Physiognomie derjenigen des zuerst eingeführten Mannes ähnelt. Das Besondere an diesem Comic ist, dass viele der Panels horizontal gelesen werden können, zugleich aber auch vertikale Bezüge möglich sind, beispielsweise zwischen den drei Panels mit Grabstein. Weil in der Logik des Comics räumliche Anordnungen für zeitliche Verhältnisse stehen, gerät in Tick Tock – wie Neal Curtis herausgearbeitet hat – durch Rückverweise und Vorausschau die Chronologie des Erzählten in Bewegung. Im Kontext der Erstveröffentlichung auf zwei Zeitschriftenseiten wird der Erzählbogen zwischen Herbsthaus und unglücklich schauendem Paar auf der ersten Seite sowie Greis im Rollstuhl und Winterhaus auf der zweiten Seite aufgespannt, so dass Erwachsen- und Älterwerden noch stärker als Verlusterfahrung erscheint. Der Lauf der Zeit ist unabwendbar, aber Familienähnlichkeiten und wiederholtes Totengedenken – der Schatten eines Friedhofbesuchers auf dem Grabstein, der Blumenstrauß vor ihm – haben auch etwas Tröstliches. Curtis spricht in seiner Analyse von einem »multiframe of both page and double page« und feiert Tick Tock und den Comic allgemein als »the art of co-presence«. Tatsächlich verdeutlichen die sich immer ähnlicher werdenden Gesichter von Vater und Sohn, dass der Comic individuelle Alterungsprozesse und deren generationsübergreifende gesellschaftliche Einbettung ebenso thematisieren kann wie die Gegenwärtigkeit des Vergangenen.

Der alte Mann im Rollstuhl in Tick Tock passt zu etablierten Alters-Ikonographien: Comics zeigen häufig technische Hilfsmittel wie Gehstock, Rollator und Klinikbett oder setzen körperliche Details wie faltige Gesichter, kahle Köpfe, knotige Hände, schlaffe Brüste, Speckröllchen beziehungsweise ausgemergelte Körperpartien und gebeugte Rücken in Szene. Diese Darstellung von Alter über Körperzeichen oder Signale eingeschränkter Bewegungsfähigkeit geht häufig mit einem Blick von außen einher, der nachsichtig, desillusioniert oder gnadenlos verachtend sein kann. Dazu trägt auch die Konfrontation mit dem Altern durch einen Vergleich mit Fotos aus der Vergangenheit bei. Der 2018 erschienene Comic L’obsolescence programmée de nos sentiments des französischen Autors Zidrou und der niederländischen Illustratorin Aimee de Jongh greift dieses Motiv auf und verbindet die Wahrnehmung des ›anderen‹ mit derjenigen des eigenen Körpers.2 Der Comic erzählt die Liebesgeschichte des 58-jährigen verwitweten Möbelpackers Ulysses Varennes, der gerade in Frührente geschickt wurde, und der 61-jährigen alleinstehenden Méditerranée Solenza, die in einer Kleinstadt ein Käsegeschäft führt, in ihrer Jugend allerdings Wäsche- und Aktmodell war. 1974 schaffte sie es – wie sie ihrem neuen Verehrer selbstbewusst erzählt – auf das Cover des französischen Herrenmagazins Lui.

Abb. 2: Blicke auf den jungen anderen und den älter gewordenen eigenen Körper.

Ulysses besorgt sich daraufhin genau diese Ausgabe, und wir sehen ihn beim Betrachten des Heftes, dessen Innenseiten Nacktfotos von Méditerranée als junger Frau zeigen dürften (Abb. 2). Seine Reaktion auf den erotischen Körper der neuen Bekanntschaft ist allerdings nicht von Bewunderung oder gar Lust geprägt, sondern eher von Bestürzung. Ist es Fassungslosigkeit über die Vergangenheit – oder die Gegenwart? Während die Bilder der jungen Frau den Comic-Leser_innen vorenthalten werden, sehen wir Méditerranée auf der rechten Doppelseite als reife Frau, die sich vor einem Spiegel – und dabei auch vor uns – entkleidet, so als würde die neue Liebe eine kritische Überprüfung des eigenen Körpers erfordern. Das Erschrecken über die Diskrepanz zwischen vergangener und gegenwärtiger Körperlichkeit wird durch den ähnlichen Gesichtsausdruck der beiden frisch Verliebten vermittelt; dabei fungieren Fotos und Spiegelbild gleichermaßen als ›Medien der Wahrheit‹ angesichts des Alterns. Allerdings erweckt der Comic den Eindruck, das Altern wiege für eine Frau besonders schwer: Méditerranée bezeichnet sich als jene »sorcière« (ebd., 76), also Hexe, vor deren Anblick sie sich als kleines Mädchen gefürchtet hatte und geht weitaus schärfer mit sich ins Gericht als Ulysses mit sich, der als rundlicher älterer Mann im Bad zwar über die verrinnende Zeit nachdenkt, an seinem Körper aber nichts auszusetzen hat (ebd., 30).

Abb. 3: Partialisierung und Selbstobjektivierung.

Ganz in diesem Sinne widmet sich der Comic ausschließlich Méditerranées analysierendem Blick auf den eigenen Körper (Abb. 3). Die Pastelltöne der vorausgegangenen Seite sind auf den Folgeseiten ins Gräuliche abgedimmt; statt des ganzen Körpers zeigen und erschaffen die 16 Einzelpanel Fragmente des alternden Körpers, also ausschnitthafte Nahaufnahmen, die vom Auge bis zum Fuß reichen und u. a. hängende Brüste, erschlaffte Bauchpartien und Gesichtsfalten ins Visier nehmen. Medien- und Kunstwissenschaft haben wiederholt einen partialisierenden (und tendenziell männlichen) Blick auf Frauen kritisiert, der den weiblichen Körper zum Objekt degradiere. Genau solch ein Blick wird hier auf der Bildebene vorgeführt, was einerseits darauf verweist, dass Méditerranée die gegenderten Sehgewohnheiten internalisiert hat, andererseits aber auch den Eindruck erweckt, dass es zu dieser kulturell etablierten fragmentierenden Wahrnehmung (der die Panelstruktur folgt, so dass die Leser_innen zu einer Art Komplizenschaft gedrängt werden) keine Alternative gäbe.3 Als Subjekt sieht Méditerranée – vergleiche das Auge im Einstiegspanel –, aber zugleich ist sie selber als Objekt einer – ihrer eigenen – kritischen Betrachtung ausgesetzt. Auf der Text¬ebene kommentieren drei Sätze, die vermutlich Méditerranées Gedanken wiedergeben, das Gesehene: »Le corps se résigne plus vite que l’âme. / Le temps le ride, l’injure, l’humilie … / … le varice, le ménopause … / … l’essouffle, le caricature … / Il fait avec, le corps, beau joueur. // L’esprit, lui, est mauvais pendant. / Il met du temps à souffler le même nombre de bougies que le corps. / Il ne conçoit que par à-coups … / … par révélations douloureuses … / … par effrois successifs.« (ebd., 74–75).4 Diese melancholische, ja alarmierte Überzeugung einer Körper-Geist-Trennung behauptet eine Diskrepanz zwischen schnellerem fleischlichem Altern, das der »tapfere Körper« erdulde und akzeptiere, und verzögerter geistig-seelischer Einsicht. Das funktioniert für Leser_innen allerdings auf der Textebene überzeugender als auf der Bildebene, denn dass es sich bei Méditerranée um eine immer noch attraktive Frau handelt, wird u. a. an ihren mandelförmigen Augen und den vollen Lippen deutlich. Letztlich widerlegt der Comic den kulturellen Topos einer Kluft zwischen einem jung gebliebenen – oder sich als jung wähnenden – Geist (Stichwort: man ist so alt, wie man sich fühlt)5 und einem Körper, der den Verfall erleidet und im positiven Sinne annimmt; zumindest verkompliziert der Comic diesen Topos. Denn L’obsolescence programmée zeigt, dass nicht nur die Gefühle von Ulysses und Méditerranée jung und leidenschaftlich geblieben sind, sondern auch ihre Körper – es scheint sogar, als könne der Geist den Körper verjüngen.

Sex im Zeitalter von Meno- und Andropause: Spätes Erblühen oder frühes Welken?

Positive und unverblümte filmische Darstellungen von Sex im Alter finden sich u. a. in Andreas Dresens Spielfilm WOLKE 9 (D 2008) über die Leidenschaft zwischen einer 70-jährigen verheirateten Frau und ihrem fast 80-jährigen Liebhaber sowie in Bruce LaBruces GERONTOPHILIA (CAN 2013) um die homosexuelle Beziehung zwischen dem Bewohner eines Seniorenheims und einem jungen Krankenpfleger. Auch in deutschsprachigen Gegenwartsromanen werden vermehrt betagtere Liebende entworfen, beispielsweise in Monika Marons Animal triste (1996) und Annette Pehnts Haus der Schildkröten (2006) (vgl. Seidler). In L’obsolescence programmée de nos sentiments wird der Liebesakt zwischen Méditerranée und Ulysses bereits auf den Seiten vor Beginn der eigentlichen Geschichte angedeutet und später auf zwei Doppelseiten (ebd., 98–101) entfaltet, von denen hier die erste und die letzte Seite zu sehen sind (Abb. 4).

Abb. 4: Sex zweier best agers.

Während das erotische Vorspiel (ebd., 96–97) die bekleideten Körper im Stil der bisherigen Seiten präsentiert, sind die panellosen und sich einander z. T. überlappenden Bilder des Liebesspiels in zarten Braun- und Beigetönen gehalten, die zunehmend blasser werden. Dieser Weichzeichner-Effekt, der zu einer visuellen Verjüngung der Körper beiträgt, ist nicht unproblematisch: Einerseits feiert der Comic die attraktiven Körper zweier Liebenden um die 60, und im Gegensatz zur Spiegelszene wird die Frau hier nicht vollends entblößt. Andererseits vermittelt die wiederholte Darstellung agiler Körper in verschiedenen anmutigen Posen den Eindruck, dass sexuelles Begehren von älteren Körpern nicht auf explizite und realistische Weise gezeigt werden kann, selbst wenn es sich um attraktive best agers handelt. Damit zeigt der Comic weder Bilder, die sich den Alters- und Geschlechtsnormen der Gattung Akt widersetzen würden, noch »skandalöse Körper«, wie sie Kampmann (35) an Beispielen der zeitgenössischen Fotografie analysiert.

Zu dieser Vermeidungsstrategie passt, dass Sexualität in L’obsolescence programmée letztlich als reproduktiv entworfen wird und – trotz der Irritation der Liebenden wie auch ihres Umfelds – möglicherweise gerade deshalb (oder: nur deshalb) akzeptabel ist. Beim ersten Kuss (Zidrou/de Jongh, 88) bemerkt Méditerranée, dass sie eine spontane Blutung hat;6 kurz darauf ist sie schwanger, und der Comic endet mit dem Paar, das sich über ihren prallen Babybauch freut (ebd., 141). Während Bernd Weigand in einer Rezension dieses Happy End vergleichsweise freundlich als »kuriosen, märchenhaften Touch« deutet, erscheint mir die Tatsache, dass die Attraktivität der sexuell aktiven älteren Frau erstens durch ihre frühere Modelkarriere und zweitens durch Rückkehr zu Fruchtbarkeit und Mütterlichkeit abgesichert werden muss, eher bedauerlich, weil der Comic damit noch im Rahmen einer durchaus emanzipativen Geschichte letztlich kulturelle Klischees wiederholt (vgl. Draesner, o. S.).

Dass der Sprung aus der Menopause zurück in eine fruchtbare Lebensphase dem natürlichen Lauf der Dinge widerspricht, kleidet der entgeisterte Ulysses in die Frage »Depuis quand les feuilles d’automne remontent-elles dans les arbres?!?« (Zidrou/de Jongh, 90).7 Der Kölner Comiczeichner Ralf König, selbst mittlerweile 60-jährig, greift auf einen ähnlichen Jahreszeiten-Topos zurück, wenn er in Herbst in der Hose (2017) mit schwarzem Humor die männlichen Wechseljahre – also die Andropause – seines bekannten schwulen Paares Konrad und Paul und deren community beschreibt. Das ungleiche ›Knollennasen-Paar‹ – laut König »der gutbürgerliche, kultivierte Klavierlehrer« und die »kleine geile Ledersau« (Feddersen, o. S.) – hadert mit der Abnahme von körperlicher Attraktivität und sexueller Libido. Auf der Homepage des Künstlers wird der Comic mit feiner Selbstironie als »Werk der Reife« und »unverlogene Auseinandersetzung mit dem Unvermeidlichen« charakterisiert (König, o. S.).

Bereits das Cover verbindet Pauls verzweifelte Befragung des eigenen Gemächts mit Figuren aus dem Chor eines griechischen Dramas, also Persönlich-Intimes mit Mythisch-Dramatischem. Der Comic selbst setzt diese Doppelperspektive fort, indem er das sommerlich-entspannte Paar, das mit seinen gut 50 Jahren schon ein wenig aus der Form geraten ist, mit dem Titelblatt des fiktiven Lustspiels »Die Falten« vom natürlich ebenfalls fiktiven Dichter Haematokrit kombiniert (wobei es sich bei diesem Begriff eigentlich um eine Maßeinheit handelt, die den Anteil fester zellulärer Bestandteile, meist roter Blutkörperchen, am Volumen des Blutes bezeichnet) (König, 39). Der angekündigte letzte Gesang endet mit der Bitte des an Penisse erinnernden Chors, Zeus möge vor dem »Grausen« der »Andropausen« bewahren (ebd., 45). Natürlich vergeblich; stattdessen erzählt der Comic vor allem aus Pauls Perspektive von der zunehmenden Verspießerung des schwulen Freundeskreises und den krankheitsbedingten Einschränkungen früherer Lover. Zumindest einerseits. Denn andererseits setzt Herbst in der Hose einen entschiedenen Kontrapunkt zu den meisten der hier vorgestellten Comicfiguren, die in heteronormativen Strukturen leben, indem er den alternden schwulen Freundeskreis als Ort der Solidarität feiert.

Abb. 5: Erotische Wünsche beim Stuhltanz im Seniorenheim.

So gewährt der Comic auf den letzten Seiten einen Ausblick auf das »fünfzigste Beziehungsjubiläum« des Paars (ebd., 161), das, wie es lapidar heißt, »wenig später« (160) in einem Senioren-Wohnheim stattfindet. Herbst in der Hose zeigt nicht nur ikonisches Altersmobiliar wie Rollator und Rollstuhl, sondern – als Auftakt zum Viagra-gestützten bandscheibenfreundlichen Sex von Konrad und Paul – einen Seniorentanz mit zwei jungen Männern als Anleiter (Abb. 5). Einerseits verleiht der in großen Lettern präsentierte Songtext »If I could turn back time« (ebd., 161) von Cher, einer Schwulen-Ikone der 1980er Jahre, der unerfüllbaren Sehnsucht nach vergangener Jugendlichkeit Ausdruck; die aufgerissenen Augen aller am Stuhltanz Beteiligten sind auf das knappe Höschen und den entblößten, behaarten Bauch eines Animateurs gerichtet, den einer der Bewohner als »voll mein Modell« (ebd., 161) bezeichnet. Andererseits verdeutlicht die resignierte Aussage »Weißt du, was mich echt anpisst? Die jungen Kerle tragen endlich wieder Schnauz und zu kurze T-Shirts, und das einzige, was bei mir hart wird, ist die Prostata!« (ebd., 162) trotz aller Frustration, dass über erotische Wünsche weiterhin offen gesprochen werden kann und sexuelle Aktivitäten in Institution und Gemeinschaft dieses Seniorenwohnheims akzeptiert sind. Der Comic endet in der Neujahrsnacht und schließt damit den Bogen zur Einstiegsseite, wobei »Plopp« und »Zisch« (ebd., 171–172) durchaus auch als sexuelle Geräusche verstanden werden können. Sex im Alter ist also möglich, Bestandteil einer trotz aller Eskapaden verlässlichen Paarbeziehung und eingebettet in einen Kreis von Gleichgesinnten, wenngleich auf den Schlussseiten von Herbst in der Hose deutlich weniger ‚abgeht‘ als auf der Einstiegsseite.

Unangepasste Alte: Skurrile Typen und groteske Körper

Dass ein unterstützender Mikrokosmos von Gleichgesinnten altersbedingte Einschränkungen erträglich macht, ist auch das Credo eines französischen Comics, der das Alter seiner Figuren nutzt, um besonders ausdrucksstarke Typen zu präsentieren. Die bislang sechsbändige französische Serie Les vieux fourneaux (2014–) von Texter Wilfrid Lupano und Illustrator Paul Cauuet (auf Deutsch Die alten Knacker) erteilt der Wunschvorstellung von jugendlicher Attraktivität im fortgeschrittenen Alter eine deutliche Absage, doch auch hier ist Altsein eine Lebensphase, die mit vereinten Kräften gestaltet werden kann. Die Serie erzählt von den drei über 70-jährigen Helden Pierrot, Émile und Antoine, die seit ihrer Kindheit befreundet sind, auch wenn Anarchist Pierre inzwischen in Paris lebt, Ex-Seemann Émile in einem Altersheim wohnt und der frisch verwitwete Antoine ein geruhsames Leben in der Provinz verbringt. Damals wie heute scheren sich die drei weder um Konventionen noch um soziale Erwartungen; so zeigt bereits der erste Band Ceux qui restent (Die übrig bleiben) von 2014, dass sie ihre (nachgetragene, weil über den Tod der Ehefrau hinausgehende) Eifersucht ebenso ausleben wie das altbewährte linke Misstrauen gegen die Bosse großer Konzerne. Dabei setzen die drei Alten ihre körperlichen Gebrechen bisweilen gezielt für subversive Aktionen gegen das Establishment ein, wobei dieser »terrorism situationnel«8 (Lupano/Cauuet, 22) explizit als Ersatz für sexuelle Freuden entworfen wird. Pierrot, der zwar schlecht sieht, aber durchaus nicht blind ist, berichtet seinem Freund Mimile, wie er Émile nennt, von seiner »Aktionsgruppe« (ebd., 22): »»Ni yeux ni maître«, qu’on s’appelle! […] // Qu’est-ce que tu veux faire d’autre? À nos âges, il n’y a plus guère que le système qu’on peut encore besogner. Du coup, ma libido s’est reportée sur la subversion.«« (ebd., 22).9 Präsentiert werden also keine liebenswert-harmlosen Senioren, sondern kauzige, ja aggressive alte Männer mit Fehlern, Ecken und Kanten, die ihren politischen Überzeugungen treu bleiben, auch wenn ihr äußeres Erscheinungsbild – das hier cartoonhaft zugespitzt ist – sich gewandelt hat. In der deutschsprachigen Presse wurde der Band Die übrig bleiben entsprechend als »Rentner-Roadmovie« (Endres, o. S.) und »Sozialkomödie mit einer ordentlichen Portion Klassenkampf« (Splitter, o. S.) gefeiert.

Obgleich die drei Freunde ihre Umgebung durch sexuelle Anzüglichkeiten und Tattoos irritieren, fungieren sie als Sympathieträger, während andere Alte u. a. als aufdringlich, (klimapolitisch) rücksichtslos und abstoßend entlarvt werden (ebd. 38). Dieser Abstufung von Sympathie entspricht auf visueller Ebene ein unterschiedlich starker Rekurs auf überhistorisch wirksame Elemente des Grotesken. Laut Michail Bachtin, der u. a. zur volkstümlichen Kultur vom Mittelalter bis zum Barock forschte, besitzt der grotesken Körper keine glatte und geschlossene Oberfläche, sondern ist von Auswüchsen und »Öffnungen« (Bachtin, 20) gezeichnet und wird in Situationen imaginiert, die mit der Überschreitung körperlicher Grenzen einhergehen, wie essen, ausscheiden, sich fortpflanzen, gebären oder sterben. Kampmann weist darauf hin, dass kulturell wirkmächtige Gemälde und Skulpturen von garstigen alten Weibern mit herunterhängenden Brüsten oder trunkenen Alten mit aufgerissenem Mund auf genau diese grotesken Züge zurückgreifen und dabei – wenngleich häufig kritisch gewendet – bis in die Gegenwartsfotografie nachwirken (vgl. Kampmann, 39). Ein zentrales Merkmal des Grotesken ist die Übertreibung, also das Hyperbolische, und genau hier verläuft meiner Einschätzung nach in Les vieux fourneaux 1 die Grenze zwischen den skurrilen, aber letztlich positiv dargestellten drei Helden und anderen, eher als grotesk und abstoßend präsentierten Alten.

Abb. 6: Alte Männer und groteske Körperlichkeit.

Deutlich wird dies im Vergleich zwischen dem Witwer Antoine, der mit scharfkantigem Gesicht und verbittert geschlossenem Mund neben einem ungepflegt wirkenden Mann sitzt (Abb. 6). Rechts Antoine, der ehemalige Gewerkschaftler aus der französischen Provinz, links sein früherer Chef, der seinen Lebensabend auf einem großzügigen Anwesen in der Toskana verbringt, als dement gilt, sich aber dennoch gut an die Affäre mit Antoines kürzlich verstorbener Frau Lucette erinnert. Während Antoine ›nur‹ als ausgemergelter und missgelaunter Greis dargestellt wird, zeigt sein früherer Chef zahlreiche Eigenschaften, die Bachtins Charakterisierung des grotesken Körpers entsprechen und damit ein Gegenbild sowohl zu klassischen Konzepten von Schönheit und Attraktivität als auch zur körperlichen Erscheinung des ›alten Knackers‹ Antoine bilden: Mit knotigen, behaarten Händen führt der ehemalige Firmenchef eine Madeleine zum Mund, während er von der »liaisons avec une petite de la comptabilité« (ebd., 45)10 schwärmt; ausgerechnet eine Madeleine, das französische Erinnerungsgebäck par excellence. Sein Mund wirkt dabei wegen der wenigen Zähne vor schwarzem Hintergrund wie eine ekelerregende düstere Höhle, und die schweren Augenlider in Verbindung mit den wulstig herunterhängenden Wangenpartien erwecken den Eindruck, als sei das ganze Gesicht in Auflösung begriffen. Der Rinnstein bzw. gutter trennt hier also eine eher positive von einer negativen Visualisierung alter Männerkörper, wobei die moralisch bessere auch die ästhetisch etwas ansprechendere Person ist.11 Die Kategorie des Grotesken wird demnach auch im Comic verwendet, um alte Menschen und ihre Körper zu diskreditieren – wenngleich nicht pauschal, sondern, wie die Gegenüberstellung in Les vieux fourneaux 1 zeigt, als Abgrenzungsstrategie zwischen ›guten‹, weil politisch progressiven, und ‚schlechten‘ Alten. Der gutter fungiert hier als visuelle und moralische Grenzlinie; allerdings verdeutlicht das über zwei Panel hinwegreichende Bild zugleich, dass die Unterschiede zwischen den Kontrahenten letztendlich nicht sonderlich groß sind, sondern dass beide in ihrer altersbedingten Einsamkeit einander ähnlicher sind als sie es wahrhaben wollen.

Miteinander verbundene Körper: (Gegenseitige) Fürsorge im Mikrokosmos Pflegeheim

Körper existieren niemals losgelöst, sondern in Zeit und Raum und in Interaktion mit anderen Menschen und Dingen. Zu den spezifischen Räumlichkeiten des Alters gehören Senioren- und Pflegeheime, und auch sie werden in Comics vielfältig ausgestaltet. Häufig fühlen sich alte Menschen in Alten- und Pflegeheime abgeschoben, einige Comics entwerfen diese Institutionen – ohne sie zu verklären – jedoch auch als soziale Räume, in denen alternative Gemeinschaften zwischen Bewohner_innen, Pflegepersonen und Besucher_innen entstehen können (siehe das obige Beispiel von Ralf König). Um dies visuell nachvollziehbar zu machen, gestalten die Comics Körper, die auf reale oder imaginäre Weise sowohl untereinander als auch mit ihrer eigenen Vergangenheit oder mit räumlich bzw. zeitlich entfernten Personen verbunden sind. Damit werden die hochaltrigen Menschen im Comic nicht nur als isolierte Überbleibsel einer an ihnen vorbeilebenden Gesellschaft der Jungen und Aktiven präsentiert, sondern als vielfältig eingebundene und trotz Einschränkungen z. T. auch einander unterstützende Individuen.

Dass diese Perspektive durchaus auch eine gesellschaftspolitische Dimension besitzt, liegt auf der Hand; eine mögliche künstlerische Umsetzung zeigt der Comic der Schweizer Illustratorin und Aktionskünstlerin Lika Nüssli. In Vergiss dich nicht, der 2016 mit dem Hauptpreis des Fumetto-Comicfestivals, einem Comic-Stipendium, gefördert wurde und 2018 in St. Gallen und Berlin erschien, widmet sich Nüssli ihrer vormals lebens- und reiselustigen Mutter, die nun mit Demenz in einer Einrichtung lebt, in der Angehörige zahlreicher Länder und Sprachen aufeinandertreffen. Vergiss dich nicht beschreibt den »Migrationskosmos« Altersheim (Hangartner, o. S.) in mehrseitigen, in Schwarzweiß gehaltenen Einzelszenen. Dabei betonen Zeichenstil, Gespräche und Handlungen die Ähnlichkeit zwischen den alten Menschen und den Pflegenden, die sich bis ins Körperliche niederschlägt: So halten eine Bewohnerin und die sie führende Altenpflegerin ihre Hände auf vergleichbar verschroben-verkrampfte Weise, und beide Körper sind unten zu ihren Füßen in einer Masse miteinander verbunden, deren Ausläufer visuell an Baumwurzeln erinnern (Nüssli, [117]). Bewohner_innen und Pflegende haben zudem ähnliche Schwierigkeiten sich auszudrücken, sei es wegen der Mehrsprachigkeit der Schweiz, demenzbedingter Veränderungen sprachlicher Kompetenz oder aufgrund von Migration. Sowohl einzelnen Alten als auch Pflegenden fällt es schwer eine Umgebung zu akzeptieren, die sie als fremd empfinden und aus der sie real oder in ihrer Fantasie entfliehen. So verdeutlicht das kurze Gespräch zwischen einer deutschschweizerischen Altenpflegerin und ihrem ostafrikanischen Kollegen die vergleichbare Heimatlosigkeit über Alters- und Herkunftsunterschiede hinweg: »Frau Solenthaler hat fast geschafft raus. / Hm. Sie chat Cheimweh. / Ich auch. // Wollte ich nicht weg von Eritrea.« (Nüssli, [149])

Emotionale Verbindungen werden erkennbar, wenn ein namenlos bleibender Pfleger der alten Frau Gruber stellvertretend jene Unterstützung gibt, die er gerne seiner Mutter Ayşe gegeben hätte; auch sie hätte eine alte Frau werden dürfen, wenn sie nicht in der Türkei vor den Augen ihrer Familie auf der Straße erschossen worden wäre (Nüssli, [98–103]). Die schmerzliche Diskrepanz zwischen der unmöglichen Hilfe in der Vergangenheit und der Alltagszuwendung in der Gegenwart, zwischen toter Mutter und hinfälliger, aber noch lebender Bewohnerin des Heims wird in Vergiss dich nicht als Spannung zwischen Bild- und Textebene vermittelt, also durch den Rückgriff auf eine medienspezifische Möglichkeit des Comics (Abb. 7).

Abb. 7: Stellvertretende Körperpflege als Erinnerungsarbeit.

So stehen über der Zeichnung eines unbewegten Fußes der Frau in der Schweiz die Worte »Ein paar Mal, sie hat noch bewegt« (ebd., [99]), die der in der Türkei Erschossenen gelten; die zupackende Bewegung, mit der der Pfleger die alte Frau nach der Körperpflege zurück in den Rollstuhl setzt, wird kontrastiert durch die Aussage über seine Mutter: »Sieben Tage blieb sie auf der Strasse liegen.« (ebd., [101]) Die Sorge für die Deutschschweizerin kann als nachgeholte Fürsorge für die eigene Mutter und vielleicht auch als Aussöhnung mit der erlittenen Vergangenheit verstanden werden. Damit ist die Szene ein bitterer Kommentar zu Menschenrechtsverletzungen, Flucht und globaler Arbeitsmigration, die Familien auseinanderreißt, sie weist aber auch auf neue zwischenmenschliche Verbindungen hin, die gestiftet werden können.

Vergiss dich nicht betont die Gemeinsamkeiten zwischen alten Menschen und Pflegenden und schildert die Heimatlosigkeit aufgrund von Institutionalisierung oder Migrationserfahrung. Damit plädiert Nüsslis Comic nicht nur für eine Wertschätzung von Menschen in Pflegeberufen, sondern weist auch auf jene grundsätzlichen Fremdheitserfahrungen hin, die mit dem Altern des anderen oder des eigenen Körpers einhergehen. Ähnlich argumentiert die Literaturwissenschaftlerin Amelia DeFalco (128, 136) unter Rückgriff auf psycho¬analytische Konzepte:

[O]ur antipathy toward aging stems largely from our anxieties surrounding difference and alterity, particularly our own. […] Tolerating, and even appreciating, one’s own aging […] can be a profoundly political act since, by recognizing this strangeness within, one may find a new tolerance for the strangeness of others.

In diesem Sinne besitzen Comics über das Altern und Alte wie Vergiss dich nicht eine politische Dimension im individuellen wie im gesellschaftlichen Sinne, weil sie Möglichkeiten des Umgangs mit inneren und äußeren Alteritätserfahrungen entwerfen und durch assoziative Verbindungen zwischen den Schicksalen alter Menschen und Migrant_innen auf vergleichbare Entfremdungserfahrungen und politische Marginalisierung hinweisen.

Auch Sheree Domingos Comic Ferngespräch (2019) greift die problematische Globalisierung der Altenpflege auf und beleuchtet die damit verbundenen Konflikte zwischen individuellen Bedürfnissen und gesellschaftlichen Erwartungen hinsichtlich familiärer Verantwortung und Fürsorge. In dem farbenfrohen Werk, das 2016 mit dem Comicbuchpreis der Berthold Leibinger Stiftung gefördert wurde und 2019 im Zürcher Verlag Edition Moderne erschien, erzählt die in Süddeutschland geborene Domingo, deren Mutter von den Philippinen stammt, »Kontinente- und generationenübergreifend« (Platthaus, o. S.) die Geschichte von drei Frauenfiguren – einer in Deutschland als Altenpflegerin arbeitender Filipina, ihrer jungen Tochter und einer Heimbewohnerin –, die sich in ihrer Lebenssituation verloren fühlen, und thematisiert auf diese Weise die sozialen und emotionalen Folgen des Alter(n)s sowie weltweiter Arbeitsmigration. Die frisch verwitwete Frau Hermann, die nach eigener Einschätzung nicht in, sondern über einem Seniorenzentrum wohnt, wird für das namenlos bleibende Mädchen, das in den Sommerferien die Zeit bis zum Dienstschluss der Mutter im Altenheim absitzt, zur Bezugsperson und Ersatz für die eigene Oma. An diese Oma hat das Mädchen nur verschwommene Urlaubserinnerungen, weiß aber – aufgrund der Verzweiflung ihrer wegen der Arbeit nicht abkömmlichen Mutter –, dass diese auf den Philippinen im Sterben liegt. Ähnlich wie Nüsslis Vergiss dich nicht arbeitet Domingos Ferngespräch an einer Annäherung zwischen Alten, Pflegenden und Angehörigen bzw. Besucher_innen, und auch hier werden die ähnlichen emotionalen Bedürfnisse der verschiedenen Protagonist_innen nach Zuwendung, Begleitung und Nähe durch Bilder verfließender Körpergrenzen gestaltet.

Abb. 8: Imagination des im Sterben verfließenden

Körpers der Oma.

Ferngespräch ist durchzogen von Erinnerungsszenen und Tagträumereien, die durch ihre Farbgebung von der ›realen‹ Handlung abgesetzt sind. So imaginiert die Witwe eine alternative Sterbeszene, in der ihr Mann sich von Katheder- und Infusionsschläuchen befreit und mit den Worten »Es geht mir doch gut // Wir hauen einfach ab von hier« (Domingo, 16; 17) zum Aufbruch in das gemeinsame Ferienhaus in Italien ruft. In den Angstträumen des jungen Mädchens findet dagegen keine (imaginäre) Rückkehr ins Leben statt, sondern das Sterben der fernen Oma wird in Bilder übersetzt: Der Körper der in einem Klinikbett liegenden alten Frau verflüssigt sich, tropft auf den Boden und lässt eine verzweifelte Angehörige zurück (Abb. 8). Durch eine ähnliche Zeichnung der Gesichter von Herrn Hermann und der Oma sowie die Möblierung – Klinikbett, ›Galgen‹, Katheterbeutel – wird der Verlust eines geliebten Menschen als kultur- und altersübergreifend schmerzliche Erfahrung dargestellt. Dabei überschreiten die Bilder der sich auflösenden alten Filipina auch die Grenzen zwischen Personen und Generationen, denn die Mutter sieht – vermittelt durch die Erzählperspektive der Tochter – die Sterbende bei einem Telefonat ebenfalls in dieser sich auflösenden Gestalt (ebd., 49). Am Ende des Comics wendet sich die Mutter ihrer Tochter zu, die sich mit der alten Frau Hermann angefreundet hat, und spannt einen schützenden Regenschirm über die kleine Gruppe; das leuchtende Pink ihres Schirms erinnert an den Schwimmreifen der Tochter und nimmt Elemente der philippinischen Landschaft auf, so dass angesichts von Alter, Sterben und Tod ein fürsorglicher Umgang über Herkunfts- und Altersgrenzen hinweg als Grundlage alternativer Heimatgefühle aufscheint (ebd., 92–93).

Entfaltungen: Vom Sterben und von Individuen, die sich treu bleiben

Es ist eine gern verdrängte Tatsache, dass wir mit dem Niedergang unserer körperlichen und geistigen Kräfte rechnen müssen und dass unser aller Leben mit dem Tod endet. Einige aktuelle Comics zu Altern und Hochaltrigkeit widmen sich altersverwirrten oder sterbenden Figuren, und sie tun dies mit einem wertschätzenden Blick, der in den Protagonist_innen ihr früheres Selbst mit Individualität, Vorlieben und Handlungsmöglichkeiten aufscheinen lässt. Sie sind damit Teil des Genres um graphic pathographies und Graphic Medicine, also der Darstellung des persönlichen Erlebens von Krankheit, Behinderung und Pflege (vgl. Czerwiec; Krüger-Fürhoff 2020; Krüger-Fürhoff 2021; Squier/Krüger-Fürhoff) und vermitteln letztlich tröstliche Botschaften.

In Paco Rocas Comic Arrugas von 2007, der in Spanien und Italien zahlreiche Preise erhielt und 2013 auf Deutsch unter dem Titel Kopf in den Wolken erschien, ist die Familie des alten Emilio von dessen fortschreitender Demenz überfordert und schickt ihn in ein Seniorenheim. Sein Zimmernachbar Miguel stellt ihm die anderen Heimbewohner_innen vor, unter ihnen auch Doña Rosario, die scheinbar teilnahmslos in einem Rollstuhl am Fenster sitzt, tatsächlich aber in eine Phase ihres früheren Lebens eingetaucht ist (Abb. 9). Miguel erläutert: »La señora Rosario se pasa el día mirando por la ventana. / Cree que vaja en el orient express camino de Estambul.« (ebd., 19, 2–3).12 Indem der Comic señora Rosario auf S. 18 als elegante und hochgewachsene Dame im Pelzmantel einführt und erst fünf Panel später als weißhaarige alte Frau mit Brille und Dutt zeigt, wird die Selbstwahrnehmung der Seniorin ernst genommen; zudem begibt sich Miguel in der Interaktion in ihre imaginäre Welt und ›spielt‹ einen Mitreisenden bzw. Schaffner. Die Comicpanel, die das innere Erleben einer jungen, körperlich attraktiven Frau auf einer Vergnügungsreise visualisieren, halten also die persönliche Vergangenheit und Unternehmungslust von señora Rosario wach; sie markieren das Verschwimmen zwischen verschiedenen Zeitebenen nicht als Symptom von Alter oder Demenz, sondern betonen vielmehr die Kontinuität zwischen Frau Rosarios alt gewordenem und ihrem früheren Selbst.

Abb. 9: Die alte señora Rosario als junge Reisende.

Miguels Verhalten im ›Orientexpress‹ wird auf der Ebene des Textes als ›nur gespielt‹ kommentiert; der alte, aber agile Heimbewohner scheint hier Naomi Feils Konzept der Validation umzusetzen, also die Bereitschaft, sich in die Welt eines Gegenübers mit Demenz zu begeben und dessen subjektive Wahrnehmung zu teilen anstatt ›falsche‹ Vorstellungen zu korrigieren (vgl. Feil 1992; Feil 1993; Poulaki/Wiegele). Anders als Miguel sehen wir als Lesende allerdings ›reale‹ Bilder dieser Reise – vom altertümlichen Zug über die schöne Passagierin bis zum stimmungsvollen Sonnenuntergang –, werden also eingeladen, in señora Rosarios Welt der Demenz bzw. der Erinnerung einzutauchen (vgl. Fraser, 168; Hertrampf [10]).13 Auf einer der letzten Seiten des Comics (97) wird die Grenze zwischen gespielter und tatsächlicher geteilter Erfahrung endgültig verwischt, da hier offen bleibt, aus wessen Perspektive die Körper gezeigt werden: Hier setzt sich eine andere Heimbewohnerin zu señora Rosario und wird in dem Moment, in dem sie erklärt, auch nach Istanbul zu reisen, auf der Bildebene zu der jungen Frau, die sie einmal gewesen ist. Visualisiert wird hier also mit Hilfe ›früherer‹ Körperlichkeit nicht nur die Nähe zwischen zwei Bewohnerinnen, sondern auch die Gegenwärtigkeit des Vergangenen. Dies könnte mit dem spanischen Originaltitel des Comics korrespondieren: »Arrugas« bedeutet »Falten«, und vielleicht sind damit nicht nur alternde Gesichtszüge gemeint, sondern – in einem beinahe utopischen Sinne – auch die Auf- bzw. Entfaltungen von verschiedenen Zeitschichten zu einer neuen Form von Zeitwahrnehmung. Diese potentielle Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen kann das Medium Comic besonders gut verdeutlichen, indem dieselbe Figur in direkt aufeinander folgenden Panels in unterschiedlich gestalteten Körpern präsentiert wird. In diesem Sinne verdeutlicht Rocas Arrugas, dass das Alter(n) die Vergangenheit nicht tilgt, sondern anwesend hält: In der gefalteten oder geschichteten Zeit von Gegenwart und Erinnerung werden die jeweils ganz persönliche Lebensgeschichten erkennbar, die der Comic in Bild und Text erzählen kann.

Eine solche Gegenwart des Vergangenen wird auch in Der Sommer ihres Lebens erkennbar, erzählt von Thomas von Steinaecker und in Aquarellen gezeichnet von Barbara Yelin; die Geschichte erschien 2015 in 15 Episoden auf hundertvierzehn.de, dem Onlinemagazin des S. Fischer Verlags, und 2017 im Berliner Comic-Verlag Reprodukt. Der Sommer ihres Lebens nimmt uns mit in die letzten Tage sowie die Vergangenheit der alt gewordenen Gerda Wendt, einer ehemaligen Astrophysikerin aus kleinbürgerlichen Verhältnissen, die ihre internationale wissenschaftliche Karriere für die Liebe aufgab, nach der Scheidung ihre Tochter allein großzog und nun im Pflegeheim über ihre Lebensentscheidungen nachdenkt. Aufgespannt zwischen Kapitelüberschriften von »I. Ein Tag ist ein Jahr ist ein Leben« bis zu »XV. Das Ende eines Sommers« werden alltägliche Pflegeerfahrungen und eine vorsichtige Freundschaft mit dem altersverwirrten Heimbewohner Jörg mit Gedanken über die Wegmarken der beruflichen und privaten Vergangenheit verbunden. Erinnern, so macht die Hauptfigur deutlich, kann schmerzlich sein, hält aber auch lebendig. Während sie den Rollator durch das Seniorenheim schiebt, erklärt Gerda: »Oft denke ich… // …ich bin bereits tot. // Und das hier ist die Ewigkeit. // Trotzdem will ich jetzt wieder öfter an früher denken. / Ich spüre dann… / …ich lebe noch.« (Steinaecker/ Yelin, 7, 9) Durch thematische Verknüpfungen sowie Comic-Bilder, die die Verbindungen und Übergänge zwischen dem jungen Mädchen und der alten Frau teilweise in einem einzigen Panel visualisieren, bleibt die junge Gerda in der alten durchgängig präsent, so dass die auf den ersten Blick unspektakulär erscheinende Alte als wissbegierige, für ihre Zeit sehr emanzipierte und bis in die Erzählgegenwart reflektierte Frau erkennbar wird. Für Christopher Haas (o. S.) vermittelt der Comic die »ebenso schlichte wie erschütternde Wahrheit, dass jeder Mensch eine Welt und jeder Tod ein Weltuntergang ist«. Teresa Präauer (o. S.) macht auf die Bedeutung des Sternbilds des Großen Bären aufmerksam, das die junge mit der alten Gerda verbindet, eine Reflexion über das Wesen der Zeit auslöst und zugleich als metapoetischer Kommentar des Comics verstanden werden kann. Als der Vater ihr das Sternbild erklärt, wendet die kleine Gerda ein: »Die sind eigentlich schon lange tot, die Sterne« (Steinaecker/ Yelin, 17). Das nächste Panel zeigt Gerda als alte Frau und dazu die Worte: »Das, was wir sehen, ist längst vorbei. / Hab ich wo gelesen.« (ebd., 17) Präauer (o. S.) erklärt dazu: »Dieser Satz ist vielleicht ein erster Schlüsselsatz im ›Sommer ihres Lebens‹. Was Gerda sieht, und wir mit ihren Augen sehen, ist längst vorbei, aber es leuchtet noch als Bild, als Comicbild zu uns herüber.« Damit aber, so ließe sich ergänzen, überwindet das Comicbild in gewissem Sinne den Tod des Universums wie auch des Individuums.

Abb. 10: Sterben als Aufbruch.

Die letzten Doppelseiten des Comics zeigen das Sterben und den Eintritt des Todes von Gerda Wendt (Abb. 10). Während die herbeigerufenen Rettungssanitäter versuchen, die alte Frau nach einem Herzinfarkt wiederzubeleben, sehen und lesen wir in großformatigen und farbenfrohen Bildern das, was die Protagonistin in ihrem Inneren erlebt. Die Versuche, die Sterbende ins Leben zurückzurufen (»Mist! Jetzt komm schon zurück! Komm schon…«, ebd., 73) werden mit den pädagogischen Drohungen des Vaters am Ende des Sommerurlaubs überblendet: »Ich zähle jetzt bis drei, Gerda! / Wenn du dann nicht da bist, fahren wir ohne dich!« (ebd., 72). Die junge Gerda widersteht dem elterlichen Abzählen mit einem »Nein« (ebd., 73) und »Ich bleibe hier.« (ebd., 75) – ob damals in der Realität oder jetzt in der Imagination bleibt offen –, während in der Erzählgegenwart ihr Herztod eintritt. Mit der konturlosen letzten Sprechblase »Ich bleibe hier.« vor verblassendem Hintergrund behält Gerda nicht nur das letzte Wort im Comic, nachdem die Sanitäter bereits ihren Tod festgestellt haben, sondern sie geht auch einem Dasein ohne Zeit und Beschränkung entgegen; und sie tut dies – so die zentrale Botschaft – aus eigenem inneren Entschluss. Gerdas Gang auf die sommerliche Wiese jenes Urlaubs, in dem sie die Sterne entdeckte, vermittelt Freiheit, Potentialität und vielleicht sogar so etwas wie einen Neuanfang.

Die verbleibenden Seiten von Der Sommer ihres Lebens zeigen eine Art Seelen-Vogel, der sich einem Schwarm anschließt und über den Freund Jörg auf der Bank vor dem Altenheim hinwegfliegt. Auch wenn dies ein vergleichsweise konventionelles Bild der Hoffnung ist, vermittelt der Comic, dass der selbstgewählte Aufbruch und widerstandslos akzeptierte Tod im Einklang mit den Lebenszielen der Verstorbenen stehen. Gerda Wendt ist der Enge des Heims entflohen und hat sich in ihrem Tod von elterlichen und gesellschaftlichen Erwartungen so entschieden abgesetzt, wie sie es in ihrem Leben nicht immer gewagt hatte. Insofern erzählt Der Sommer ihres Lebens von einem durch den Rückblick ermöglichten inneren Aufbruch einer alten Frau und einer späten Entfaltung, und es ist nur schlüssig, dass der knappe Kommentar zum Schlusskapitel in der Internetversion lautet: »Wir brauchen keine Angst zu haben« (Steinaecker/Yelin 2015, o. S.). Dies ist eine Aussage, die sich – ohne Verharmlosung oder Verklärung – durchaus auch auf die anderen hier diskutierten Darstellungen alternder und alter Körper im Comic beziehen lässt.

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Abbildungsverzeichnis

  • Abb. 1: Douglas, John Cei: Tick Tock. In: Off Life – the UK’s only street press comic magazine 10 (2014), S. 28–29. <https://issuu.com/offlife/docs/ol-10-issuu>; <https://www.johnceidouglas.com/Tick-Tock>. Letzter Zugriff am 08.03.2021.
  • Abb. 2: Zidrou/Aimee de Jongh: L’Obsolescence programmée de nos sentiments. Paris: Dargaud, 2018, S. 72–73.
  • Abb. 3: Zidrou/Aimee de Jongh: L’Obsolescence programmée de nos sentiments. Paris: Dargaud, 2018, S. 74–75.
  • Abb. 4: Zidrou/Aimee de Jongh: L’Obsolescence programmée de nos sentiments. Paris: Dargaud, 2018, S. 98, 101.
  • Abb. 5: König, Ralf: Herbst in der Hose. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt, 2017, S. 161.
  • Abb. 6: A Lupano, Wilfrid und Paul Cauuet: Les vieux fourneaux. 1: Ceux qui restent. Paris: Dargaud, 2014, S. 45.
  • Abb. 7: Nüssli, Lika: Vergiss dich nicht. Graphic Novel. St. Gallen, Berlin: Vexer, 2018, [S. 99; 101].
  • Abb. 8: Domingo, Sheree (A): Ferngespräch. Zürich: Edition Moderne, 2019, S. 9.
  • Abb. 9: Roca, Paco: Arrugas. Bilbao: Astiberri, 2013 [2007], S. 19.
  • Abb. 10: Steinaecker, Thomas von und Barbara Yelin: Der Sommer ihres Lebens. Berlin: Reprodukt, 2017, S. 72–73..

 

  • 1]   Es gibt eine große Zahl von Comics über ältere Menschen mit Demenz sowie über Sterbende, und auch die entsprechende Forschung dazu; ‚gesunde‘ Alte werden jedoch selten thematisiert bzw. untersucht.
  • 2]   Der deutsche Titel Das unabwendbare Altern der Gefühle unterschlägt, dass es sich bei der ‚geplanten Obsoleszenz‘ um eine kapitalistische Produktions- und Marketingstrategie handelt, bei der das vorgesehene Veralten einer Ware die Nachfrage nach der nächsten ‚Produktgeneration‘ erhöhen soll (Zidrou/de Jongh 2019).
  • 3]   Zum rahmenden und fragmentierenden Potential von Panelstrukturen sowie fragmentierten weiblichen Körpern im Comic vgl. Rauchenbacher/Serles.
  • 4]   »Der Körper resigniert schneller als die Seele. / Die Zeit zerfurcht, verletzt, demütigt … / … schwächt und karikiert ihn… / … bringt ihm Krampfadern, Wechseljahre … / Der tapfere Körper nimmt es hin. // Der Geist indes ist ein schlechter Verlierer. / Er braucht länger, um dieselbe Anzahl Kerzen auszupusten wie der Körper. / Er erfasst nur ruckartig… / … nach und nach, durch schmerzhafte Enthüllungen … / … immer wiederkehrendes Entsetzen.« (Zidrou/de Jongh 2019, 74–75).
  • 5]   Soziologische Studien argumentieren, dass sich Menschen ab etwa der Lebensmitte im Vergleich zu ihrem kalendarischen Alter um etwa 20% jünger einschätzen. Edward H. Thompson (51) deutet dies als Reaktion auf soziale Erwartungen: »This pattern of denial of being old, or as I prefer, old people discursively positioning themselves as not yet old, is part of a more general pattern whereby normative assumptions about being old are rejected.« Vgl. auch Schroeter, 187–190.
  • 6]   Als Germanistin denke ich natürlich sogleich beunruhigt an Thomas Manns Erzählung Die Betrogene von 1953, in der eine verwitwete, frisch verliebte Frau in den Wechseljahren das Wiedereinsetzen ihrer Regelblutung zu erleben glaubt, tatsächlich aber mit den Symp¬tomen eines finalen Gebärmutterkrebs konfrontiert wird (vgl. Herweg).
  • 7]   »Seit wann klettert das Herbstlaub wieder rauf auf die Bäume?!« (Zidrou/de Jongh 2019, 90).
  • 8]   »Wir üben situativen Terrorismus« (Lupano/Cauuet 2015, 22).
  • 9]   »›Augenlos und frei!, so heißen wir! // Ja, was soll man denn sonst machen? In unserem Alter kann man nur noch das System rannehmen. Also hat sich meine Libido voll der Subversion zugewendet. ‹« (Lupano/Cauuet 2015, 22).
  • 10] »eine Affäre mit einer niedlichen Buchhalterin«.
  • 11] Zur (gelegentlich ironischen) »Hyperaffirmation« negativer Altersklischee im Comic vgl. Haverkamp, 97.
  • 12] »Doña Rosario schaut den ganzen Tag aus dem Fenster. // Sie denkt, sie reist im Orientexpress nach Istanbul.« (Roca 2013, 19).
  • 13] Marina Hertrampf weist darauf hin, dass der wiederholte Wechsel zwischen externer und interner Fokalisierung bzw. die Visualisierung mentaler Bilder das Lesepublikum einer gewissen Orientierungslosigkeit aussetzt, die das Leben mit Altersdemenz in Ansätzen nachvollziehbar macht.