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Ãœber diese Ausgabe

 

Auch 2016 reißt das Interesse am Medium Comic nicht ab. Die Zahl der Veröffentlichungen steigt nach wie vor an, wobei kleine Verlage zunehmend den etablierten Häusern das Feld streitig machen. Der Trend zur Graphic Novel, den Monika Schmitz-Emans für CLOSURE bereits in Ausgabe #2 unter die Lupe nahm, scheint ungebrochen. Die Leser_in darf sich über eine reichhaltige Auswahl an Comics aller Genres freuen, muss aber fürchten, angesichts der Vielzahl der Neuerscheinungen den Überblick zu verlieren. Daher liegt nun mit CLOSURE #2.5 die erste Halbjahresausgabe vor, welche sich auf Rezensionen konzentriert.

In unserer Rubrik ›ComicKontext‹ geht es aber zunächst um die Vermittlung von Comics und ihren Einsatz in der Didaktik. Hierzu stellen Stefanie Jakobi und Philipp Schmerheim (Bremen) die Plattform KinderundJugendmedien.de vor, auf der sich wissenschaftliche und pädagogische Angebote zu kinderorientierten Comics finden lassen. Sie rufen gleichzeitig alle Interessierten zur Mitarbeit an der öffentlich verfügbaren Plattform auf, um deren Comicbereich weiter zu stärken.

Susanne Wegner (Eichstätt-Ingolstadt) liefert einen »Werkstattbericht« über die Praxis des Rezensierens ab. Sie erläutert, was bei der Comicrezension zu beachten ist und gibt angesichts mehrerer Beispiele aus CLOSURE #1 einen Einblick in die Besonderheiten der Form. Ihre lesenswerte Manöverkritik macht Lust aufs Schreiben – und wir kommen natürlich an dieser Stelle nicht umhin zu betonen, dass CLOSURE gut verfasste Rezensionen immer gerne entgegen nimmt.

Wie für CLOSURE üblich, behandeln die Rezensionen sowohl Fachliteratur als auch Comics. Mit Unflattening legt Nick Sousanis einen Text vor, der sich mit Fug und Recht um beide Kategorien bewerben könnte: Eine Dissertation über Comics – verfasst in Form eines Comics. Ein durchaus kontroverses Plädoyer für eine Doppel- und Mehrfachperspektive, das den Comic zum Ausweg aus dem ›Flachland‹ erstarrter Sichtweisen erhebt. »Ein einzelner Gedankengang ist eine Falle« (36), stellt Sousanis fest: Daher haben wir gleich drei Autor_innen zur Diskussion gebeten. Monika Pietrzak-Franger (Hamburg), Stephan Packard (Freiburg) und Susanne Schwertfeger (Kiel) diskutieren Unflattening in Form einer Roundtable-Rezension zu dritt und kommen dabei zu durchaus unterschiedlichen Urteilen über das Werk. Der dreifache Blick auf Sousanis’ vielfache Blickwinkel zeigt: Das letzte Panel zu den Möglichkeiten und Grenzen des Comic ist noch nicht gezogen.

Was die Fachliteratur betrifft, versucht sich Andrew Hoberek dreißig Jahre nach Erscheinen der ersten Ausgabe an Revisiting Watchmen – Martin Flanagan klärt für CLOSURE, ob diese Neuerscheinung dem Klassiker tatsächlich neue Aspekte abringen kann. Um Zeitgenössischeres geht es dagegen in Felix Giesas Graphisches Erzählen von Adoleszenz, das sich dem deutschen Comic nach 2000 widmet und welches Philipp Schmerheim kritisch begutachtet hat. Jan Baetens und Hugo Frey legen mit The Graphic Novel: An Introduction einen weiteren Bewerber auf den Titel des ›Standardwerkes‹ vor, das die Graphic Novel als gänzlich eigenes Genre auffasst. Stephanie Keunecke erläutert, ob das Buch seinem hohen Anspruch gerecht wird. Und Ullrich Cochanski stellt mit Superheroes! ein sehr komplettes ›coffee table book‹ vor.

Marvel Comics’ Thor existiert seit jeher im Spannungsfeld von Superheldennarrativen einerseits und konkreten mythologischen Bezügen andererseits. Anna Springer untersucht, ob die Serie Thor: Gott des Donners diese disparaten Ansprüche unter einen (federgeschmückten) Hut bekommt. Benjamin von Eckartsberg und Thomas von Kummant präsentieren in Gung Ho eine untypisch farbenfrohe Postapokalypse ›made in Germany‹, die sich Dorothee Schneider einmal genauer angesehen hat. Kévin Fischer dagegen begibt sich in ungleich fröhlichere Gefilde, wenn die Herren Philosophen in Nicolas Mahlers Partyspass mit Kant zum Stelldichein rufen und erklärt, ob die »philosofunnies« das Leben der Feier sind oder sich lieber in der Ecke an ihrem Getränk festhalten. Danach lassen Dobbs und Stéphane Perger Inspektor Lestrade in Scotland Yard auf die Jagd nach zwei geflohenen Mördern gehen. Maike Duddek geleitet uns durch dieses »viktorianische Wimmelbild«, das den Leser mit zahlreichen literarischen Verweisen auf die Probe stellt. Zum Schluss dreht die Farbpalette mit Rabbids – La vie en rose noch einmal ins Pastellfarbene. Ullrich Cochanski hat das Treiben der niedlichen Saatschädlinge begutachtet und greift angesichts des Gebotenen zur metaphorischen Flinte.

Auch ohne die ewig gleichen Diskussionen um Definition und Validität der Comicforschung neu aufzurollen, bleiben wir mit CLOSURE #2.5 zuversichtlich, dass der kritische Blick sich immer wieder lohnt. Oder, mit Nick Sousanis’ Unflattening gesprochen: Comics können ein »multidimensionaler Kompass für multidimensionales Denken« sein. In diesem Sinne setzen wir erneut die Segel und lassen uns von unserer Kunst leiten.

Die Herausgeber_innen

 

Herausgeber_innen

Cord-Christian Casper
Chris Ullrich Cochanski
Sandro Esquivel
Yanine Esquivel
Julia Ingold
Gerrit Lembke
Susanne Schwertfeger
Rosa Wohlers

Redaktion & Layout

Cord-Christian Casper
Chris Ullrich Cochanski
Sandro Esquivel
Yanine Esquivel
Constanze Groth

Jana Hanekamp
Kerstin Howaldt

Julia Ingold

Gerrit Lembke
Marie-Luise Meier
Susanne Schwertfeger
Lukas Städing
Dennis Wegner
Rosa Wohlers
Nikolai Ziemer

Technische Gestaltung

Sandro Esquivel
Marie-Luise Meier

Cover & Illustrationen

Gregor Hinz (Ausgabe #2.5)
Matthias Latza (ComicKontext)

Kontakt

Homepage: www.closure.uni-kiel.de
E-Mail: closure[@]comicforschung.uni-kiel.de