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»Ärger mit den Frauen«
VerCrumbte Bekenntnisse an der Kreuzung der Diskurse

Kalina Kupczynska (Łódź)

›VerCrumbte‹ Bekenntnisse

Abb. 1: Panel aus Mein Ärger mit den Frauen II. Teil.

Ich weiss, ich bin »anomal«... Ich war immer auf Frauen mit ungewöhnlich grossen, kraftvoll aussehenden Ärschen und Beinen fixiert... Ich weiss nicht, warum... Hat was damit zu tun, dass ich schwach, nervös und ängstlich bin... Wir wollen es nicht zu Tode analysieren... Ist so schon peinlich genug... (Crumb 2013a, 57)1 (Abb. 1)

Ein solches Setting ist typisch für Crumb-Bekenntnisse – schweißüberströmt erzählt die Crumb-Figur ihre sexuellen Vorlieben und imaginiert sich gleichzeitig in einem sexuellen Akt. Im Panel davor benennt ein kleiner Blocktext die Szene als »Fantasie mit eingeklemmten Mädchen«, was die Schweißperlen und die Großaufnahme des bebrillten Auges anders, also – gegen den Text – lesen lässt, schlicht und einfach als Manifestationen der von erotischen Fantasien hervorgerufenen Erregung. Blättert man im Comic Mein Ärger mit den Frauen II. Teil (1986) zurück, findet man ein bedächtiges Arrangement vor: Eine männliche Figur, kaum als Crumb erkennbar, sitzt Pfeife rauchend im Morgenrock auf einem Sofa und setzt, den Blick in die Vergangenheit gerichtet, zum Bekenntnis an (Abb. 2). Der elegante, besonnene Herr mit der Pfeife schaltete sich bereits im Comic Mein Ärger mit den Frauen (1980) ein, als Unterbrechung eines anderen Bekenntnisses über die Freuden sexueller Abenteuer mit freigiebigen Mädchen. Der elegante Crumb-Avatar beschreibt dort ausführlich eine Fellatio, deren Finale im nächsten Panel zu sehen (und durch die Geräuschsignale auch zu hören) ist; die Sprechblase ist so platziert, dass ein Regal mit Büchern über R. Crumb gut sichtbar ist (mit Titeln wie »Ich entsinne mich der 60er – R. Crumb«, »R. Crumb über Musik«, »R. Crumb – Mensch & Mythos«, »R. Crumb und die Ethik«). Elf Panels später schaut der Neurotiker-Crumb – erkennbar an verzerrtem Mund, angespannten Blick – aus einem schwarzen Hintergrund heraus und erklärt betrübt und beflissen zugleich, wie schwer es für einen so hässlichen Mann ist, »jemand ins Bett zu kriegen« (Crumb 2013a, 51) (Abb. 3). Die Leser_innenschaft wird direkt als »ihr feministischen Mädels« angesprochen, was sich zuvor im Erzählertext ankündigt und den ›geilen‹ befreiten Crumb zu einer peinlichen verschwitzten Jammergestalt schrumpfen lässt.

Abb. 2: Panel aus Mein Ärger mit den Frauen II. Teil.

Abb. 3: Panel aus Mein Ärger mit den Frauen. Teil I.

 

Die Galerie der Crumb-Selbstporträts ist länger – Crumb hat ihre Vielfalt zuerst 1972 in The Many Faces of Robert Crumb ausgebreitet – und sie sind auch immer viel mehr als Selbstporträts, stets begleitet sie die bekenntnishafte Rhetorik, deren zwei Extreme Selbstbegeisterung und Selbstverachtung markieren. In The Confessions of R. Crumb, zuerst erschienen in The People’s Comics 1972, sieht man Crumb zeichnend am Reißbrett, er dreht sich zur Leser_ innenschaft mit einem »and ya know folks...« (Crumb 2013b, S. 114), um ein Liebesbekenntnis zur US-amerikanischen Heimat anzuleiten, trägt Mickey-Mouse-Ohren, geht dann direkt zu seiner ominösen Plattensammlung über, aber die eigentliche Attraktion wartet hinter der Tür »Welcome to the Crumb Land«. Man ahnt schon ihre symbolische Funktion – die Tür markiert einen Übergang zum intimen Labyrinth des Ich – aber der Twist liegt noch woanders, und initiiert ein verCrumbtes Bekenntnis: ein Zigarre rauchendes, überhebliches Crumb-Gesicht tritt das andere Crumb-Gesicht mit einem lauten »Boffo« in den Hintern, was dieses in ein »endloses schwarzes Nichts« (endless black void; Crumb 2013b, 115) befördert. Das intime Labyrinth des Ich ist nichts anderes als ein regressiver Schub – er bringt das Crumb-Gesicht zwischen massiven Schenkeln seiner Mutter und in seine Geburtsstunde zurück. Ein neues Crumb-Selbst, ein bebrilltes Baby bzw. Kind mit der Mimik und obszönen Neigungen seines Schöpfers schwört der undankbaren Welt eine Rache, die als Phantasma in späteren Bekenntnis-Comics wiederkehrt (Abb. 4). In Dumm von 1994 geht dasselbe verwirrte Robert Crumb-Kind an der Hand der Gattin Kominsky-Crumb durch den Wald, mit einem Lutscher im Mund, beruhigt durch ihre fürsorgliche Frage: »Soll ich dich tragen?« (Crumb 2013a, 32). 1989 zeichnet Crumb The Story o‘ my life! für Hup, wo sein leidverzerrtes Gesicht in einer Babymütze steckt; Baby-Crumb wird dort von einer muskulösen Nanny im Kinderwagen betreut, die im Lauf der kurzen Geschichte als Sex-Toy herhalten muss.

Abb. 4: Panelfolge aus The Confessions of R. Crumb.

›VerCrumbte‹ Bekenntnisse folgen einem unsteten Rhythmus der Selbstanklage und Selbstbefriedigung, das und die Penetranz, mit der sie seit Jahrzehnten gezeichnet werden, unterscheidet sie von confessional comics solcher Zeichner_innen wie Art Spiegelman, Moebius, Lynda Barry, Alison Bechdel und anderen. Nur bei Crumb steht auch die Lust so prominent im Vordergrund. Crumbs Lust zeigt sich dem_der Leser_in nur in Gestalt muskulöser Frauen, er selbst hat nie Züge überbordender Männlichkeit. Diesen Kontrast hebt der Stil hervor – die Überzeichnung, die massive Kurven der potenten Frauen (und gelegentlich auch Männer) unübersehbar macht, findet ihr Pendant in der genauso massiven Schmächtigkeit der Ich-Figur (Charles Hatfield spricht von einem Schwanken zwischen »toothsome cuteness and parodic grotesqueness«; Hatfield 2005, 11). Hassfiguren sind breitschultrige, aggressive und ignorante Typen, für die Crumb eine Eigenbezeichnung erfindet – »Ruff Tuff Cream Puff«, nach diesem Muster zeichnet er in den autobiografischen Comics seine persönlichen Feinde. »Gockelhafte Selbstsicherheit« strahlten in seiner Schulzeit Typen wie Skutch aus, »der Übermaker Nr. 1«, mit »Entenarschfrisur« (Crumb 2013a, 55) und einer Bande williger Nachahmer. Crumb selbst hatte dagegen: »Schuppen, dicke Brille, runde Schultern, Hühnerbrust« etc., war dafür »o, so sensibel« (Crumb 2013a, 56).

Crumb schlüpft auch mal in klassische Comicfiguren wie Goofy – wenn er sein fehlendes sex appeal bei Frauen ins Gedächtnis ruft (Ärger mit den Frauen II Teil), lässt sich von einem kleinen Schweinchen (wohl inspiriert durch Porky Pig) begleiten, das bereits in The Confessions of R. Crumb eine stumme Rolle bekommt. Das Schweinchen taucht immer wieder auf, häufig im Blickkontakt mit dem_der Leser_in, skeptisch-lässige Kommentare liefernd, eigentlich ein Fremdkörper in einem Bekenntnis, aber kein Fremdkörper in einem Comic. Das Schweinchen ist eine wichtige Randerscheinung, weil es einen nüchternen Blick auf Crumbs Exzesse wirft und aus dem hyperbolisch aufgeblähten Rahmen fällt – es weiß von der ›VerCrumbheit‹ dessen, was in den Panels zu sehen ist, stellt also eine Maske von Crumb dar – zumal er ja in seinen Comics oft als »Schwein« beschimpft wird. Und, es ist als solche nicht allein – auch Figuren wie Mr. Natural und Fritz the Cat lassen sich wie Crumbs Masken bzw. Alter Egos sehen. Als Underground-Typen – sexuell freigiebig, leicht anarchistisch, zuweilen blasiert – bieten sie genügend Fläche für Projektionen und Identifikationen, vor allem da ihr Spielraum so unbeschränkt ist.

Interessanterweise muss Fritz the Cat ausgerechnet in dem Moment sterben, – Andrea Ostrich ersticht ihn mit einem Eispickel – wenn Robert Crumb seinen ersten Bekenntnis-Comic publiziert: Die letzte Folge der Fritz the Cat-Serie erscheint 1972, in derselben Nummer von The People’s Comics, in der The Confessions of R. Crumb veröffentlicht werden. Das Beenden der Fritz the Cat-Serie erfolgte nach der Verfilmung von Ralph Bakshi, von der Crumb bekanntlich enttäuscht war (Rosenkranz 2008, 213; Davoren 1975, [197]).

Allerdings – rekonstruiert man die Entstehungsgeschichte der autobiografischen Comics von Crumb, so lassen sich einige frappierende Koinzidenzen ausmachen, die den Tod von Fritz the Cat mit der ›Geburt‹ des Robert Crumb zusammendenken lassen. Zuallererst: In den Comics aus den Jahren 1969–1971 vermerkt Crumb den wachsenden Einfluss des Women‘s Liberation Movement – in Mr. Natural, Lenore Goldberg – und tritt zuweilen selbst als »America’s Best-Loved American Cartoonist« (Crumb 2013c, 6) in Erscheinung (in Morbid Sense of Humor 1970, Despair; Hi-Lites of Detroit 1969, Motor City). Im Oktober 1971 erscheint die feministische Bewegung in einigen Folgen von Mr. Natural als Bedrohung der männlichen Freiheit und potenzielle Zensurinstanz, in der Augustnummer von Big Ass 1971 richtet sich Crumb direkt an die Antagonistinnen im Comic A Word to You Feminist Women, die Ansprache endet mit einem kräftigen, fett unterstrichenen »Fuck you«, im letzten Panel lobt ihn seine Figur the Snoid (Crumb 2013b, 73). Nicht zuletzt wird der misogyne Fritz the Cat von einer misshandelten Ostrich-Frau erstochen, während einige Seiten früher der Avatar des Autors seine Sucksessstory erzählt, die mit einer triumphalen Begrüßung der Fans in einem riesigen Büro der »thriving R. Crumb Studios« (Crumb 2013b, 118) anfängt und in einer Kopulation endet: Fritz the Cat hat einen Rächer.

1972 vollzieht sich ein »(epistemologischer) Einschnitt« (Frahm 2019, S. 362) in der Comic- Geschichte – in Underground Comix erscheinen die ersten autobiografischen Comics, darunter The Confessions of R. Crumb. Im Fall von Crumb handelt es sich um eine frappierende Verschränkung vom Spiel mit autobiografischem Bekenntnis und einer Abrechnung mit dem feministischen Diskurs. Es gehört zu den erstaunlichen Paradoxien der Comicgeschichte, dass der emanzipatorische Aufstand der US-amerikanischen Frauen bei Robert Crumb eine Emanzipation von einem gezeichneten Alter Ego, um nicht zu sagen: ein Comingout bewirkt hat. Diese Emanzipation ist ein Tabubruch – im letzten Panel von The Confessions of R. Crumb macht der Crumb-Avatar was bisher Comicfiguren, u. a. seinem Fritz the Cat, vorbehalten war – er nötigt eine Frau zum Sex. (Dass es sich dabei um eine chinesische Aktivistin handelt, hat andere interessante politische Konnotationen, zumal einige Crumb-Comics zwischen 1968 und 1972 – u. a. in Fritz the Cat, special Agent for the CIA von 1968 – offensichtlich auf die Ängste der kapitalistischen Supermacht USA vor dem kommunistischen China anspielen). Die oben kurz skizzierte Beharrlichkeit Crumbs auf einer labilen und widersprüchlichen Selbstdarstellung, deren Kern stets das sensible Ego des Künstlers im Verhältnis zu Frauen bildet, lässt den feministischen Diskurs als einen wichtigen Trigger der Bekenntnisse erscheinen. Ich versuche im Folgenden, die Grundzüge dieser Konstellation aufzuzeigen.

Women’s Liberation Movement in Crumbs Comics

Ein starker Akzent in den Anfängen der feministischen Bewegung in den USA war der Marsch auf Washington, im November 1967, als Protest zahlreicher Frauen gegen den Vietnamkrieg. In demselben Jahr fand ebenda der erste Kongress der National Organization for Women (NOW, gegr. 1966), mit der Formulierung eines feministischen »Bill of Rights«. Women’s Liberation Movement (WLM) formierte sich aus der linken Studierendenbewegung heraus und verbreitete sich ab 1967 in den größeren Städten wie New York, Chicago, Los Angeles, als eine feministische Bewegung mit ausgeprägtem Bewusstsein für Klassen- und Rassenunterschiede. 1968 organisierte die Bewegung u. a. einen Protest gegen den Miss America-Schönheitswettbewerb in Atlantic City, dazu wurde ein »Ten Points-Manifest« verfasst, darunter fanden sich folgende Kritikpunkte: »The Degrading Mindless-Boob-Girlie-Syndrom«, »Racism with Roses«, »Miss America als Military Death Mascot« (Morgan 1970, 586–587). WLM fand auch schnell Anhängerinnen in der Underground-Bewegung, u. a. bei Trina Robbins, Willy Mendes, Lisa Lyons, Carole Kalish, Meredith Kurtzman. Der Verleger von Last Gasp zeigte sich interessiert an feministischen Comics, so entstand 1970 It Aint Me Babe – eine kleine Comic-Anthologie mit der Parole »Women’s Liberation« auf dem Cover.

Bekannt ist die langjährige Auseinandersetzung zwischen Crumb und Trina Robbins, die aus den feministischen Positionen von Robbins resultierte.2 Die Zeichnerin erinnert sich in ihrer Autobiografie von 2017 an die Veränderung in Crumbs Arbeiten um 1968:

Crumbs very sweet retro comics took a darker look and he started drawing women being humiliated and raped, men having sex with little girls. The guys (and some of their girlfriends) continued to think Crumb was hilarious, but, suddenly, I didn’t get it. Rape and humiliation – and later, torturing and murdering women – didn’t seem funny to me. The guys told me I had no sense of humor.3 (Robbins 2017, 110–111)

1990 schrieb Crumb im Vorwort zu The Complete Crumb Comics Vol. 6 über Robbins‘ Hass auf ihn: »[...] the same Trina that hates my guts and thinks I’m one of the lowest male pigs who ever picked up a pen.« (Crumb 2013c, vii). Ein Jahr später verhöhnte er sie im Interview für The Comics Journal als eine Zensurinstanz – »We all have a little Trina in our brains«. Der Hohn richtete sich gegen die Kritik an Crumb, die Trina Robbins im Comicmagazin Blab #3 1988 artikuliert hatte – Robbins sprach als erste offen darüber, dass er als anerkannter Underground-Künstler Frauenfeindlichkeit salonfähig machte:

I guess the worst of it to me is that Crumb became such a culture hero that his comix told everyone else that it was OK to draw this heavily misogynistic stuff. The phenomenon of the underground comix of the ’70s, so full of hatred towards women; rape, degradation, murder and torture, I really believe can be attributed to Crumb having made this kind of work stylish. (Groth 1991)

Abb. 5: Seite aus A Word to You Feminist Women.

Crumb wies den Vorwurf als Überschätzung seines Einflusses auf die Underground-Bewegung zurück:

Well, I’m flattered, but I think it’s probably somewhat of an exaggeration, that it’s entirely attributable to me. I don’t think I have that much power. Then again, I can turn around and blame it all on [S. Clay] Wilson, that I was encouraged to do it by seeing his work. (Groth 1991)

Der Konflikt mit Trina Robbins ist insofern bemerkenswert, als er die Dynamik der Polemik um Geschlechterrepräsentation innerhalb des Undergrounds verfolgen lässt – der misogyne Ton und die Frauenverachtung in den Comics von Crumb sowie von solchen Underground-Comiczeichnern wie S. Clay Wilson und Spain Rodriguez funktionierten gewissermaßen als Initialzündung für US-amerikanische feministische Comics (vgl. dazu Chute 2010, 20). Roger Sabin erklärt diese Dynamik vor dem Hintergrund der gesamten Gegenkultur der späten 1960er, indem er darauf hinweist, dass die pazifistische und umweltfreundliche Hippie-Bewegung insgesamt wenig Interesse für »sexual politics« zeigte (Sabin 1993, 224). Patrick Rosenkranz berichtet über die Ausgrenzung der Comiczeichnerinnen aus den Comicpublikationen durch ihre männlichen Kollegen. Mark Estren sieht in der notorischen Verbindung von Gewalt und Sex den Grund für die geringe Zahl der Zeichnerinnen in der Underground-Bewegung (Rosenkranz 2008, 150–151; Estren 2012, 126–127). Robbins‘ Positionierung erscheint in diesem Kontext fast exemplarisch – eine antagonistische Haltung gegenüber dem Underground und das Schaffen von eigenen Frauen-Netzwerken markierten auch ihre Laufbahn als Comiczeichnerin.

Abb. 6: Panel aus Jumpin‘ Jack Flash!

In seiner Polemik mit feministischen Standpunkten war Crumbs stärkstes Argument sein Plädoyer für Meinungsfreiheit (vgl. auch Kirtley 2018, 269): Statt künstlerische Arbeit als misogyn oder rassistisch abzuwerten solle man sie danach beurteilen, ob sie gut oder schlecht, vor allem aber ob sie »ehrlich« sei. Im Comic A Word to You Feminist Women, mit einer klaren Adressierung: »All you chicks, er, I mean Women in the women‘s lib movement« (Abb. 5), bedient sich Crumb der Taktik der Überrumpelung durch widersprüchliche Statements: Negatives Feedback von Seiten der Frauen mache ihm Angst, er sei sich der dunklen Seite seines Egos bewusst, er bekenne sich zu seiner Schuld: »Call me a sexual criminal, if you like... A ›Pimp‹, a ›sexist pervert‹, if it please you. Call me anything you want! You’re probably right!« (Crumb 2013b, 73). Zugleich sagt er: Man solle das Darstellen einer Sache nicht mit deren Förderung gleichstellen, und vor allem – bestimmte Gruppierungen sollten nicht darüber entscheiden, was ein Künstler darstellt, demzufolge verteidige er nicht sich selbst, sondern nur die Meinungsfreiheit. Gesagt, getan: Crumb setzt sein Recht auf freie Äußerung performativ ein, so dass der Comic in einer wüsten Beschimpfung endet:

Would you like me to stop venting my rage on paper? Is that what you’d like me to do, you self-righteous, indignant females? All you poor persecuted, down trodden booshwaw cunts? Well, listen, you dumb-assed broads, I’m gonna draw what I fucking-well please to draw, and if you don’t like it fuck you! (Crumb 2013b, 73)

1971 – vor und nach dem erscheinen von A Word to You Feminist Women – finden sich in mehreren Crumb-Comics andere widersprüchliche Methoden des Umgangs mit feministischer Kritik. In Jumpin‘ Jack Flash! nutzt ein selbsternannter Hippie-Guru die Naivität junger Anhängerinnen, um sie (sexuell) zu instrumentalisieren – sie sollen seinen Kot essen, ihm als Sitzgelegenheit dienen, und schließlich, um seine Lust zu potenzieren, einander umbringen, und so die vollkommene Selbsterfüllung erlangen. Die Pointe »...which proves once again that women are no goddamn good!« (Crumb 2013b, 41) begleitet das Panel, in dem der Guru Jack auf einem Berg von nackten Frauen mit einer Anhängerin kopuliert – beide schauen dabei den_die Leser_in an (Abb. 6.). Eine offene Provokation ist auch die Pointe in Mr. Natural in »The Girlfriend« – Flakeys Girlfriend Ruth Schwartz, ein naives, devotes Wesen, verfällt dem Charme von Mr. Natural, und wird auf dessen Anraten ein ebenso williges Objekt der Gelüste von Flakey. Der Blocktext-Kommentar im letzten Panel fordert die Leser_innen zu einer Stellungnahme heraus: »Women, take note! Has poor Ruth Schwartz been used as a pawn in this sick mind game?« (Crumb 2013b, 87) (Abb. 7). In einer weiteren Folge von Mr. Natural vom Oktober 1971 liegt die Provokation in der suggerierten Zensur: Zwei Hippies auf der Suche nach Mr. Natural treffen Asper Oggus, wenn einer sie »dingy chick« nennt, bremst ihn der andere: »ah, ah, ah... tut tut... Male chauvinism! Th‘ sisterhood will get you!!« (Crumb 2013b, 89). ProJunior von Bijou #6, 1971 zeigt ProJunior als Schuhverkäufer, der Comic endet mit einer Szene, in der seine Freundin mit Schuhen sexuell traktiert wird, das unverständliche Stammeln in ihrer Sprechblase wird übersetzt als: »women’s lib will get you for this, you bastard!« (Crumb 2013b, 109). Die ProJunior-Figur, ein klassischer Bad Boy erfunden von Don Dohler 1958, erlebte ihr Comeback Anfang der 1970 – für Don Dohler’s ProJunior, eine 36-seitige Ausgabe bei Kitchen Sink (1971), zeichnete u. a. auch Trina Robbins, als einzige Frau, ihre Story, in der eine Feministin ProJunior über das sexistische Verhalten der Männer auf- klärt.

In vielen Mr. Natural-Comics lassen sich hörige Frauen-Fans von dem kleinen bärtigen Guru demütigen – Mr. Natural on Vacation von 1969 beginnt mit einer neuen Methode der ›Selbsterfüllung‹: Freiwillige (ausschließlich Frauen) stehen Schlange, um von Mr. Natural heftig in den Hintern getreten zu werden. Die eifrigsten und damit auch die naivsten Anhängerinnen des ›Meisters‹ sind Frauen: nur sie sind bereit, alles mit sich machen zu lassen – auf dieses Schema baut auch Fritz the Cat. In den späteren autobiografischen Comics kehrt das Muster immer wieder zurück, allerdings oft mit einem direkten Kommentar – wenn in Mein Ärger mit den Frauen II von 1987 eine Frau von der Crumb-Figur gewürgt wird, heißt es: »Ich mach’s nur mit Frauen, denen es Spass macht. Und jetzt kommt die Überraschung: Vielen macht es Spass, keine Sorge!« (Crumb 2013a, 61).

Abb. 7: Panel aus Mr. Natural in »The Girlfriend«.

Besonders raffiniert ist der Umgang mit dem Women‘s Liberation Movement in Lenore Goldberg and her Girl Commandos von 1970. Es scheint, als hätte Crumb mit den Feministinnen die Reihen geschlossen – gegen das politische Establishment, »das System«, das in seinen Comics als Problem auftaucht (etwa in It’s Really Too Bad von 1970, oder in The Truth von 1971, einem einseitigen Comic über Crumbs Verfolgungswahn). Eine militante Einheit von WLM behauptet sich in Lenore Goldberg erfolgreich gegen die Pläne der CIA, die Letztere wird als eine eingeschworene Gruppe von alten WASP-Männern dargestellt. Die Feministinnen sprengen einen Schönheitswettbewerb, der sich als eine Falle erweist, die Leaderin Goldberg flüchtet und findet Zuflucht in den kanadischen Wäldern. Was in den US-amerikanischen Medien seit den Anfängen der feministischen Bewegungen beobachtet werden konnte – nämlich eine negative Darstellung der Feministinnen (Goldberg Moses 2012, 770) – dreht Crumb um, indem er Lenore Goldberg und ihr »Kommando« zuerst als eine etwas chaotische aber durchaus sympathische Truppe, dann als fröhliche Kommunardinnen zeichnet. Bloß – Crumbs Feministinnen entsprechen den Schönheitsstandards ihres Autors, wetteifern untereinander, welche eine größere Oberweite hat, auf der Flucht vor der Polizei wie auch später im kanadischen Refugium ist die Leaderin Lenore nackt (Abb. 8). Crumb deutet die feministische Befreiung auf seine Art, klarerweise gegen die Postulate der WLM. In Lenore Goldberg werden en passant auch andere Elemente der US-amerikanischen Realität erwähnt – Lenore kann der Polizei dank eines Afro-Amerikanischen LKW-Fahrers entkommen, der auf ihren Dank antwortet: »Dat’s ok. Ah knows how it is. Good luck, sistah!« (Crumb 2013a, 130) Die CIA nennt Lenore Goldberg und ihr Kommando »a buncha yids«, Goldbergs Eltern sind der CIA aus den 30ern als »active commies« bekannt. Der Platz, den people of colour und jüdische Mitbürger_innen in Crumbs Comics einnehmen, ist beträchtlich und müsste daher separat und ausführlich behandelt werden.

Abb. 8: Seite aus Lenore Goldberg and Her Girl Commandos.

Kollision von Diskursen

Es ist nicht präzise genug, zu sagen, der feministische Diskurs spielt eine zentrale Rolle in Crumbs Bekenntnis-Comics – genauer gesagt müsste eher von einer Kollision der Diskursformationen gesprochen werden. Zum einen haben wir es in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre in den USA mit einer Verschärfung der Maßnahmen gegen obszöne und pornografische Inhalte zu tun, zum anderen mit dem Höhepunkt der Rezeption der Schriften linker Intellektueller wie Herbert Marcuse und der Beatniks wie Burroughs und Kerouac. 1967 hat der US-amerikanische Kongress eine Kommission zur Untersuchung von Obszönität und Pornografie (Commission on Pornography and Obscenity) gegründet, deren Bericht drei Jahre später Präsident Nixon vorgelegt wurde. Der Befund lautete, es gäbe keine empirischen Befunde für die These, dass pornografische bzw. obszöne Inhalte bei Minderjährigen wie Erwachsenen Rezipierenden zu Gewalttätigkeit bzw. zur Nachahmung der obszönen Verhaltensweisen führen würden; außerdem ließe sich schwer definieren, welche Inhalte unter das Prädikat ›obszön‹ fallen sollten und welche nicht. Was sich nicht klar definieren ließe, könne man auch nicht verbieten, war in Kürze die Botschaft der Kommission. so ist kaum verwunderlich, dass der republikanisch dominierte Senat und Präsident Nixon den Bericht abgelehnt haben (Kendrick 1997, 213f). 1976 gründete eine Gruppe radikaler New Yorker Feministinnen Women Against Pornography, eine Organisation, die anfangs mit Protestmärschen und öffentlichen Demonstrationen, später auch mit juristischen Mitteln gegen Pornografie vorging.

Die Versuche, gegen Pornografie juristisch vorzugehen, scheiterten: Als 1983 die feministische Aktivistin Andrea Dworkin und Juraprofessorin Catharine A. MacKinnon den Entwurf einer antipornografischen Verordnung vorgelegt hatten, wurde dieser von mehreren Gerichten für verfassungswidrig erklärt. Die Antipornografie-Debatte hatte ihre juristische Fortsetzung in den Untersuchungen der Attorney General‘ Commission on Pornography in Miami 1985, wo konservative und fundamentalistische Rechtsanwaltschaft mit feministischen Argumenten gegen Pornografie vorging. Die Anhörungen während des Gerichtsverfahrens zeigten eine paradoxe Struktur, in der die Manipulation der feministischen Sicht auf die Pornografie die patriarchale Matrix der Debatte zeigte. Ähnliches berichtet Aline Kominsky-Crumb im Kontext der Veröffentlichung von Love That Bunch: »Christian printers refuse to print my work because it’s too pornographic and some feminists are on their side.« (Kominsky-Crumb zit. nach Chute 2010, 56)

Mark Estren nennt in seiner History of Underground Comics zahlreiche Fälle der Kriminalisierung der Underground Comix:

Moe’s Bookstore in Berkeley was busted for selling Snatch Comics and Zap Comix. The Phoenix Gallery (also in Berkeley) [...] was busted for displaying obscene material. In Encino, California, an employee of the Third Eye bookstore was arrested for selling Zap Comix No 2. (Estren 2012, 230)

Das New Yorker Gerichtsverfahren gegen Zap #4 (bekannt als »the Zap-trial«) 1973, bei dem der Manager des East Side Book Store und der Co-Manager vom New Yorker Bookshop wegen Verbreitung von Obszönität angeklagt wurden, endete mit dem Sieg der Anklage – Zap #4 wurde als »legally obscene«, »ugly, cheap and degrading« (Estren 2012, 232) verurteilt. Die Grundlage für die Verurteilung war das Obszönitätsgesetz des New York State, dessen kontroverser Teil besagte, dass derjenige, der obszönes Material promoten würde, sich der Obszönität bewusst sein müsse – die Verteidigung sollte dementsprechend beweisen, dass die Manager nicht wussten, dass die Comics von Crumb, Spain Rodriguez, Robert Williams und S. Clay Wilson als solche betrachtet werden sollten (Estren 2012, 231–239). Als Dorn im Auge der Anklage galt vor allem der Comic von Crumb Joe Blow, in dem eine Vorzeigefamilie aus dem amerikanischen Mittelstand die Freuden des Inzests entdeckt.

Fast 20 Jahre später hat Gary Groth, Chefredakteur der Zeitschrift The Comics Journal und Mitbegründer des Fantagraphics-Verlags Crumbs Comic Fritz The Cat vor einem kanadischen Gericht verteidigt, auch hier wurde der Besitzer der Comicbuchhandlung wegen Verbreitung von Obszönität angeklagt (Groth 1991). Crumb behauptet, er selbst sei nie wegen seiner Comics vorgeladen worden (Groth 1991). Die offensichtlich ironische bzw. parodistische Note in den besagten Crumb-Comics galten in beiden Fällen vor dem Gericht nicht als mildernder Umstand, auch die geringe soziale Schädlichkeit des Mediums beeinflussten das Urteil nicht.

Interessant ist in diesem Zusammenhang allerdings, wie Crumb den feministischen und antipornografischen Diskurs instrumentalisiert: Visuell setzt er Obszönität mit Wissen um ihr anarchisches Potenzial ein, verbal dagegen hält er sich an das Beichtritual mit dazugehörigen Demutposen. Crumb nutzt die Tradition des Obszönen in der Karikatur: Als seinen Meister nennt er u. a. den Briten James Gillray, dessen zynische Entblößungen der aristokratischen Doppelmoral im späten 18. Jahrhundert sich in den Emanzipationsdiskurs des Bürgertums einschrieben (Heinisch 2002, 28–29), und der auch die Pornografie zu neuen Blüten beförderte. Inspiriert durch Gillray zeichnete Crumb einige Szenen aus James Boswells London Journal 1762–1763, in denen der Autor Boswell seine sexuellen Abenteuer erzählt.4

Crumbs Umgang mit Obszönität lässt sich kulturgeschichtlich gewissermaßen als eine Wiederholung des Emanzipationsgestus des ausgehenden 18. Jahrhunderts betrachten – allerdings mit denselben geschlechtsspezifischen Tücken. Stellt sich »im klassisch-aufklärerischen Diskurs Pornographie als Teil der Befreiung des bürgerlichen Individuums« (Vinken 1997, 7) dar, so scheint sie im Schaffen Crumbs seit dem Ende der 1960er Jahre das Versprechen einer freien Triebhaftigkeit zu erfüllen. Die linke Studierendenbewegung – die zum Teil ja im Underground verortet war –, schöpfte ihren revolutionären Impetus u. a. aus Marcuses Thesen von der Unterdrückung des Freudschen Lustprinzips in der Leistungsgesellschaft. In Marcuses Entwurf kommt der Kunst eine entsprechend emanzipatorische Rolle zu: »Unter dem Regiment des Leistungsprinzips setzt die Kunst der institutionalisierten Unterdrückung das ›Bild des Menschen als eines freien Subjekts‹ entgegen.« (Marcuse 1957, 143) Dass die Lustfeindschaft »in der Vernünftigkeit des Leistungsprinzips« liegt, lasse sich »in der Verbindung zwischen Vernunft und Unterdrückung« erkennen: »Was immer der Sphäre der Sinnlichkeit, der Lust, des Antriebs angehört, hat den Nebensinn einer Gegnerschaft zur Vernunft, ist etwas, das unterworfen, eingedämmt werden muß.« (Marcuse 1957, 146) Passenderweise nennt Marcuse als Beispiel für »Schund- und Schmutzgesetze unserer Tage« die Verordnung gegen die Verbreitung von »Comik Books«, »welche Nacktheit, Geschlechtlichkeit oder Lust in einer Weise darstellen, die aller Voraussicht nach dazu angetan ist, wollüstige oder unzüchtige Wünsche zu erregen« (Marcuse 1957, 147). Die Aufwertung der Phantasie als einer erkennenden Kraft, die Marcuse von Freud übernimmt, bekommt im Befreiungsjargon des Underground das Potenzial einer Legitimierung der Freiheit des Individuums.

Allerdings hatte dieser Emanzipationsdiskurs eine Tücke – auch er war »nicht geschlechtsneutral, sondern [...] unhintergehbar geschlechtlich« (Vinken 1997, 8) – was übrigens die verbale Ebene von Crumbs Comics demonstriert, indem sie den Missetäter oft in Reueposen zeigt. Die feministischen Stimmen in der Antipornografie-Debatte der 1980er Jahre betonten die geschlechtliche (im Klartext: männliche) Ausrichtung der Pornografie, indem sie diese als »zweidimensionalen Sex, der nach dem behavioristischen Reiz-Reaktionsschema funktioniert« definierten. In kritischen Revisionen der Schrift der Juristin Catharine MacKinnon Only Words (1996) wiederholt sich ein Einwand, den Barbara Vinken pointiert:

MacKinnon konstruiert das männliche Begehren nach dem Modell des Pawlowschen Hundes: wie der Hund, so kann der Mann nicht anders; sein Begehren ist konditioniert. Kommt ihm die Natur, dann wächst ihm der Schwanz über den Kopf. (Vinken 1997, 11)5

MacKinnon plädierte in Only Words dafür, Pornografie nicht als die in der US-amerikanischen Verfassung garantierte Redefreiheit klassifizieren zu lassen, sondern sie stattdessen als Handlung aufzufassen. »Pornografie, so MacKinnon, kann nicht Rede sein, weil sie direkte Kommunikation mit dem Penis und nicht mit dem Verstand ist.« (Cornell 1997, 71). Der radikalfeministische Diskurs MacKinnons nimmt hier als Zielscheibe genau die Position, die Crumb nutzt, um den Vorwurf der Schädlichkeit seiner Comics abzuwehren. Im Comic Man kann sie nicht alle haben (You Can’t Have Them All!) von 1992 fasst er die »Ausweglosigkeit« seiner Lage im letzten Panel zusammen: »Aber nichts zu machen... Das Verhaltensmuster ist automatisch... Pawlowsk... Ich gucke, ich sehe, ich giere... Hat keinen Zweck, an Aufhören zu denken...« (Crumb 2013a, 75) (Abb. 9)

Die quasiresignierte Haltung des ›inneren Pawlowschen Hundes‹ scheint Crumb zusätzlich zu legitimieren, indem er im eben erwähnten Comic das enfant terrible der Beat-Generation, William Burroughs, zitiert. Burroughs Roman Naked Lunch erschien 1959 und wurde anfangs in mehreren US-Bundesstaaten wegen Obszönität verboten. Burroughs war, wie auch die anderen Beat-Dichter, Vertreter der confessional poetry – Zitate aus seinen Texten verorten Crumb in derselben kulturhistorischen Tradition, auch wenn er zu einer späteren Generation gehörte. Beide – die Beat-Autoren und Crumb – reagierten in ihren Bekenntnissen auf die aktuelle politische Lage, »their work should be seen in at least implicitly political terms, regardless of how much they seem to be merely looking inward.« (Shannon 2012, 628)

Abb. 9: Panel aus Man kann sie nicht alle haben.

Die verCrumbten Bekenntnisse sind, auch und gerade durch ihre politische Verankerung, eine radikale Absage an Selbst-Dokumente, deren Clou und Zentrum nachvollziehbare geschlossene Narrative bilden. Die widersprüchlichen Statements der Crumb-Gesichter, die auf den Mord an Fritz the Cat folgten, sind als Effekt der Transformationen des feministischen Diskurses zu lesen, und sie demonstrieren zugleich die Komplexität der Kollisionen, in die diese Diskurse seit dem Ende der 1960er gerieten: Auf der einen Seite die (sexuelle) Befreiung des einzelnen (Leistungsprinzip als Lustfeindschaft und Instrument der Unterdrückung), Grenzüberschreitungen der confessional poetry der Beatniks und confessional auto-biographical comix des Underground als anarchisches Potenzial des Obszönen; auf der anderen Seite die emanzipatorischen Postulate der Frauenbewegungen, inklusive der weiblichen Autorschaft in den Underground Comix, und durch radikalfeministische Positionen unterstützte Obszönität- und Pornografie-Debatte. Hinzu kommen die Auseinandersetzungen innerhalb der Underground Comix und des ›Coming out‹ von Aline Kominsky-Crumb, die ihre Bekenntnisse nicht weniger hyperbolisch als Crumb zeichnete, damit Obszönität als alternativen feministischen Standard forcierte (Chute 2010, 37)6 und eine weitere Kollision innerhalb der feministischen Diskurse lieferte.

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Bibliographie

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Abbildungsverzeichnis

  • Abb. 1: Crumb, Robert: Mein Ärger mit den Frauen II. Teil. In: Mein Ärger mit den Frauen. Übers. v. Harry Rowohlt. Berlin: Reprodukt 2013a, S. 57.
  • Abb. 2: Crumb, Robert: Mein Ärger mit den Frauen II. Teil. In: Mein Ärger mit den Frauen. Übers. v. Harry Rowohlt. Berlin: Reprodukt 2013a, S. 55.
  • Abb. 3: Crumb, Robert: Mein Ärger mit den Frauen. Teil I. In: Mein Ärger mit den Frauen. Übers. v. Harry Rowohlt. Berlin: Reprodukt 2013a, s. 51.
  • Abb. 4: Crumb, Robert: The Confessions of R. Crumb. In: The Complete Crumb. Vol. 8. Hg. v. Gary Groth / Robert Boyd. Seattle: Fantagraphics Books 2013d, S. 114–117, hier S. 116.
  • Abb. 5: Crumb, Robert: A Word to You Feminist Women. In: The Complete Crumb. Vol. 8. Hg. v. Gary Groth / Robert Boyd. Seattle: Fantagraphics Books 2013f, S. 73.
  • Abb. 6. Crumb, Robert: Jumpin‘ Jack Flash! In: The Complete Crumb. Vol. 8. Hg. v. Gary Groth / Robert Boyd. Seattle: Fantagraphics Books 2013b, S. 41.
  • Abb. 7: Crumb, Robert: Mr. Natural in »The Girlfriend«. In: The Complete Crumb. Vol. 8. Hg. v. Gary Groth / Robert Boyd. Seattle: Fantagraphics Books 2013b, S. 87.
  • Abb. 8: Crumb, Robert: Lenore Goldberg and Her Girl Commandos. In: The Complete Crumb. Vol. 6. Hg. v. Gary Groth / Robert Boyd / Robert Fiore. Seattle: Fantagraphics Books 2013h, S. 119–133, hier S. 128.
  • Abb. 9: Crumb, Robert: Man kann sie nicht alle haben. In: Mein Ärger mit den Frauen. (urspr. in »Hup« 4, 1992). In: Mein Ärger mit den Frauen. Übers. v. Harry Rowohlt. Berlin: Reprodukt 2013c, S. 75.

 

  • 1] In einigen wenigen Fällen zitiere ich Crumb-Comics in der deutschen Übersetzung. Das betrifft »Mein Ärger mit den Frauen Teil I und Teil II« und »Man kann sie nicht alle haben«.
  • 2] Siehe Sina 2020a
  • 3] In ihrer Autobiografie nennt Trina Robbins den Mord der Charles-Manson-Sekte 1969 als Hintergrund der Verrohung von Crumbs Comics: »(...) to a lot of hippie guys, including some of the underground cartoonists, he (Charles Manson) became a kind of cult figure. (...) Crumb drew comics obviously inspired by Manson. He drew a cover for Print Mint’s San Francisco Comic Book in which a Mansonesque guy hipnotizes a nubile teenybopper, and another comic in which the same Mansonesque character has brainwashed his chick followers into killing each other. The tone ends with a pile of naked women’s bodies, on top of which sits the Manson character, fucking the dead bodies. And it was supposed to be funny!« (Robbins: 2017, 119)
  • 4] Diese Episoden erschienen 1981 in Weirdo #3.
  • 5] Vgl. auch die Argumentation von Drucilla Cornell: »Sie (MacKinnon; KK) verkauft uns die männliche Sichtweise – wie Männer reagieren und was sie tun – als Wahrheit des Feminismus. (...) Der Mann ist dabei nichts weiteres als ein Pawlowscher Hund, und nur bei einem solchen Mann kann das Begehren so einfach von einer Reaktion wegkonditioniert werden.« (Cornell 1997, 122).
  • 6] Vgl. hier auch Sina 2020b.