Comics, Abstraktion und der coolste Superheld

Abstraction and Comics / Bande dessinée et abstraction rezensiert von Julia Ingold

Batman ist der coolste Superheld. Keine Frage. Aber er ist es nur auf dem Rücken all der übernatürlich ausgestatteten Gutmenschen, die ihre Unterhosen obendrüber tragen. Wäre Superman kein moralisch überlegener Kryptonier, würde niemanden etwas an der rachsüchtigen, selbstgerechten Fledermaus mit exorbitantem Vermögen reizen. Genauso ist es mit abstrakten Comics: sie gewinnen ihre Spannung allein aus dem Kontrast zum braven Mainstream – oder nicht?

Aarnoud Rommens hat für die Lütticher Comicforschungsgruppe ACME (www.acme.ulg.ac.be) die zwei Bände Abstraction and Comics / Bande dessinée et abstraction herausgegeben, die an Projekte wie Andrei Molotius (Hg.) Abstract Comics. The Anthology (2009) anschließen. Das Besondere an der Unternehmung ist, dass Comics in etwa genauso viel Platz eingeräumt wird wie Forschung. Der Gegenstand veranschaulicht die Theorie unmittelbar. Schon der Klappentext legt nahe, dass dieser Band eine Diskussionsgrundlage bieten, also eher nicht festlegen oder ›in Stein meißeln‹ will, sondern im Gegenteil, weitere Ordnungen und Theorien (geradezu) provozieren: »It is ultimately up to the reader to create the meaningful paths that connect abstraction and comics.«

Laut Klappentext ist es das Ziel der Bände, »to explore what abstraction can offer to comics, and what comics can do for abstraction.« Obwohl das Thema generell nicht ganz neu ist, ist die Frage, nach den gegenseitigen Inspirationsmöglichkeiten mindestens interessant, wenn nicht überraschend, denn: Comics und Abstraktion sind kunsthistorisch gesehen ein ungewöhnliches Paar. Comics mit ihrer Abhängigkeit von der Linie gehören zur graphischen Kunst, während Abstraktion in der Malerei der klassischen Moderne zuerst erarbeitet wurde, weil die Farbe ›endlich‹ die Dominanz der Linie abschüttelte. Im Verlauf der Lektüre von Abstraction and Comics stellt sich aber heraus, dass dieses erste Verständnis des Abstraktionsbegriffs nur eines von mindestens drei möglichen ist und dass sich die Beiträge vielmehr klugerweise am Verhältnis zwischen Comic und Abstraktionsbegriff abarbeiten als zwischen Comic und dem, was häufig zuerst unter Abstraktion verstanden wird, nämlich ungegenständlicher Malerei.

Die zwei Bände enthalten neun Kapitel, die sich dieser spannungsvollen Beziehung zwischen der Kunstform oder dem Medium des Comics und dem Begriff der Abstraktion annehmen. Es entsteht eine anregende Mischung unterschiedlichster bildlicher und schriftlicher Positionen, von denen ich hier einige, bei weitem nicht alle, vorstellen werde.

Abb. 1: Diniz Conefrey: O arco da noite branca (Vol. I, 11).

Ein wortloser Comic bekommt das ›erste Wort‹, der Opener O arco da noite branca von Diniz Conefrey (Abb. 1). Er steht da, bevor das erste Kapitel beginnt und fungiert deshalb als Einleitung für alles weitere. Er ist schon kaum ein Comic. Stilistisch finden sich klare Anleihen aus der klassischen Moderne. Die abgebildeten plastischen Formen haben räumliche Tiefe und werden von den Frames beschnitten. Manchmal setzen sich die Formen über Panelgrenzen hinweg verändert oder unverändert fort. Die Bildsequenz formt unwillkürlich einen Diskurs mit narrativem Potential. Damit sind einige programmatische Punkte gesetzt, die immer wieder auftauchen.

Vol. I

Archeologies / Archéologies lautet der Titel des ersten Kapitels, das sich historischer Fragen annimmt. Schon der erste Artikel darin, Peut-on parler d’abstraction dans les premières bandes dessinées (Cham, Nadar, Doré)? von Jacques Dürrenmatt, rückt den Fokus auf die Begriffsebene. Er zeigt, wie die frühen Bildergeschichtenerzähler in ihre schwarz-weißen Graphiken abstrakte Elemente aufnehmen, ohne sich deren revolutionärem Potential bewusst zu sein. Schließlich wird es die Malerei sein, die den Weg der Gegenständlichkeit zuerst konsequent verlässt. Direkt an diesen Erzählstrang schließt Katherine Roeders Aufsatz Cliff Sterrett’s Jazz Age Abstractions über Sterretts von der klassischen Moderne informierte populäre Comics an, die Entwicklungen der Avantgarde einem Massenpublikum zugänglich machten.

Abb. 2: Jessie Bi: Figure 3 (Vol. I, 185).

Practices / Pratiques, der Praxis ist das zweite Kapitel gewidmet. Demensprechend eröffnet es ein Comic, dem ein Essay der Künstlerin folgt (Abstract Sequential Art: An Artist’s Insight), wiederum gefolgt von dem Comic der Künstlerin, über den sie zuvor geschrieben hatte. Hier nimmt Kym Tabulo einen der vielen Gesprächs- oder Diskussionsfäden auf, die aus der Comicforschung und -theorie in andere Disziplinen übergreifen: Sie geht davon aus, dass es im 21. Jahrhundert eine große Fülle von »abstract sequential art« (Vol. I, 147) gibt, die nichts mit Comics zu tun hat, die aber trotzdem Fachbegriffen dieses Bereichs beschrieben werden kann. Sie nennt ihren zweiten graphischen Beitrag, die Reproduktion ursprünglich ausgestellter Graphiken »graphic novel« (Vol. I, 149). Direkt danach stellt auch Jessie Bi ihren abstrakten Kurzcomics Überlegungen zur Seite (A propos de deux possibilités de bandes dessinnées abstraites). Sie arbeitet mit Panels, in denen sich geometrische Farbflächen verändern (Abb. 2). Das Einzige ›comictypische‹ Merkmal ist die Struktur von Panels und Gutters, die aber ohne Einbettung in den vorliegenden Band kaum auffallen und wohl eher als graphisch experimentelle Konzeptkunst eingeordnet würde. Ähnlich nur anders verhält es sich mit Bianca Stones Essay und Comics. Sie schreibt: »In a poetry comic, the image serves as another line of the poem.« Die Zeichnungen sind in einem klassischen Indie-Stil schwarz-weiß gehalten, mit üblichen Comicelementen wie Sprechblasen, Captions und starke Konturen. Nur der Begleittext liefert das Label ›poetry comic‹ und damit die entsprechende Leserlenkung. In diesem Kapitel wird deutlich, dass das Framing für manche Werke entscheidend ist, um überhaupt als Comics erkannt und rezipiert zu werden.

Narration / Narration dürfte für viele das wichtigste und interessanteste Kapitel sein, weil es ausführlich das Verhältnis zwischen ›erzählerisch‹ und ›ungegenständlich‹ verhandelt. Zwei Pole kristallisieren sich heraus: Entweder abstrakte, ungegenständliche Comics verweigern sich per se jeder Narrativität oder die Verwendung von Panels und Gutters erzeugt unweigerlich eine narrative Struktur (vgl. v. a. Molotiu 2009). Gerade das vorherige Kapitel hatte ja gezeigt, dass diskursiv angeordnete Panels teilweise als Minimalbedingung für den Comic genügen können. In C’est fini. Ça commence. Notes sur WREK d’Olivier Deprez, Miles O’Shea et Marine Penhouët schlägt Jan Baetens vor, gegenständliche Comics, die mit dem Prinzip der Narration brechen, als ›abstrakt‹ zu kategorisieren. Kai Mikkonen sucht in Abstracted Narration and Narrative Abstraction: Forms of Interplay Between Narration and Abstraction in Comics nach dem Abstrakten in erzählenden Comics: »Abstraction can, for instance, complement narration, it can add new interpretive dimensions to the story, expand the connotations of the story events, contribute to narrative tension, or explore the distinction between the space of the story and the space of the page/composition« (Vol. I, 280). Er schlussfolgert: »storytelling and non-narrative elements are more closely connected in comics than we think« (Vol. I, 280). Die Comicforschung könnte auf diese Anregung hin das Abstrakte grundsätzlich als Analysekategorie einzuführen. In Adding up to What? Degrees of Narration and Abstraction in Wordless Comics macht Barbara Postema darauf aufmerksam, dass auch ungegenständliche und/oder wortlose Comics von Texten begleitet werden, die das »anchoring« (Vol. I, 285) und damit die minimal notwendige Rezeptionslenkung übernehmen. Pascal Lefèvre schließlich liefert eine Typologie der »main ways in which abstract imagery is used in narrative comics« (Vol. I, 313): »1. Combinations of Abstract and Figurative Zones within the Frame of One Panel« (Vol. I, 316); »2. ›Blank‹ Panels« (Vol. I, 317); »3. Panels with abstract Shapes« (Vol. I, 318), das sind Panels gegenständlicher Erzählungen mit abstrakten Motiven, die erst im weiteren Verlauf als Gegenstände identifiziert werden können; »4. Representational Panels and Sequences Resisting Narrativization« (Vol. I, 319). Genauso wie die Frage, ob ein Comics abstrakt ist oder nicht, eher eine Frage des jeweiligen Abstraktionsbegriffs zu sein scheint, ist in diesem großen Kapitel oft die eigentliche Frage, was eigentlich unter Narrativität zu verstehen ist.

Significations / Significations ist das Kapitel, in dem Jakob F. Dittmar in seinem Aufsatz Abstraction and Non-Sequitur einen Blick auf die Kunstgeschichte wirft. Er bringt dabei (endlich) den Begriff des Konkreten ins Spiel (»the work becomes gestaltet, so to speak, assuming a specific, concrete form« [Vol. I, 345]) und trifft eine hilfreiche Unterscheidung: »The meaning of ›abstraction‹ differs in literature and fine arts. While the first is concerned with generalisations and conceptualisation, the other focuses on the visual aspects of abstraction in terms of non-figurative expression« (Vol. I, 353). Zum Verständnis: Nehmen wir das berühmte Schwarze Quadrat von Malewitsch, das ein schwarzes Quadrat darstellt, das nichts anderes sein will, also eine konkrete Form, im Gegensatz zum Beispiel zu einem Strichmännchen, das ein reduzierter und in diesem Sinne abstrahierter Mensch sein soll.

Vol. II

Epistemologies / Épistémologies eröffnen den zweiten Band, der seinen Fokus von der Theorielastigkeit des ersten hin zu mehr Comics und Einzelstudien verschiebt. Dieses Kapitel behandelt Fragen der Wahrnehmung, auch inwieweit die Rezeption, die Leistung der Comic-›Leser_innen‹ erst den abstrakten oder narrativen Comic schafft. Bemerkenswert ist Lukas R.A. Wildes Eröffnungsaufsatz The Epistemology of the Drawn Line: Abstract Dimensions of Narrative Comics mit einem wichtigen Beitrag zur theoretischen Diskussion (den zu berücksichtigen ein paar anderen Aufsätzen eventuell mehr theoretische Tiefe verliehen hätte). Wilde nimmt sich weiter der Begriffsschärfung an, die schon Dittmar begonnen hatte. Er unterscheidet drei Arten der Abstraktion im Comic: »Non-Iconic Abstraction« (Vol. II, 11) sind konkrete Bilder im Sinne Dittmars; »Conceptual Abstraction« (Vol. II, 16) ist die Veranschaulichung abstrakter Zusammenhänge, in Diagrammen etwa; »Perceptual Abstraction« (Vol. II, 18) ist die für den Comic typische reduzierte Zeichnung, die keinen realistischen Stil hat. Die Begriffe noch einmal zusammengefasst: »stylistically-abstract versus realistic, conceptually-abstract versus concrete and non-representationally-abstract versus figurative« (Vol. II, 10). Thierry Groensteens Artikel Quasi-Figuren. Im Grenzbereich der Körperlichkeit in dieser Ausgabe von CLOSURE zeigt, dass die einzelnen Comics häufig nicht nur einer dieser Kategorien angehören, weil zum Beispiel ein konkreter Strich in eine Handlung verstrickt sein kann, bei der nicht klar ist, ob der Protagonist nicht doch für etwas anderes, etwa ein Männchen, steht. Nicht nur trotzdem, sondern gerade deshalb ist Wildes Typologie essentiell für die nötige Begriffsschärfe bei der Analyse der graphischen Oberflächen. Er hat sehr Recht, wenn er schreibt: »all three types of abstraction are crucial to the semiotics – and our understanding – of comics in general, even in examples that clearly would not fit in any collection of ›abstract comics‹« (Vol. II, 10).

Abb. 3: Jochen Gerner: Oceano ardente (Vol. II, 103).

Opacities / Opacités sind Programm in diesem Kapitel, das bis auf den kleinen Essay eines Künstlers ausschließlich von Comics bespielt ist. Jochen Gerners Comic Oceano ardente, der einen alten Comic ›recycelt‹, indem er ihn durch Schwärzungen in ein surrealistisches Szenario abstrakter Formen verwandelt (Abb. 3), ist der erste Beitrag. Das offenbart die durchdachte Komposition des Sammelbandes. Die comicförmigen Beiträge setzen das Thema des Kapitels praktisch um, nämlich Dunkelheit, Unverständlichkeit und Verschleierung. Der Großteil der Comics arbeitet mit vorgefundenen älteren Comics und modifiziert diese mit verschiedensten künstlerischen Techniken wie Übermalung oder Collage. So werden aus vormals figürlichen Comics abstrakte Comics, in denen zum Beispiel comictypische Elemente wie Sprechblasen zu handelnden Formen werden. Hier geht es also nicht um theoretische Diskursbeiträge in Wissenschaftsprosa, sondern darum, dass die Comics selbst formal um das Thema kreisen. Das ist eine Stärke der ganzen Unternehmung: Die Comics dürfen und können für sich selbst sprechen.

Brut / Brut hat innerhalb und zwischen den beiden Sprachen der Bücher, Englisch und Französisch, unterschiedliche Bedeutungen. Hier spielt er als Kapitelüberschrift wohl aber auf den Begriff der ›Art Brut‹ an, der an die ›Betonklötze‹ der 1960er Jahre erinnert. Darunter sind drei Comics versammelt, die teilweise tatsächlich brutale Szenen zeigen und, wie alle anderen in den beiden Bänden, eher einem Indie-Stil verpflichtet sind.

Variations / Variations enthält unter anderem zwei Aufsätze über Jack Kirby. Sie berücksichtigen etwas, das ansonsten in der ganzen Diskussion zu kurz kommt, nämlich »mainstream comics« (Vol. II, 302). Hervorzuheben ist Roberto Bartuals kunsthistorisch informierter Beitrag Jack Kirby: In-Between the Abstract and the Psychedelic: »The combination of abstraction and superheroes might seem like a doomed marriage at first sight, but during the last thirty years of Jack Kirby’s career, spanning from the mid-sixties to the mid-eighties, he evinced a concern for pure form that knows no parallel in mainstream comics« (Vol. II, 302). Auch Amadeo Gandolfos The Kirby ›Krackle‹. A Graphic Lexicon for Cosmic Superheroes regt anhand des Einzelfalls, wie Mikkonens Beitrag oben im Kapitel Narration im Allgemeinen, dazu an, das Abstrakte als Analysekategorie in Betracht zu ziehen.

Parallels / Parallèles schließen den zweiten Band auf gewisse Weise fulminant. Die Beiträge dieses Kapitels befeuern und hinterfragen die sowieso schon vielstimmige Diskussion der ganzen Unternehmung, indem sie ein anderes Abstraktionsverständnis in den Raum werfen oder andere Existenzweisen des Abstrakten vorführen. Erin La Cour regt in Social Abstraction: Toward Exhibiting Comics as Comics zum Beispiel den Gedanken an, Comics seien immer zweideutige oder verdoppelte Gegenstände, weil sie als graphische Kunst eine Oberfläche aufweisen, die zugleich für etwas anderes, die erzählte Geschichte, stehen kann.

In der Ordnung der neun Begriffe, unter denen sich die Kapitel entfalten, fehlt möglicherweise der der Gegenständlichkeit. Ein eigenes Kapitel dafür, etwa Figuration / Figuration, hätte durch Komposition oder Konzeption der Überschriften schon performativ mit dem Klischee gebrochen, Narration brauche Figuration, das in den Beiträgen immer wieder aufscheint. Das hätte dem avantgardistischen Gestus des Werks gut angestanden.

Fazit

Die zwei Bände lehren, dass klassische Moderne und Comics eng miteinander verzahnt sind, sie sind ja auch parallel entstanden. Diese Verbindung ist nicht zu unterschätzen. Die beiden Felder, die sich gegenseitig formal inspirierten, scheinen populäre und avantgardistische Seite derselben Medaille zu sein. Die Stärke dieses Sammelbandes ist sein klarer Fokus. Er enthält eine außergewöhnlich konzentrierte Diskussion, wo andere Bücher oft nur disparate Aufsätze unter ein Begriffsdach zwängen. Er bringt die Debatte um das Verhältnis zwischen Comics und Abstraktion ein gutes Stück weiter und könnte sie womöglich als eine zentrale Analysekategorie etablieren. Die einzelnen Beiträge, ob Comics oder Wissenschaftsprosa, sind facettenreich und beleuchten viele Aspekte. Sie eröffnen im positiven Sinne vielmehr Diskussionen als dass sie sie abschließen.

Der einzige Wermutstropfen ist Rommens’ Polemik in der Einleitung: »Too often, comics scholarship has been preoccupied with establishing a rigorous definition of its object of study« (Vol. I, 25). Das wäre nicht nötig, weil eine Diskussion um den eigentlichen Gegenstand eine ernstzunehmende (Geistes-)Wissenschaft immer prägen sollte. Weiter wirft Rommens der bisherigen Comicforschung vor, sie sei dadurch zu normativ geworden. Damit konstatiert er einen Status Quo, den die Comicforschung bei Erscheinen der Bände 2019 längst hinter sich gelassen hat. Anstatt die vielen Definitionsversuche abzuurteilen hätte Rommens sie ins Positive wenden und sie als Beleg dafür anführen können, dass wir es mit einer hochspannenden Form zu tun haben, die viele andere Bereiche beeinflusst. Was sich im Laufe der Lektüre an Gedanken entfaltet, macht die anfängliche Irritation aber mehr als wett.

Die Bücher lohnen sich allein schon wegen der graphischen Beiträge. Es sind oft eher Bilderfolgen, deren einziger Bezug zum Comic ein Aufbau in Panels im weitesten Sinne ist. Sie sind experimentell und avantgardistisch, aber spielen freilich mit den Mitteln von Mainstream-Comics und funktionieren nur in Abgrenzung dazu. Dadurch dass sie in den Band aufgenommen sind, werden sie performativ als Comics gelabelt. Die Frage ist natürlich, ob eine so weite Definition durch praktisches Zeigen die Forschung überhaupt weiterbringt, weil der Gegenstand unscharf zu geraten droht. Andererseits ist es dadurch freilich möglich mit den Konventionen des Comics zu spielen. Die Bezeichnung als Comic betreibt eine ähnliche Leserlenkung wie der Untertitel ›Roman‹ oder Marcel Duchamps Ausstellung eines Flaschentrockners: In der Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts schaffen Sprechakte Tatsachen. Im Comic hat so etwas Tradition: Batman ist wie gesagt nur spannend vor der Folie von Superman. Die graphischen Beiträge verhandeln so in ihrer eigenen ›Sprache‹ die Frage nach den Charakteristika der Kunstform oder des Mediums Comic.

 

Abstraction and Comics / Bande dessinée et abstraction
Volume I & II
Aarnoud Rommens (Hg.)
Lüttich: Presses Universitaires de Liège / Brüssel: La 5e Couche, 2019
888 S., 2 Bände im Schuber, 36,00 Euro
ISBN Vol. I 978-2-39008-039-8
ISBN Vol. II 978-2-39008-062-6