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Zwischen Real- und Selbstreferenz
Der Versuch einer Systematisierung des US-amerikanischen post-9/11-Comics in fĂĽnf Phasen

Maurice Funken (Aachen)

Am 11. September 2001 verübt das Terrornetzwerk Al-Qaida eine Reihe von Selbstmordanschlägen auf zivile und militärische Gebäude in den USA. Bei den Anschlägen kommen insgesamt 2996 Unschuldige und 19 Attentäter ums Leben. Die Geschehnisse werden weltweit in Echtzeit von Millionen Menschen vor ihren TV-Bildschirmen verfolgt und in den folgenden Tagen medial allgegenwärtig besprochen, kommentiert und reproduziert. Das transmediale Phänomen 9/11 hat sich in die öffentliche Erinnerung eingebrannt (vgl. Regener, 121). Zu den Medien, die sich als erste mit den Anschlägen auf künstlerische Art und Weise auseinandersetzen, gehört der Comic (vgl. Fehrle/Heinze, 219). Diesen sollte man als aftermedium präzisieren: »[a mode] of representation [...] not involved or only indirectly involved in the live representation of the event« (Stubblefield, 8). Die US-Comicindustrie veröffentlicht schon bald sogenannte tribute books, etwa Heroes aus dem Marvel Verlag, die einerseits den Angehörigen und Opfern Tribut zollen, andererseits Ansätze zur Verarbeitung des kollektiven Traumas 9/11 andenken.1 Andere Unterhaltungsmedien, etwa Fernsehserien oder Kinofilme, greifen das Thema 9/11 erst deutlich später auf.2 Auch die Folgen der Anschläge, beispielsweise der sogenannte War on Terror und die damit verbundene politische Instrumentalisierung, finden sich in den Comics der darauf folgenden Jahre wieder und sollen ins Blickfeld genommen werden.3

Comic-Autor Joseph Michael Straczynski erklärt, wie Medien grundsätzlich mit dem Thema umgehen:

When something of note happens to a culture, it turns all its available tools to the task of integrating and understanding that event. Fiction, television, movies, news, and yes, comics are all part of that process. (Yarbrough 2002)

Der Comic begibt sich auf die Suche nach Möglichkeiten, das Geschehene zu verarbeiten. Doch dabei stößt das Medium an seine Grenzen. Man bedenke: Gewalt und Zerstörung sind bereits jahrzehntelang fester Bestandteil der Handlung in US-Superhelden-Comics. Superheldengeschichten sind ohne Gewalt nicht denkbar, die großformatige Zerstörung von Häusern oder gar ganzen Städten ein gängiger Teil der Narration. Nach dem 11. September 2001 werden diese Genrekonventionen überdacht, die Geschichten der Comics angepasst. Eine post-9/11-Bildsprache im Comic muss sich des kollektiven Bildgedächtnisses der tatsächlichen wie auch der medial erreichten Zeugen der Anschläge des 11. Septembers bewusst sein.4 Regeners Aussage über Fotografie kann für den intermedialen Comic adaptiert werden: Der Comic

verweist auf die von uns gespeicherten anderen Bilder aus Printmedien, Film, Fernsehen, Museum. Eine Vielstimmigkeit (Heteroglossie) ist kennzeichnend fĂĽr die Konstituierung eines Blickes und der Deutung von Bildern. (Regener, 121).

Beim Betrachten der Comic-Bilder vergleicht man also mit dem aus anderen Medien gespeisten Bildgedächtnis, sucht nach Zitaten. Das

Bildgedächtnis speist sich aus einer ›amorphen Masse‹ von Bildern, [...] [es] ist keine Metapher für Erinnerung und [...] wird vielmehr durch jeweilige Blickkulturen strukturiert, die in intermedialen Verflechtungen hergestellt werden (Regener, 129).

Es ist dieses kulturell verankerte Bildgedächtnis, das Produzent_innen und Konsument_innen des 9/11-Comics gleichermaßen beeinflusst.

Der Comic als erste künstlerische Verarbeitungsinstanz der Geschehnisse des 11. Septembers hat sich der Frage nach der (Nicht-)Darstellbarkeit der Ereignisse bzw. der möglichen Depiktion ähnlicher Fiktionen zu stellen. Zum Teil kommt es gar zu einer Art weltlichen ›Bilderverbots‹. Die Verlage zensieren sich selbst und geben vor, was der Leserschaft zumutbar ist und was nicht. Die en detail dargestellte Auslöschung von Architektur einhergehend mit dem Verlust von Menschenleben wird zum Tabu. Mochten die Anschläge des 11. September in ihrer bildlichen Qualität und medialen Allgegenwärtigkeit stets an Hollywood-Katastrophenfilme erinnern, so erscheint nach 9/11 die Nähe zwischen Fiktion und Realität unangebracht, als müsse man »eine Pietät gegenüber der Realität [...] wahren« (Regener, 124). Das Ausblenden und Tabuisieren der Anschläge setzt ein; es »kommt eine Politik der selektierten Sichtbarkeit zum Zuge« (Richard, 43), in der Abwesenheit das Abbild ersetzt.

Der US-amerikanische Superheldencomic nach dem 11. September ist durch diese Frage nach der Darstellbarkeit geprägt. Die folgenden Jahre lassen sich aufgrund des daraus resultierenden Umgangs mit 9/11 bzw. allegorischen Ereignissen versuchsweise in fünf Phasen einteilen.

Eine erste Phase ist zeitlich in unmittelbarer Nähe zu den Anschlägen anzusetzen und ist geprägt durch die Sichtbarkeit des 11. Septembers und seiner Folgen. Die überwiegende Inszenierung der Realreferenz der Comics wird zum Teil ergänzt um allegorische Betrachtungen. Die tribute books, aber auch einzelne Ausgaben der Serien The Amazing Spider-Man und Captain America sind Beispiele für einen ersten Versuch des Umgangs mit 9/11.

Kurz nach den Anschlägen wird Darstellbarkeit durch Nichtdarstellbarkeit ersetzt. In einer zweiten Phase folgt ein moralisch motiviertes Bilderverbot. Als Beispiel für die Zensurpolitik der Comicverlage richtet sich der Blick hier auf die Serie The Authority.

Ebenfalls noch recht zeitnah an 9/11 ist eine dritte Phase festzumachen. Diese ist sowohl durch den Ausbau des vor allem in den tribute books eingeführten neuen Heldentypus charakterisiert als auch durch Verweise auf das reale Ereignis der Anschläge, etwa in Reihen wie The Call.

Eine anschließende vierte Phase ist dagegen durch eine Reihe von allegorischen Geschichten gekennzeichnet, die 9/11 abgewandelt in die fiktionale Welt der Comics transferieren und dabei Gewalt und Zerstörung wieder sichtbar machen. Hier stechen besonders Eventserien wie Civil War heraus.

Mit der fünften Phase gerät die Auseinandersetzung mit den Anschlägen und deren Folgen zum Abschluss. Das ›Bilderverbot‹ ist aufgehoben, die Darstellbarkeit der Ereignisse wiederhergestellt. Stephan Packard beschreibt dies treffend:

Das Pathos der Politik ist dem alltäglichen Pathos der Zerstörungswut der Superheldencomics gewichen, und diese hat sich das Bildmotiv des 11. Septembers schließlich völlig angeeignet. (Packard 2014, 23)

Auf die zunächst einsetzende Realreferenz auf 9/11 folgt ein ›Bilderverbot‹, die Darstellbarkeit der Ereignisse wird zensiert und infrage gestellt, letztlich aber durch den sich allmählich vollziehenden Wechsel zur Selbstreferenzialität in Bezug auf die Bildwürdigkeit rehabilitiert. Anhand ausgewählter Beispiele und Einzelanalysen wird der folgende Text diese Phasen nachzeichnen und deren Spezifika herausarbeiten. Aufgrund der schieren Masse an Comicpublikationen seit dem 11. September 2001 beschränkt sich die Untersuchung zumeist auf die Veröffentlichungen aus dem Hause Marvel Comics, zieht aber zur Illustration einzelner Aspekte auch Publikationen anderer Verlage heran. Zweifelsohne kann man ebenso wenig alle veröffentlichten Marvel-Hefte auf die 9/11-Thematik überprüfen; der Verlag publiziert bis zu 50 Serien im Monat, manche davon mit zwei Ausgaben versehen. Entsprechend hoch wäre die Anzahl der zu untersuchenden Hefte. Stattdessen soll ein präziser Blick auf die sogenannten Eventserien geworfen werden, zeigen diese doch eindeutig Strategien des Umgangs mit dem 11. September auf.

Phase 1: Realreferenz als Auftakt

Unter den Veröffentlichungen der ersten Phase fallen die sogenannten tribute books, aber auch Einzelhefte der Marvel-Serien The Amazing Spider-Man und Captain America. Gerade das Spider-Man-Heft thematisiert die Darstellbarkeit bzw. Nichtdarstellbarkeit der Terroranschläge des 11. Septembers und soll entsprechend genauer betrachtet werden.

In dieser ersten Phase gilt 9/11 noch als unumstößliche historische Zäsur, welche so auch medial konstatiert wurde.5 Und auch The Amazing Spider-Man #36 (Sigle: ASM) unterbricht die sich fortsetzende Narration und spiegelt so jene Zäsur wieder. Straczynski berichtet über die Entstehung des Heftes:

[Marvel Comics] felt that in at least one of their books they needed to really address the issue of what happened at the WTC. Their feeling was that the one character best suited to this was Spider-Man because after all, he’s a native New Yorker. (Yarbrough 2001b)

So tritt an die Stelle der Fortsetzungsgeschichte eine Art Sonderausgabe, welche die Anschläge in dem Kontext eines Superheldenuniversums zu verorten versucht: »[T]he superhero narrative [becomes] [...] a lens through which to view and respond to the events of that day.« (Nyberg, 177) Die narrative Struktur und die Genrekonventionen der Superheldengeschichten sind laut Amy Kiste Nyberg allerdings denkbar ungeeignet, um auf reale Ereignisse in dem Ausmaß des 11. Septembers zu referieren. So ist es auch zu erklären, dass diese Superheldenerzählungen nur einen geringen Raum unter allen Geschichten dieser ersten tribute books einnehmen (vgl. Nyberg, 176). Für Fuchs und Reitberger gilt der Superheld als Nachfolger und Reinkarnation der antiken Heroen, so

verkörpern alle Superhelden den auch heute noch vorhandenen Wunschgedanken nach dem Paraklet, dem Helfer, der göttergleich (als Schutzengel) den Sterblichen wunderbare Rettung bringt (Fuchs/Reitberger, 102).

Die ersehnte Rettung bleibt am 11. September allerdings aus.

Eine in schwarz gehaltene erste Seite kennzeichnet das Heft als Singularität, als Einschnitt in die normale Erzählstruktur der Superheldenreihe (vgl. Cooper/Atkinson, 63). Zugleich gibt die völlige Negierung der Farbigkeit der Nichtdarstellbarkeit des Gezeigten eine Form, ähnlich etwa Art Spiegelmans späterem Cover zu In The Shadow Of No Towers; das Abwesende ersetzt das Unvorstellbare. Anschließend blickt die Leser_in auf ein breites Panorama, eine die beiden folgenden Seiten gänzlich füllende detailreiche Stadtansicht New Yorks (vgl. ASM, 2f.). Eine Horizontlinie ist nicht ersichtlich, stattdessen umschließt eine Reihe von Hochhäusern einen zentralen Raum in der Mitte des Bildes; von dort steigen Rauchwolken auf und wälzen sich in die anliegenden Straßenschluchten, lodern Flammen in die Höhe, glühen Trümmerteile. Dies sind die Trümmer des World Trade Centers (WTC). John Romita Jr. füllt die beiden Seiten mit einer perspektivisch korrekten, fast schon fotografisch wirkenden Architekturdarstellung der bekannten Stadtlandschaft. Damit evoziert der Zeichner einmal mehr den Realitätsbezug des Comics. Der Kolorist der Ausgabe, Dan Kemp, leuchtet die Szenerie dank effektiver Computerkolorierung ebenfalls nahezu realistisch aus. Der double page spread visualisiert das Ausmaß der Katastrophe in »one of the most shocking images ever to appear in a comic book; shocking, because it is real« (Wright, 287).

Abb. 1: Spider-Man ĂĽberschaut fassungslos die Szenerie am 11. September 2001 (ASM, 2f.).

Im Bildvordergrund links auf einem Häuserdach ist Spider-Man von hinten zu sehen (Abb. 1). Die Figur steht breitbeinig da, in leicht gebückter Haltung, und hält die Arme an den Kopf. Die Geste ist Abwehrhaltung und zugleich Ausdruck des Entsetzens über das Panorama. Der Superheld wird als Rückenfigur gezeigt; eine solche Ansicht ist in der Kunst als Einstieg des Betrachters in das Bild gedacht, sozusagen als Identifikationsfigur. Die Ohnmacht des Helden überträgt sich so auf die Leser_in und beide sind zur fassungslosen Perzeption verdammt. Das Verwenden einer Rückenansicht lässt darüber hinaus die Figur vor der sich abspielenden Katastrophe beinahe unbedeutend wirken. Die Rollenverteilung zwischen Stadt und Comic-Figur scheint nahezu auf den Kopf gestellt: Normalerweise dient New York als Kulisse für die Handlung der Superheldengeschichten.6 Entsprechend wird der Held bedeutsam in Szene gesetzt, man denke hier vergleichsweise an das Cover des Bandes The Art of John Romita Jr., das Spider-Man bildfüllend vor einer ähnlichen Stadtszenerie in Szene setzt (vgl. Thomas/Romita Jr.). Doch bei Straczynski wirkt die verhältnismäßig kleine Figur vor dem großformatigen Hintergrund wie Staffage. Die in der Geschichte des Heftes thematisierte Machtlosigkeit Spider-Mans wird durch diese Relation der Größenverhältnisse von zerstörter Stadt und Mensch unterstrichen (vgl. Packard 2009, 321).

Bemerkenswert ist auch die Perspektive: Die Leser_in blickt mit Spider-Man hinab auf das Geschehen, die Position des Betrachters ist erhöht. Er steht, wie es bei Superhelden üblich ist, über den Dingen. De Certeau versteht den auch hier denkbaren, die Stadt überschauenden, stillstehenden Blick als Versuch der Kontrolle, als panoptische Projektion (vgl. Frahm, 183). So schreibt de Certeau bezeichnenderweise über das World Trade Center:

To be lifted to the summit of the World Trade Center is to be lifted out of the city’s grasp [...]. His elevation transfigures him into a voyeur. It puts him at a distance. It transforms the bewitching world by which one was ›possessed‹ into a text that lies before one’s eyes. It allows one to read it, to be a solar Eye, looking down like a god. (De Certeau, 92)

Die so einsetzende visuelle Bemächtigung der Stadt durch den wachsamen Helden ist ein in Superheldennarrativen gängiges Bild. Aber im Angesicht des 11. Septembers versagt der Kontrollversuch. Die bereits angesprochene Unzulänglichkeit des Helden wird durch den Text verstärkt; mehr als ein »... God ...« (ASM, 2f.) kann der entsetzte Held nicht hervorbringen.

Abb. 2: John Romita Jr. kombiniert aus anderen Medien bekannte Bildmotive im Comic (ASM, 4).

Einzelne Szenen des Heftes gehen deutlich auf die damalige Medienberichterstattung und den daraus resultierenden Kanon der 9/11-Bildsprache zurück.7 So zeigt Seite 4 im ersten Panel einen Straßenzug in unmittelbarer Nähe des World Trade Centers, dessen Stahlskelett noch im Hintergrund glüht (Abb. 2). Abermals präsent sind auch die sich durch die Straßen schiebenden Rauch- und Trümmerwolken und die vor ihnen davon eilenden Menschenmassen. Damit kombiniert der Comic in einem Bild gleich zwei der wichtigsten ikonografischen Elemente der 9/11-Bildpolitik (vgl. Chéroux). Die Darstellbarkeit der Ereignisse ist für den Comic möglich, wenn auch dabei auf eine medial vorgeprägte Bildauswahl verwiesen wird.

Spider-Man verlässt auf dieser Comic-Seite seine erhöhte Position, begibt sich zu den Menschen auf die Straßen hinab. Die von de Certeau als gottähnlich geschilderte, erhabene Stellung gibt die Figur damit auf, der Versuch der visuellen Bemächtigung der Ereignisse ist gescheitert, der gehende Held droht sich im Chaos der erschütterten Stadt zu verlieren, er wirkt ziellos, der Kontrollverlust scheint offensichtlich (vgl. Frahm, 184).

Mit dem Ausmaß der Zerstörung konfrontiert kommt Straczynski nicht an den offensichtlichen Fragen vorbei, die sich die Leser_innen sogleich stellen und die auch die Bürger_innen New Yorks in dieser Geschichte beschäftigen, formuliert von zwei vor der Zerstörung und dem Chaos fliehenden Personen: »Where were you?!« und »How could you let this happen?« (ASM, 4) Spider-Man ringt um eine Antwort, der »fictional superhero is confronted by this contemporary reality« (Kading, 219) und kann, noch immer geschockt, nur ein »I–« (ASM, 4) hervorbringen. Es ist diese Ohnmacht des Helden, die Spider-Man mit allen Figuren dieser Geschichte und den Leser_innen des Heftes gleichsetzt. Tritt Spider-Man auf der darauf folgenden Seite in die Trümmer des Gebäudes, so ist auch dieses Bild in unzähligen Fotoaufnahmen der Leser_in bereits vertraut.8 Im Hintergrund ragen die charakteristischen Bögen der gebrochenen Fassadenarchitektur empor, umgeben von Stahlträgern, Schutt und Asche. Dazwischen finden sich, fast unmerklich, da einheitlich eingefärbt, Helfer, Rettungskräfte, aber eben auch Superhelden (Abb. 3; vgl. ASM, 5). Das Element des Fantastischen, sprich das Auftreten der Superhelden, entrückt den auf ein reales Ereignis bezogenen Comic gleichsam ein wenig der Realität. Diese Distanzierung ist in weiteren Comics, die den Umgang mit 9/11 üben, anzutreffen, etwa auch in den tribute books.9

Abb. 3: Spider-Man vor den Ăśberresten des World Trade Centers (ASM, 5).

Neben dem ohnmächtigen Helden vermittelt das Amazing Spider-Man-Heft das Aufkommen eines neuen Heldentypus (vgl. Nyberg, 179f.), als nach wenigen Seiten die Superhelden auf die Rettungskräfte bei den Aufräumarbeiten am WTC treffen (vgl. ASM, 5). Wright schreibt dazu:

[S]trongly reminiscent of the comic books that appeared in the wake of Pearl Harbor, [the story] portrayed the comic book heroes standing behind the real ones [...] – the approach taken by most of the superheroes in the first year of the ›War on Terror‹. (Wright, 289f.)

Wright weist vielleicht bereits hier, im Jahr 2003, auf die zeitliche Begrenzung der ersten Strategien im Umgang mit 9/11 in den US-Comics hin und definiert damit indirekt eben jene hier vorgestellte erste Phase.10

Während The Amazing Spider-Man monolithisch als Einzelheft versucht, einen Umgang mit 9/11 zu finden, so will die erste Geschichte in der 2002 neugestarteten Captain-America-Serie das Thema in eine serielle Erzählung einbauen. Die Geschichte Enemy verweist ebenfalls auf das reale Ereignis 9/11 und rückt dieses sichtbar ins Zentrum der Narrative. Abermals werden die Unzulänglichkeiten eines Superhelden im Umgang mit der Katastrophe behandelt; der allmächtige Held bekommt durch die Realität des 11. Septembers seine Grenzen aufgezeigt. So muss auch Captain America auf die Frage »Where were you?« (Rieber/Cassaday 2002, 7) eine Antwort finden, doch mehr als ein »I wasn’t here« (ebd.) kann auch er nicht entgegnen. Dazu zeichnet John Cassaday den Captain in seiner bürgerlichen Identität Steve Rogers vor den grauen Trümmern des World Trade Centers. Cassadays präziser Zeichenstil und die minimale Farbpalette des Koloristen Dave Stewart machen die Szenerie nahezu fotorealistisch, erinnert doch das Gezeigte an tatsächliche TV- und Presseaufnahmen des nunmehr als Ground Zero bekannten Ortes. Darüber hinaus zeigt das Heft erstmalig auch Opfer der Anschläge; in den Trümmern findet Rogers eine Leiche, einzig ein Arm ist zu sehen (ebd., 6). Riebers Skript evoziert darüber hinaus das aus der Presse bekannte Bild jener Menschen, die aus freiem Willen in den Tod sprangen, statt in den oberen Stockwerken mit Sicherheit ebenfalls zu sterben: »I saw a man and a woman [...] They jumped.« (ebd., 8) Damit wird die Captain-America-Geschichte deutlicher als das vorhin besprochene The Amazing Spider-Man-Heft – sowohl durch die gezeigten als auch die nicht gezeigten Bilder. Die Hefte stellen nicht mehr nur 9/11 , sondern auch die Folgen dar, aber am Beispiel der Springer weicht die Darstellung einer bildlichen Nichtdarstellbarkeit. Das Thema wird hier allerdings retrospektiv vom Bild in den Text ausgelagert.

Autor John Ney Rieber bestätigt zudem, dass er die Figur des Captain America als besonders geeignet betrachte, sich mit dem Kampf gegen den Terrorismus und den Folgen der Anschläge auseinanderzusetzen, schließlich stehe kein anderer Comic-Charakter dermaßen für die USA und den amerikanischen Traum. Darüber hinaus sei Captain America bereits im Zweiten Weltkrieg aktiv am Kriegsgeschehen beteiligt gewesen. Wright (290) merkt berechtigterweise aber Folgendes an:

Captain America stayed out of Korea, Vietnam, and Iraq, but writer John Ney Rieber and artist John Cassaday plunged the super-patriot of World War II into the fight against terrorism.

9/11 macht es geradezu unabdingbar, dass sich die Figur in das Weltgeschehen einmischt. Cassaday bestättigt diese Sichtweise:

I don’t think every generic superhero needs to be saving the world from terrorists right now, [but] there are some books where it’s appropriate and maybe it’s our responsibility to provide that [...]. Captain America is a creature born of propaganda. He’s the perfect venue for what’s going on right now. (Rieber/Cassaday 2003)

Die direkte Auseinandersetzung mit den Folgen des 11. Septembers hält allerdings auch in der Captain-America-Reihe nicht lange an; »it remains unknown how the saga of (Captain) America will play out« (Lovell, 172), konstatierte Jarret Lovell noch kurz nach Veröffentlichung der ersten Hefte in Erwartung einer tiefgreifenden Auseinandersetzung mit dem 9/11-Komplex in der Serie, doch Rieber wird nach nur wenigen Ausgaben als Autor ersetzt. Die Geschichten wenden sich erneut der gängigen Superheldennarration mit der über Jahrzehnte etablierten, klaren Unterscheidung zwischen Gut und Böse zu. Der Comic dient fortan wieder bloßem Eskapismus, und damit verschwindet das Thema 9/11 auf längere Zeit aus dem Blickfeld des Marvel Verlags. Mit der Geschichte Enemy endet die erste Phase der Auseinandersetzung mit den Anschlägen: Der Bezug auf das reale Ereignis 9/11 und dessen Darstellung geht fortan verloren.

Phase 2: Moralisch bedingte Zensur

Etwa zeitgleich zu den ersten Versuchen des Umgangs mit 9/11 wird eine weitere, merklich andere Strategie angewendet, die man mit dem bereits genannten Begriff der »selektierten Sichtbarkeit« (Richard, 43) treffend beschreiben kann. In dieser Phase wählen die Verlage aus, was gezeigt werden kann und was nicht. Es kommt zu einem moralisch motivierten ›Bilderverbot‹, welches unter ethischen Gesichtspunkten die Zumutbarkeit der Inhalte der Comics überprüft. Ähnlich der Presse, die bestimmte Bilder der Anschläge nicht publiziert, entschließt sich auch die Comicindustrie, bestimmte Bilder auf Grundlage sittlicher Ideale nicht zu zeigen. Das Unterlassen einer solchen Veröffentlichung ist ein bewusster Akt der Selbstregulierung. Dies gipfelt schließlich gar in der Zensur einiger Comic-Hefte. Dabei geht es hier wohlgemerkt nicht einzig um die (Nicht-)Darstellung des 11. Septembers, stattdessen werden 9/11-ähnliche fiktionale Ereignisse in Comic-Geschichten in Augenschein genommen und noch vor der Veröffentlichung verändert, bzw. die betreffenden Geschichten erst gar nicht publiziert. Es kommt zu einer Selektion nach moralischen Gesichtspunkten, da sich die Fiktion zu sehr der Realität angenähert hat. Ein Paradebeispiel dieser zweiten Phase ist das nicht erschienene Heft The Authority: Widescreen.

In der Serie The Authority sind Terrorismus und Zerstörung ganzer Städte gängige Elemente. So wird etwa in der im September 2000 veröffentlichten #17 Rom von gewaltigen Wirbelstürmen heimgesucht, der Vatikan und die Stadt zerstört, der Papst getötet (Millar/Weston, 2f.). Die actiongeladene Superheldenserie spielt dabei mit einer Ästhetik, wie man sie aus dem Kino kennt, etwa aus Roland Emmerichs independence day (1996) oder Tim Burtons mars attacks! (1996); »the title had pioneered a new style of super-hero comics, following Hollywood blockbusters and dubbed the ›widescreen‹ style« (Darius 2007, 151). Doch ein Jahr später, nach dem 11. September, sagt DC Comics die Veröffentlichung von The Authority: Widescreen ab. Mit einem Umfang von 48 Seiten sollte das Sonderheft neben einigen Pin-Ups beliebter Zeichner zwei Geschichten erzählen: Tom Peyter und Cary Nord brachten eine Erzählung über die Teammitglieder Apollo und Midnighter zu Papier, doch der eigentliche Reiz des Heftes lag bei einer Geschichte über Jenny Sparks und Jenny Quantum, geschrieben und gezeichnet von Bryan Hitch. In Hitchs Geschichte sollten große Teile New Yorks zerstört werden. Der Zeichner zeigt sich aber einverstanden mit der Entscheidung, das Heft nicht zu veröffentlichen:

The reason we all thought to delay or suspend publication was basically because the entire story takes place against the backdrop of appalling devastation in New York. The opening scene of the story features a multipage heavily detailed sequence of destruction as a very large area of the city is leveled due to a spreading shockwave caused by the opening of a quantum tunnel on Fifth Avenue. While Jenny Sparks, The Engineer and The Doctor put their heads together to solve the problem, the rest of the team were shown searching for survivors and injured amongst the devastation. (Darius 2007, 151)

Es gilt zudem als sicher, dass Hitch erst einige Seiten des Bandes fertig gestellt hat (vgl. ebd.), die im Internet zum Teil veröffentlicht sind. Kurz zur Erinnerung: Wüsste man nicht durch vorherige Ankündigungen von diesem Comic, bzw. könnte man die ersten Seiten nicht online anschauen, so wäre der Comic unter dem Gesichtspunkt selektiver Sichtbarkeit der Leser_in völlig verwehrt geblieben und damit unbekannt.11

Abb. 4: Eine unveröffentlichte Szene aus The Authority: Widescreen zeigt die Zerstörung New Yorks (McDermott/Schneider).

Gleich die erste Seite zeigt eine nahezu fotorealistische Ansicht der Südspitze Manhattans (Abb. 4). Die bereits getuschte Zeichnung gibt bekannte Bauwerke der Skyline wieder, so etwa auch das World Trade Center. Einzig ein aus dem Himmel gen Stadt niederkommender Energiestrahl erschüttert die ansonsten ruhig wirkende Szenerie. Ein Blick auf die folgende Doppelseite schildert die verheerenden Auswirkungen des Strahls: Wellen von Energie durchbrechen die Stadt, Straßenzüge, ganze Gebäude. Perspektivisch erinnert das Bild bezeichnenderweise an Romita Jr.s eröffnenden double spread für die bereits besprochene Ausgabe von The Amazing Spider-Man, obwohl diese Seiten erst nach Hitchs Zeichnungen für The Authority: Widescreen entstehen. Beide Male zeigt sich das Ausmaß der Zerstörung im Blick hinunter auf die Stadt. Diese ist hier allerdings nicht menschenleer, bei genauer Betrachtung sind sowohl Fahrzeuge als auch Fußgänger_innen in Hitchs Bild erkennbar; die Katastrophe wird also sichtbar Opfer fordern. Der Blick auf die Trümmer des World Trade Centers in The Amazing Spider-Man zeigt dies hingegen nicht und lässt sich nur mit dem Wissen um das Ereignis erahnen. Die Rahmung der zentralen Szene mit schwarzen Balken am oberen und unteren Bildrand erinnert zudem erneut an das Medium ›Film‹ und greift damit den von Hitch bereits in der Serie The Authority etablierten, prägenden und hier sogar dem Band den Namen verleihenden widescreen style auf. Durch diesen Stil ist der Comic in der Form dicht an das cineastische Format eines Action- bzw. Katastrophenfilms angelehnt, der ebenfalls nach 9/11 unter moralischen Gesichtspunkten zensiert bzw. den neuen Gegebenheiten angepasst wurde (vgl. McDermott/Schneider).12 Man denke hier etwa an collateral damage (2002), dessen Handlung zwar in Los Angeles spielt, aber die Zerstörung eines Gebäudes und den Tod mehrerer Zivilist_innen durch Terrorist_innen beinhaltet.13

Eine letzte aus den Vorarbeiten zu The Authority: Widescreen bekannte Seite zeigt das baldige Eintreffen der Authority. Die noch unversehrte Stadt im Rücken und doch bereits auf den ersten Trümmerteilen stehend, ist das Team sichtlich erschüttert im Angesicht der Katastrophe. Bryan Hitch gibt die Zerstörung New Yorks mit Akribie und en detail wieder, was zweifelsohne für seine Zeichenkunst spricht, aber so von DC Comics nach dem 11. September 2001 nicht mehr veröffentlicht wird; die offensichtlich fiktionale Zerstörung im Comic wird als zu realistisch wahrgenommen. So sieht DC Comics für The Authority: Widescreen letztlich keine andere Lösung, der Band erscheint nicht; der Verlag zensiert sich selbst.

Doch bereits zuvor ist The Authority spätestens unter Autor Mark Millar, der die Serie von Ellis übernahm, ständig von einer Zensur der DC-Redakteur_innen bedroht: Man streicht zu gewalttätige Szenen oder lässt Panels umzeichnen, so dass beispielsweise Figuren mit realem Vorbild zu fiktionalen Stereotypen werden. Gerade die Hefte nach dem 11. September 2001 werden redaktionell überarbeitetet, so wird etwa ein Kuss zwischen dem homosexuellen Paar Apollo und Midnighter herausredigiert, und die Veröffentlichung der Ausgaben um Monate verzögert (vgl. Darius 2002). Des Weiteren wird ein im Juli 2001 angekündigter Neustart der Serie unter Brian Azzarello, Steve Dillon und Glenn Fabry gänzlich gestrichen (vgl. Yarbrough 2001a). Autor Azzarello sah sich außer Stande, seine geplanten Geschichten mit dem dafür nötigen Freiraum zu erzählen; so sollte unter anderem Jesus Christus dem Authority-Team beitreten, was sicherlich nicht die zunehmend konservative Verlagspolitik bei DC Comics widerspiegeln würde. Es drängt sich hier die Vermutung auf, dass 9/11 nicht nur als unangebracht geltende Bildmotive tabuisiert, sondern auch einer zunehmend konservativen Werteausrichtung des Verlags dienlich ist, wie sie auch eine christlich geprägte Regierung unter George W. Bush vertritt.

Phase 3: Vom Scheitern neuer Helden

Statt sich mit den Problemen der Darstellbarkeit im Kontext der alten Superheldengeschichten und ihren aus Gewalt und Zerstörung durchsetzten Narrativen zu beschäftigen und womöglich einer Selbstzensur anheim zu fallen, suchen Verlage wie Marvel nach einer anderen möglichen Umgangsform mit 9/11 und den Folgen. So wird in einer dritten, abermals kurzen Phase der Versuch unternommen, die von Nyberg bereits konstatierten alten Helden um neue zu ergänzen (vgl. Nyberg 179f.). Marvel veröffentlicht entsprechend Serien wie die drei Miniserien unter dem Banner The Call of Duty:

[Their] purpose was to tie in to earlier 9/11 comic themes that centered on police [...], firefighters [...], and paramedics [...] from New York, and elevate them to a superhero status. (Scott, 340)

Diese drei aus dem Amazing Spider-Man-Heft bekannten Berufsgruppen der Polizisten, Feuerwehrmänner und Rettungssanitäter werden als neuer Heldentypus in den Serien The Call of Duty: The Precinct, The Call of Duty: The Brotherhood und The Call of Duty: The Wagon präsentiert (vgl. Austen/Jones/Finch u. Jones/Mandrake).14 Die Reihen spielen vor einem 9/11-Hintergrund und thematisieren die alltäglichen Probleme real anmutender Figuren in der fiktiven Welt des Marvel-Universums, wie es zuvor vielleicht nur die Reihe Marvels versucht hat (vgl. Busiek/Ross).15 Mit der finalen Serie The Call führt man die aus den drei Serien bekannten Figuren schließlich zusammen; dort werden die neuen Helden ebenfalls zu Superhelden aufgewertet, erhalten Kräfte und besondere Fähigkeiten. Damit aber entsprechen sie den alten Vorbildern, denen Marvel eigentlich ein neues Ideal entgegensetzen will. Auch inhaltlich ist die Serie 9/11-affin gehalten: Ein Terrorist greift New York an und muss aufgehalten werden. Somit kehrt der Titel zu einer stereotypischen Superheldengeschichte zurück, die allerdings kein Publikum findet: Die Serie endet nach nur vier Ausgaben (vgl. Austen/Olliffe 2003).

Auch die Captain-America-Reihe mit den patriotisch-propagandistischen Coverslogans wie »Fight Terror« oder »Never Give Up« (vgl. Rieber/Cassaday 2003) sind aus den Regalen der Comic-Shops verschwunden, im Hause Marvel wird der Umgang mit dem 11. September vorerst auf ein Minimum zurückgesetzt. Nur vereinzelt greifen Geschichten wieder Elemente der post-9/11-Zeit auf.16 Auch die vormals auf beinahe allen Covern des Verlags platzierten memorial logos mit der Silhouette des World Trade Centers sind gut ein Jahr nach 9/11 wieder verschwunden.

Diese dritte Phase ist wechselhaft und damit unentschlossen in ihrem Umgang mit dem 11. September. Sie zeichnet sich einerseits durch Verweise auf das reale Ereignis 9/11 aus, andererseits findet völlig konträr zur ursprünglichen Absicht eine Rückbesinnung von den neuen auf die alten Heldenfiguren statt. Wie das Beispiel The Call zeigt, ist der 11. September zunächst Hintergrundgeschichte, treibende Kraft in den Narrativen, wird aber schließlich durch Allegorien, das heißt an die Realität bewusst angelehnte, aber ihr nicht entsprechende Geschichten ersetzt. Die dritte Phase ist letztlich als eine Phase des Scheiterns zu betrachten: Der bewusste Wechsel von einer real referierenden auf eine allegorische, sich selbst referierende fiktive Ebene ist eine Strategie im Umgang mit 9/11, die keinen Anklang findet.

Phase 4: Allegorien und Selbstreferenz

Auf das vorläufige, aber beinahe völlige Verschwinden von 9/11 aus den Marvel Comics etwa ein Jahr nach den Anschlägen reagiert der Verlag mit einer nunmehr stetigen Manifestation allegorischer Verweise auf 9/11 und die zumeist politischen Folgen in den Comic-Geschichten. Einer Erinnerung an die medial vermittelten Bilder gleich blitzen immer wieder Elemente des 11. Septembers und dessen Nachwirkungen durch die Oberfläche der Narrative. Aus dem kollektiven Gedächtnis werden diese Bildelemente zitiert, in die Geschichten transferiert und damit sichtbar gemacht. Dieser Transfer realer Referenzen in eine fiktionale Welt kennzeichnet die hier einsetzende vierte Phase im Umgang mit 9/11 , welche einhergeht mit einer wieder zunehmenden Darstellung von Gewalt und Zerstörung in den Superheldengeschichten.

Abb. 5: Eine Explosion in Stamford, Connecticut tötet
sechshundert Menschen (Millar/McNiven 2006a, 1–7).

Eine der ersten Eventserien, die sich besonders deutlich mit den Konsequenzen der Attacke gegen Amerika auseinandersetzt, ohne dabei den 11. September 2001 konkret zu benennen, ist die Reihe Civil War (vgl. Millar/McNiven 2007). Dabei ist die Serie mehr eine inhaltliche und nur in ausgewählten Momenten eine bildliche Allegorie auf die post-9/11-Zeit. Civil War stammt aus der Feder Mark Millars, dessen Arbeit an The Authority bereits Kommentare zum weltpolitischen Geschehen innewohnten. Die Geschichte kann als eine Allegorie auf die politische Situation in den USA post-9/11 gelesen werden, zeigt doch die »Handlung [...] wesentliche Ähnlichkeiten mit politischen Ereignissen und Diskussionen in den Vereinigten Staaten seit dem 11. September 2001« (Packard 2009, 317). So beginnt gleich das erste Heft mit einer Katastrophe von den Ausmaßen des 11. Septembers. Die Superheldengruppierung ›New Warriors‹ löst bei einem im TV in Echtzeit übertragenen Kampf gegen einen Superschurken in einer Kleinstadt eine Katastrophe aus: Eine Explosion löscht nahezu alle Helden aus und tötet damit zeitgleich 600 Unschuldige (Abb. 5). Die scheinbare Legimitation der Helden, »die Rechtfertigung für die Gewalttätigkeit der Superhelden: Kräfte haben!« (Doetinchem/Hartung, 170), wird nicht nur hinterfragt, sie wird durch die öffentlich stattfindende Katastrophe gänzlich außer Kraft gesetzt. In Folge der Ereignisse wird der Superhuman Registration Act beschlossen (vgl. Millar/McNiven 2006b, 8). Im weiteren Verlauf der Geschichte teilt sich die Superheldengemeinschaft in zwei Lager: für und gegen den Erlass des neuen Gesetzes, das Menschen mit übernatürlichen Kräften zwingt, sich bei der US-Regierung registrieren zu lassen (vgl. ebd., 17f.). Dabei kann die liberale Seite, auf die sich Captain America schlägt, durchaus als »rebellion against the Bush Administration« (DiPaolo, 216) gelesen werden. Auch führt Marvel mit einem schlicht unter der Nummer 42 betitelten Gefängnis eine eigene Version von Guantánamo Bay ein (vgl. Millar/McNiven 2006c, 19). Wie die New York Times in einem Bericht über den Bürgerkrieg in Marvels Superheldenuniversum richtig zusammenfasst, ist die zentrale Frage der Serie »Would you give up your civil liberties to feel safer in the world?« (Gustines 2006)

Millar spielt in Civil War mit den Gegebenheiten, Konsequenzen und Ängsten einer Welt nach dem 11. September: eine noch nie dagewesene Katastrophe, die darauf folgende Angst und Unsicherheit, Gefängnisse, deren Existenz die Einhaltung der Menschenrechte in Frage stellt, Gefangene als sogenannte enemy combatants, der SHRA als eine Version des USA PATRIOT Act – der Leser_in dürften solche Themen und Szenarien vertraut erscheinen. Der Autor kommentiert diese Parallelen zur realen Welt wie folgt: »At the core, it’s one half of the Marvel heroes vs. the other half. The political allegory is only for those that are politically aware.« (Gustines 2006) An anderer Stelle ergänzt er:

Obviously, there’s a certain amount of political allegory in a story where a guy wrapped in the American flag is in chains as the people swap freedom for security. [....] As far as I’m concerned, Civil War was accidentally political because I just can’t help myself. (anon. 2007)

Die Frage nach einer US-amerikanischen Identität zwischen dem Bedürfnis nach persönlicher Freiheit und Sicherheit wird in der Serie gestellt und das Finden der Antwort mit der paratextuell gestellten Frage Whose side are you on? der Leser_in überlassen (vgl. Erdemandi, 213–215).

Bemerkenswert ist, dass bis auf die einleitende Szene, in der Stamford zerstört wird, wenige Bilder die tatsächliche Katastrophe zeigen; lediglich drei Panels zeigen die Explosion, doch Millar sind die Folgen wichtiger als das eigentliche Ereignis (vgl. Millar/McNiven 2006a, 7). So sieht man die Superhelden zusammen mit den nach 9/11 etablierten neuen Helden, den Feuerwehrmännern, in den Trümmern der zerstörten Stadt stehen. Gemeinsam räumt man den Schutt beiseite, doch sind nur einige wenige Opfer in der Stadtruine sichtbar, stattdessen erinnert die Stahlstruktur mancher Trümmerteile einmal mehr an die Überreste des World Trade Centers. Dazu zeigt McNiven eine US-Flagge am Boden, teilweise zerrissen und mit Brandspuren versehen, ein nicht ganz subtiles Sinnbild für den Zustand eines ganzen Landes nach der fiktionalen aber auch der tatsächlichen Katastrophe im Jahr 2001 (vgl. Millar/ McNiven 2006a, 8f.).

Abb. 6: Die neuen Helden bringen Captain America zu Fall (Millar/McNiven 2006d, 18f.).

Betrachtet man die folgenden Hefte der Reihe genauer, so greift in Civil War dennoch ein unausgesprochenes ›Bilderverbot‹, hier allerdings auf allegorischer Ebene. Selbst die Darstellung des finalen Kampfes der Helden gegeneinander bleibt stets dicht am Geschehen, der Blick nah an den Figuren; einzig ein Bild in der letzten Ausgabe der Serie zeigt eine Stadtansicht, brennende, zerstörte Häuser, Straßenzüge in Flammen. Und gerade hier greifen abermals die durch Nyberg so treffend ausgemachten neuen Helden ein und bringen Captain America zu Fall. Der Kampf ist zu Ende, Rogers, der Patriot, die Seele Amerikas, gestürzt durch das amerikanische Volk, gibt im Angesicht der Sinnlosigkeit des Kampfes und der Konsequenzen für sein Land auf (Abb. 6). Die Ansicht der Stadt in Flammen bringt somit den Wendepunkt, ist Sinnbild für ein nötiges Umdenken.

Doch die post-9/11-Parallelwelt der Marvel Comics wird gleich im Anschluss an den Civil War in ihren Grundfesten erschüttert, als Captain America ermordet wird (vgl. Brubaker/Epting 2007). Sacks schreibt dazu: »[T]he death of a character draped in the American flag was a thinly veiled political allegory.« (Sacks 2008a) Der Autor des Heftes, Ed Brubaker, ergänzt:

Cap [...] getting killed on the courthouse steps, there is a certain metaphor there for the things that are being stripped away from America. [...] the times are changing for the worse. (Sacks 2008b, 47)

Anfang 2008 wird die Figur des Captain America neu besetzt (vgl. Brubaker/Epting 2008). Nicht nur, dass sich hinter der Maske eine andere Person als zuvor verbirgt, diesmal wird Captain America auch mehr wie ein Soldat dargestellt. Der neue Captain America wirkt wie ein Kommentar auf den Zeitgeist, die Figur ist den Anforderungen einer Welt im Krieg gegen den Terror angepasst. Abermals sind Marvel-Geschichten als Allegorien aufzufassen, ein »closed narrative« wird zum »cultural commentary« (Costello, 229) erhoben.

Abb. 7: Brennende Hochhäuser wecken das Bildgedächtnis (Jenkins/Bachs 2007a, 7).

Die Darstellung einer militanteren Version Captain Americas geht einher mit einer Zunahme an gewalttätigen Auseinandersetzungen im Marvel Comic. So erreicht auch die Darstellung 9/11-verwandter Zerstörung im Event World War Hulk einen neuen Höhepunkt (Pak/Romita Jr. 2008b). Hier kehrt der ins Weltall verstoßene Hulk auf die Erde zurück und will sich an den Helden rächen, die für sein Exil verantwortlich sind. Die Eventserie folgt dabei den gängigen Narrationsformen einer Superheldengeschichte. Im finalen Kampf des Hulks gegen den Helden Sentry fallen weite Teile der Stadt der zerstörerischen Kraft der Superwesen zum Opfer; ganze Häuserblocks werden demoliert, Wahrzeichen der Stadt liegen in Schutt und Asche, etwa der Madison Square Garden (vgl. Pak/Romita Jr. 2008a, 7f.). Ein Blick auf die das Event ergänzende Heftserie World War Hulk: Front Line zeigt abermals einen latenten, jedoch nicht rein allegorischen Verweis auf die Anschläge des 11. Septembers (vgl. Jenkins/Bachs 2007b). Im letzten Heft der Serie kommentiert eine Passantin den Einsturz eines Gebäudes in ihrer unmittelbaren Nähe mit den Worten »I can’t take this all over again« (Abb. 7; Jenkins/Bachs 2007a, 7). In Bezug auf die Geschichte wirkt der Ausruf zusammenhanglos und geradezu losgelöst, das »all over again« ist damit kein Verweis auf die Handlung der Serie, sondern stattdessen ein verborgener Fingerzeig für die wissende Leser_in auf das noch längst nicht bewältigte Trauma der Vergangenheit, den 11. September 2001. Der hier stattfindende textliche Verweis auf 9/11 ist bemerkenswert, ist er doch einer der seltenen Bezüge auf das Ereignis in sprachlicher Form, denn zuerst dominieren rein bildliche Analogien. Auch das darauffolgende Panel unterstützt die Assoziation mit den Anschlägen. Zeichner Ramon Bachs präsentiert eine Szenerie, wie man sie aus den TV-Bildern des 11. Septembers kennt: ein gläsernes Hochhaus versehen mit klaffenden Einschlagstellen, aus denen Rauch und Feuer emporsteigen, verlorene Papierseiten im Wind, die auf in Panik davoneilende Menschen niederregnen.

Die vierte Phase beginnt allmählich das ›Bilderverbot‹, wie es in Titeln wie The Authority noch herrschte, zu lockern; mit den großen Eventserien strebt man eine Rückkehr gen alltägliches Pathos der Superheldengeschichten an, die eben den gängigen Konventionen entsprechend bestimmte Elemente wie große Schlachten und Kämpfe enthalten. So werden Gewalt und Zerstörung langsam wieder bildwürdig, werden in die Narrative eingebaut, beizeiten gar großformatig in Szene gesetzt. Dabei benennt man den 11. September 2001 nie konkret, stattdessen hat die Allegorie die Realreferenz beinahe völlig ersetzt.

Phase 5: Wiederherstellung des Status Quo

Eine abschließende fünfte Phase lässt die Anschläge und deren Folgen gänzlich hinter sich. Die direkte Auseinandersetzung mit 9/11 kommt allmählich zu einem Ende, das ›Bilderverbot‹ ist aufgehoben. Die Frage nach der Nichtdarstellbarkeit bestimmter Szenarien stellt sich nicht mehr, der US-Superheldencomic ist zum »alltäglichen Pathos der Zerstörungswut « (Packard 2014, 23) zurückgekehrt. Zentraler Punkt ist folgerichtig die Darstellung von Gewalt und Zerstörung im hohen Maße, dem hier erstmalig wieder ausgiebig Raum in den Geschichten eingeräumt wird. Diese nimmt sogar von Event zu Event zu. In dieser Phase lassen sich natürlich weiterhin mögliche Referenzen auf 9/11 finden, welche allerdings uneindeutig ausfallen und ebenso gut genretypische Elemente der Narration sein könnten.

Die fünfte Phase beginnt mit der vierteiligen Eventserie Siege (vgl. Bendis/Coipel 2010d). Damit endet zumindest vorübergehend eine Ära der »darker contexts, more ominous and ambiguous threats, and more morally questionable heroes« (Costello, 213). Ein solcher Held ist beispielsweise Norman Osborn in Gestalt des plakativ in den US-Farben gewandeten und damit den Widerspruch zwischen innerer Wahrheit und äußerer Wahrnehmung thematisierenden Iron Patriots, dessen Aufstieg in einem vorherigen Event namens Secret Invasion begonnen hat.

Siege erzählt von der Invasion der Truppen Osborns in Asgard, Marvels Stadt der nordischen Götter, die zu diesem Zeitpunkt auf der Erde weilt. Zuvor ist einer der nordischen Götter scheinbar für die Zerstörung eines Football-Stadions in Chicago verantwortlich, was die Invasion rechtfertigen soll (vgl. Bendis/Coipel, 2010a, 5f.). Die Szene erinnert überdies an den Beginn der bereits besprochenen Serie Civil War. Auch hier ereignet sich eine verheerende Explosion, welche als Katalysator für die Handlung dient. Das Marvel Universum bleibt damit selbstreferenziell. Der Bezug auf vorherige Geschichten verdichtet die kontinuierliche Narration, den sogenannten Marvel canon, aber verweist darüber hinaus eben genau nicht mehr explizit auf die Realität namens 9/11. Die gezeigte Katastrophe mit der einhergehenden Zerstörung ist für das Genre des Superheldencomics ein existenzieller Archetypus, der aber nicht mehr unbedingt ein Verweis auf den 11. September 2001 sein muss. So stellen Cooper und Atkinson fest: »images of destruction are common (the burnt-out city, the destroyed planet, the threatened monument, etc.).« (Cooper/Atkinson, 66) Der Zeichner der Serie Siege, Olivier Coipel, setzt das Unglück bildgewaltig auf beinahe drei Seiten in Szene, wohingegen McNiven in Civil War mit drei Panels auskommt. Damit erhält das Gezeigte erstmals wieder genügend Raum und wird bildwürdig. Der Blick auf die Zerstörung wendet sich somit nicht ab, die Darstellung der Szene erscheint dem Verlag wohl nicht mehr moralisch fragwürdig und der Leserschaft zumutbar. Das medial geprägte Bildgedächtnis der post-9/11-Zeit hält dem Anblick des Desasters stand.17 In Superheldenkonventionen mittlerweile wieder fest eingebettet und mit Comic-Archetypen versehen, kann die Zerstörung mit ausreichender Distanz betrachtet werden und ist damit wieder darstellbar.

Abb. 8: Asgard stĂĽrzt auf die Erde hinab (Bendis/Coipel 2010b, 18f.).

Auch einer der finalen Höhepunkt der Serie ist in diese Richtung zu deuten: Die schwebende mystische Stadt Asgard fällt aus dem Himmel nieder und wird völlig zerstört (Abb. 8). Coipel liefert dazu ein Panorama der auf dem Weideland zersplitternden Stadt; die Zerstörung Asgards ist obgleich ihres fantastischen Ursprungs zeichnerisch äußerst realistisch ins Bild gesetzt.

Die Gestaltung der Cover der Siege-Reihe ist ein Sinnbild für den einsetzenden positiven Blick nach vorne, der 9/11 und die Folgen hinter sich lassen möchte. Etwa zwei Fünftel eines jeden Covers der Serie nimmt eine immer gleiche Darstellung Asgards ein. Laura Martin koloriert den Stadtausschnitt in Olivier Coipels Coverzeichnung von Heft zu Heft in helleren Tönen, einem Sonnenaufgang ähnlich. Dunkles Lila wechselt zu dunklem Rot, dann zu hellem Rot und schließlich zu leuchtendem Orange. Sinnbildlich wird hier allein durch die Farbgebung der Wechsel vom Dark Reign zum Heroic Age vollzogen. Dieser Wechsel mag als Allegorie auf das politische Klima der USA zu sehen sein, hatte doch zuvor die Wahl Barack Obamas die Zeit der Regierung Bush beendet.18

Greift man sich ein paar der größeren Eventserien aus der Masse der Titel der letzten Jahre heraus, so kann man immer wieder deutliche 9/11-Bezüge sehen bzw. das Wegbrechen des selbstauferlegten ›Bilderverbots‹ beobachten. So wird im Zuge des Crossovers Fear Itself der Stark Tower zerstört, der mittlerweile ein Wahrzeichen des fiktionalen Marvel-Universums ist: Das vorübergehend zum Schurken verwandelte Thing kämpft gegen den Red Hulk und siegt vorübergehend, indem es den ganzen Turm auf das Monster niederstürzen lässt (vgl. Bendis/Romita Jr. 2011, 13–16). Die Zerstörung des Turms aktiviert abermals das Bildgedächtnis der Leser_in, die sich an den Einsturz des World Trade Centers erinnert fühlt. Beide Male ist der Einsturz übrigens an eine symbolische Zerstörung des Kapitalismus gekoppelt, gilt in der realen Welt das WTC doch als Zeichen westlicher Wirtschaftsmacht und in der fiktionalen Comic-Welt der Stark Tower ebenso als Zeichen für den Wohlstand seines Erbauers, des Großindustriellen und Multimillionärs Tony Stark.19 Nach Amazing Spider-Man ist es auch hier abermals Romita Jr., der en detail die Zerstörung zeigen kann, kulminierend in einem doppelseitigen Bild mit den bekannten Versatzstücken einer Katastrophe, Trümmern, Rauchwolken, Stahlträgern, Feuer. Wenige Seiten später zeichnet Romita Jr. ein weiteres, extremes widescreen-Panel, das die Auswirkungen des Kampfes auf die Stadt deutlich macht; Hochhäuser sind erschüttert, lehnen zum Teil gegeneinander, Rauchwolken verdunkeln den Himmel (Abb. 9). Abermals wird in dieser Darstellung auf das durch den 11. September befüllte Bildgedächtnis zurückgegriffen. Einige Ausgaben später besuchen Tony Stark und Captain America die Ruine des Avengers Tower. Daniel Acuñas akkurate Zeichnung kommt einer Aufnahme von Ground Zero gleich (vgl. Bendis/Acuña 2011, 9f.). Der Rückgriff auf Bildmotive des 11. Septembers ist hier beide Male eindeutig, die fiktionalen Geschichten verweisen abermals auf die Realität. Die 9/11-Ikonografie findet so ihre Entsprechungen auf der Comicseite und die Darstellung ähnlicher Desaster ist auf einer fiktionalen Ebene somit wieder möglich.

Abb. 9: New York City wird verwĂĽstet (Bendis/Romita Jr. 2011, 21f.).

Nur wenig später wird ein neuer Stark Tower erbaut, bezeichnenderweise sogar am gleichen Standpunkt wie das vorherige Bauwerk. Der neue, baulich komplexere Avengers Tower wird fulminant mit einem Feuerwerk vor den Augen der wohlwollenden Öffentlichkeit eingeweiht (vgl. Bendis/Bagley, 4). Das Motiv des Ersetzens von zerstörter Architektur durch einen Neubau mag an das durch die Anschläge verlorene World Trade Center und das es substituierende neue, ebenfalls in seiner Baugestalt aufwendigere One World Trade Center, den sogenannten Freedom Tower, erinnern.

In der Serie Infinity ist ebenfalls die Zerstörung von Architektur ein entscheidendes Handlungsmoment (vgl. Hickman/Opeña/Weaver/Cheung 2014). Das ›Darstellungsverbot‹ einer 9/11-artigen Katastrophe und der dazugehörigen Elemente gilt hier nicht mehr. So endet bereits das dritte Heft mit der Zerstörung der Stadt der Inhumans durch deren eigenen König Black Bolt. Attilan, so der Name der Stadt, wird von einer gewaltigen Explosion erschüttert und stürzt, ähnlich wie Asgard in Siege, aus dem Himmel hinab. Erneut verwendet der Verlag also ein bildlich ähnlich dargestelltes Ereignis und schafft damit eine innere Kontinuität seiner Comicwelt, die die geschulte Leser_in als Verweis auf vorherige Geschichten erkennen mag. Selbstreferenz triumphiert damit einmal mehr über Realreferenz. Die Szene, der eine ganze Seite im Heft eingeräumt wird, erinnert im Aufbau zudem an Hitchs zurückgehaltene Authority-Seiten, zitiert diese geradezu; Wellen der Explosion durchziehen New Yorks Straßenschluchten, Häuser werden niedergerissen, Trümmer brechen weg (Abb. 10).

Abb. 10: Die Stadt der Inhumans fällt auf New York City nieder (Hickman/Opeña/Weaver 2013a, 23).

Wohingegen in Siege Asgard über beinahe unbewohntem Weideland niederging, fällt Attilan hier auf die Millionenstadt New York. Die Zerstörung erinnert die Leser_in ein weiteres Mal an die Bilder des 11. Septembers. Attilan hat Teile New York Citys zerquetscht, Häuser zermalmt, andere umgestürzt: Gewaltige Rauch- und Aschewolken hüllen Manhattan in Dunkelheit (vgl. Hickman/Opeña/Weaver 2013b, 6). Der letzte Band von Infinity endet mit einem Epilog. Eine Sequenz darin ist aufgrund der sie begleitenden Erzählung bemerkenswert: »What followed was the natural order of things. / The rebuilding of what was broken.« (Hickman/Cheung/Weaver 2013, 39) Dazu sieht man Superhelden beim Schleppen von Stahlträgern, sie studieren Baupläne und unterstützen den Wiederaufbau der Stadt (vgl. Hickman/Cheung/Weaver 2013, 39). Blickt man an dieser Stelle auf die Bilder aus The Amazing Spider-Man #36 zurück, so fallen die Parallelen deutlich ins Auge: der Held als Helfer, die Zusammenarbeit mit den gewöhnlichen Menschen, das Bemühen um das Wiederherstellen des alten Status Quo, des Lebens vor der Katastrophe (vgl. Straczynski/Romita Jr., 5). Doch es gibt einen großen Unterschied; alles, was Helden wie Spider-Man damals tun konnten, »was help clear the wreckage« (Wright, 289). Doch nun ist ihre anschließende Hilfe nicht aus einer vorherigen Tatenlosigkeit und Ohnmacht entstanden, stattdessen ist sie zusätzliche Nobilitierung ihres durch vorbildliches, heroisches Handeln nach außen vermittelten Selbstbildes.

Abb. 11: Das One World Trade Center findet seinen Platz im Marvel Universum (Hickman/Ribic, 4).

Die fünfte Phase kulminiert schließlich in der Marvel-Reihe Secret Wars. Die das komplette Verlagsprogramm umspannende Serie zerstört das gesamte Marvel-Universum (vgl. Hickman/Ribic 2015). Die erste Ausgabe der aktuell noch nicht beendeten Serie lässt die Welt des regulären Marvel-Universums auf diejenige des ›ultimativen‹ Marvel-Universums treffen.20 Am Ende des Heftes kollidieren beide Welten wortwörtlich. Zuvor zeigen aber einige Szenen einen expliziten 9/11-Bezug. So wird unter anderem das tatsächlich erst kürzlich fertig gestellte One World Trade Center als fester Bestandteil der New Yorker Skyline präsentiert (Abb. 11).

Damit ist die Leerstelle, die das erste World Trade Center gelassen hat, geschlossen. Die bewusste Darstellung gerade der Abwesenheit des Baukörpers hat ein Ende. Zuvor klammerten Marvel-Serien diese bauliche Lücke – und damit die sichtbare permanente Erinnerung an die Anschläge – aus ihren Stadtansichten zumeist aus, wurde der Freedom Tower übergangen.21 In Secret Wars wird er bildwürdig, aber auch gleich wieder, wenn auch off panel, zerstört. Darüber hinaus durchsetzen weitere gängige Motive der Anschläge das Heft: So rennen Menschen in Panik davon, werden Hochhäuser zerstört und fliegen Trümmer umher (Abb. 12). Der 11. September wird somit ikonografisch zitiert, ein ›Bilderverbot‹ ist nicht mehr vorhanden.

Abb. 12: Brennende Häuser und Explosionen künden das Ende der Welt an (Hickman/Ribic, 8).

Das brennende New York, nochmals Häuserruinen, abermals Rauchwolken, ein letztes Mal Explosionen (vgl. Hickman/Ribic, 24) – im ersten Secret-Wars-Heft treiben Hickman und Ribic die Darstellung einer im Marvel Universum geschehenden Katastrophe nicht gekannten Ausmaßes auf die Spitze. Zumal dies die Geschichte verlangt: Das Ende der Welt – oder besser zweier Welten – geht nicht leise vonstatten. In Filmsprache gesprochen ist Secret Wars wahrlich ein blockbuster event. Die Serie operiert damit einzig mit Selbst- und nicht mit Realreferenz. Das gewaltige Ausmaß der Zerstörung – immerhin der Kollaps zweier Universen – verdrängt den Anspruch auf die Abbildung von Zerstörung außerhalb des Comics. 9/11 ist rein ikonografisches Potenzial, das der Comic gezielt zu nutzen weiß. Die Anschläge sind nunmehr Teil einer fiktiven Geschichte des Marvel-Universums. Aber der 11. September ist nicht mehr expliziter Bezugspunkt der Narration. Die fünfte Phase schließt mit 9/11 ab.

Schlussbetrachtungen

Der 11. September scheint im US-Comic mittlerweile vergessen. Und warum sollte man sich auch an etwas erinnern, das die Grenzen des Genres aufzeigt, das Scheitern der Comic-Geschichten in den Vordergrund stellt? Die Leser_in verlangt nach fantastischen Geschichten und omnipotenten Held_innen; politische Allegorien sind da Beiwerk, nötige, aber doch letztlich nur vorübergehende Annäherung an die post-9/11-Realität. Doch Superhelden suchen keine politischen Lösungen, sie tragen Konflikte im Kampf aus: »[T]hey have slugfests, because the narrative of the superheroic redeemer demands that more prosaic means of conflict resolution – diplomacy, say – prove ineffectual.« (Sanchez 2007) Der superheroische Alltag kehrt ein, inklusive aller damit verbundenen Zerstörung (vgl. Packard 2014, 23). Der Status Quo ist wiederhergestellt und möchte beibehalten werden, so wie es die gemeine Comicleser_in doch vielleicht am liebsten hat. Man ist zufrieden, wenn sich nichts ändert.

Schon Nyberg bemerkte zu den ersten Superheldenomics mit 9/11-Bezug: »[T]he creators worked against genre conventions to a certain extent in order to incorporate superheroes in some way into the September 11 narratives.« (Nyberg, 185) Doch heute ist der Comic zu den gängigen Konventionen längst zurückgekehrt. Waren die Angriffe damals noch »a story without end; or, at least, a story whose end has yet to be revealed and whose outcome – the triumph of good over evil – is still very much in question,« (Nyberg, 185) so mag eine reale wie auch fiktive Welt mittlerweile den 11. September und seine Folgen weit hinter sich gelassen haben. Die Geschichte scheint abgeschlossen: »[Life can] resume as it was.« (Kading, 224)

Packard resümiert: »Comics spielen ein kompliziertes Spiel mit Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit, Sagbarkeit und Unsagbarkeit.« (Packard 2014, 21) Und so ist auch der 11. September im Wechsel zwischen Sichtbarkeit und Verborgenheit in den US-Comic eingeschrieben. Stetig manifestiert er sich in den immer größer werdenden Geschichten, so etwa den Marvel-Eventserien, deren Frequenz seit 9/11 deutlich zugenommen hat. Diese Events erfreuen sich großer Beliebtheit, was mit einem Blick auf die Verkaufszahlen kaum verwunderlich ist, sind doch Comics in Krisenzeiten stets ein wenig beliebter und erfolgreicher:

As comic-book writer Mark Millar [...] has observed, superhero stories are at their most popular and evocative when they respond to particulary turbulent political times, especially those marred by war and social unrest. (DiPaolo, 1)

Zuvor gilt Gegenteiliges; »Any comics that attempted to be political in nature [....] were limited in overall sales« (Scott, 336).

Der Versuch der vorgestellten fünf Phasen, einer Auseinandersetzung mit den Terroranschlägen und den Folgen ist ein möglicher Weg, den 9/11- und post-9/11-Comic in ein System zu bringen. Die ersten Comics zum Thema 9/11 bleiben nah am tatsächlichen, realen Ereignis. Neben den aus anderen Medien übernommenen Bildern füllt auch der zu diesem Zeitpunkt entstehende 9/11-Comic das kollektive, transmediale Bildgedächtnis (Phase 1). Ebenfalls zeitnah zum 11. September setzt eine geradezu ikonoklastische Phase der Zensur ein, welche ein moralisch motiviertes Bilderverbot ausspricht, das in der Folgezeit immer und immer wieder überprüft werden will (Phase 2). Beinahe zeitgleich erfolgt des Weiteren der Versuch nationaler Stärkung durch neue Heldenbilder. Doch jene dritte Phase kommt letztlich erfolglos zum Ende. Die vierte Phase wendet sich dann allegorischen Geschichten zu. Politik und für Superheldengeschichten typische Katastrophen gehen Hand in Hand, das ›Bilderverbot‹ lockert sich. Zerstörung und Gewalt werden zunehmend wieder sichtbar. Final erklärt eine fünfte Phase die Auseinandersetzung mit 9/11 für beendet, das Tabu ist gebrochen, die Darstellbarkeit des vormals Nichtdarstellbaren wieder hergestellt. Die abschließende Phase schreibt das Ereignis in einen fiktiven wie auch realen historischen Kontext ein, aus dem Comic-Produzent_innen zitieren dürfen und können. Der US-Superheldencomic hat damit gerade in den letzten Jahren in seinem von Sichtbarkeit und Unsichtbarkeit, Sagbarkeit und Unsagbarkeit geprägten Bezug auf den 11. September eine reiche Ikonographie des Desasters geschaffen. Das komplizierte Spiel mag also weitergehen.

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  • Hickman, Jonathan (W), Jerome Opeña (P), Dustin Weaver (P) et al.: Thane (Infinity 4). New York, Marvel Comics, 2013.
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Filmografie

  • collateral damage (USA 2002; R: Andrew Davis).
  • independence day (USA 1996; R: Roland Emmerich).
  • mars attacks! (USA 1996; R: Tim Burton).

Abbildungsverzeichnis

  • Abb. 1: Straczynski/Romita Jr., 2f.
  • Abb. 2: Straczynski/Romita Jr., 4.
  • Abb. 3: Straczynski/Romita Jr., 5.
  • Abb. 4: McDermott/Schneider.
  • Abb. 5: Millar/McNiven 2006a, 1–7.
  • Abb. 6: Millar/McNiven 2006d, 18f.
  • Abb. 7: Jenkins/Bachs 2007a, 7.
  • Abb. 8: Bendis/Coipel 2010b, 18f.
  • Abb. 9: Bendis/Romita Jr. 2011, 21f.
  • Abb. 10: Hickman/Opeña/Weaver 2013a, 23.
  • Abb. 11: Hickman/Ribic, 4.
  • Abb. 12: Hickman/Ribic, 8.

 

  • 1] Mit dem Begriff tribute book werden Bände bezeichnet, in denen verschiedene KĂĽnstlerbeiträge zum Thema 9/11 gesammelt abgedruckt wurden und deren Erlös z. B. an Einrichtungen wie den World Trade Center Relief Fund oder den Twin Towers Fund gespendet wurde (vgl. Lew).
  • 2] Dan Hassler-Forest datiert den ersten Film zu den Anschlägen am 11. September auf das Jahr 2006 (vgl. 33). Stubblefield bestätigt dies (vgl., 8).
  • 3] Ohnehin gestaltet sich eine rein temporale Eingrenzung des Begriffs 9/11 schwierig: Bezeichnet der Begriff den genauen Tag, einzig die Anschläge oder vielleicht auch noch die Folgen?
  • 4] Regener befasst sich ausfĂĽhrlich mit dem Begriff des Bildgedächtnisses und der Blickkultur anhand fotografischer Arbeiten; sie erklärt: »Zur Blickkultur gehören Erfahrungen mit Bildern, Traditionen der symbolischen Darstellung und die Wanderung von Bildern von einem gesellschaftlichen Bereich in den anderen, von einem Medium ins andere. Bilddiskurse strukturieren das Verhältnis von Bild und Sinngebung und die ästhetischen und politischen Wirkungen von Bildern.« (Regener, 120) Aus dieser Kultur zieht auch der Comic seine Bilder und erreicht seine Wirkung. Der 9/11-Comic beruft sich so auf frĂĽhere Bilder und ästhetisiert die Katastrophe (vgl. ebd., 124). Das Bildgedächtnis lässt Bilder wiedererkennen und produziert im Comic zeitgleich neue Bilder (vgl. ebd. 128).
  • 5] Stubblefield merkt an: »9/11 has, in the last decade, proven to be without temporal parameters [...]. Pronouncements of the disaster as a watershed occurrence repress the dual nature of this event and with it the interplay between the potentiality of the past and the present which it inflected« (Stubblefield, 187). 9/11 kann als nicht als Zäsur verstanden werden.
  • 6] Dem Wechselspiel zwischen Held und Stadt widmen sich Ahrens und Meteling ausfĂĽhrlich im Band Comics and the City. Urban Space in Print, Picture and Sequence (2010).
  • 7] Die v. a. in den Printmedien entstehende Ikonografie der Anschläge vom 11. September hat ClĂ©ment ChĂ©roux untersucht. Er hält fest, dass die Medien ein nahezu identisches Narrativ der Ereignisse entwerfen. So gibt es in den ersten Tagen nur sechs verwendete Bildtypen: 41% aller Titelseiten zeigen Bilder des Feuerballs nach der Explosion des zweiten Flugzeuges. Es folgen Bilder der Rauchwolke am Himmel Manhattans (17%), der Gebäuderuinen (14%), des Flugzeugs kurz vor dem Einschlag (13,5%), der Massenpanik auf den StraĂźen (6%) sowie das Bild dreier Feuerwehrleute, die auf den TrĂĽmmern eine amerikanische Flagge hissen (3,5%). Blickwinkel und Einstellung der Motive variieren kaum.
  • 8] Zum Vergleich kann man etwa die Aufnahmen des Fotografen Joel Meyerwitz heranziehen, die auf Ground Zero entstanden sind. Seine Bilder, aber eben auch Romita Jr.s zeichnerische Adaption fĂĽr den vorliegenden Comic schaffen aufgrund ihrer kĂĽnstlerischen Auseinandersetzung mit 9/11 eine Ă„sthetisierung des Gezeigten und dienen damit der Sinnstiftung (vgl. Stubblefield, 184).
  • 9] An dieser Stelle sei besonders auf die Geschichte Unreal von Seagle und Rouleau verwiesen, die das Spiel mit den Ebenen der Realität im 9/11-Comic auf die Spitze treibt (vgl. Seagle/Rouleau, 15–17). Einen genauen Blick auf die tribute books hat Amy Kiste Nyberg (2003) in ihrem Essay Of Heroes And Superheroes geworfen.
  • 10] Mindestens ebenso spannend ist Wrights Vergleich mit den Comics, die nach dem Angriff auf Pearl Harbor erschienen sind. Eine Untersuchung des Themas findet sich u. a. bei Scott (vgl. Scott 2007). Auch ChĂ©roux (2011) stellt einen Bezug zur Geschichte der USA, u. a. auch Pearl Harbor, in seinen grundsätzlichen Betrachtungen zur 9/11-Ikonografie her.
  • 11] Es ist spekulativ davon auszugehen, dass es weitere solcher nicht veröffentlichten oder geänderten Comic-Hefte gibt. Dennoch mag es höchst unwahrscheinlich erscheinen, dass The Authority: Widescreen als einziger Band von der Zensur betroffen ist. Hier wären verlagsinterne Kenntnisse fĂĽr eine weitere Untersuchung sicher hilfreich, wenn auch schwierig zu gewinnen.
  • 12] So stellen McDermott und Schneider bereits zwei Monate nach den Anschlägen fest: »At least 45 films were canceled, their release dates changed or altered, after terrorists hijacked four airliners.« Auch Stubblefield stellt die Unzulänglichkeit des Films im zeitnahen Umgang mit 9/11 fest: »the wake of 9/11 also saw an existential absence of images, [...] Hollywood’s unofficial ban on representations of the disaster is perhaps the most wellknown example of this phenomenon.« (5)
  • 13] Interessanterweise ist der Film statt im Oktober 2001 erst drei Monate später in die Kinos gekommen, da zuvor einige Ă„nderungen im Schnitt vorgenommen werden mussten. So wurde die Szene einer FlugzeugentfĂĽhrung durch Terroristen aus dem Film entfernt; dies zeigt abermals deutlich, dass nicht nur die Comic-, sondern auch die Filmindustrie ihre Produkte dem verunsicherten Zeitgeist anpasst.
  • 14] Stubblefield deutet das Konzept der brotherhood weiter als »a thinly veiled version of ›nationhood‹« (184). Bilder von Feuerwehrleuten sollen beispielsweise den Zusammenhalt stärken und eine nationale Identität erneut etablieren. Auch der Comicreihe The Call of Duty kann man diese Wirkungsabsicht zweifelsohne unterstellen.
  • 15] Mit Marvels brachte der Marvel Verlag 1994 eine vierteilige Miniserie auf den Markt, in der ein normaler Mensch, der Fotoreporter Phil Sheldon, im Vordergrund steht. Aus Sheldons Sicht betrachtet die Leser_in im Laufe der Serie die größten Ereignisse im Marvel Universum und den Aufstieg der Superhelden (vgl. Busiek/Ross).
  • 16] So etwa in der Captain-America-Geschichte Homeland, in der u. a. das Gefangenenlager Guantanamo Bay eine prominente Rolle spielt (vgl. Morales/Bachalo/Campbell).
  • 17] Das medial oder persönlich erfahrene UnglĂĽck mit dem KĂĽrzel ›9/11‹ stellt fĂĽr viele Menschen ein Trauma dar. Fehrle und Heinze stellen die Dissonanz zwischen Furcht und Interesse am Thema 9/11 fest: »Trauma-Repräsentationen alternieren demnach zwischen dem BedĂĽrfnis und Drang nach Repräsentation und der potentiellen Unmöglichkeit und Angst vor dieser.« (223) Ein Comic, welcher in Hinsicht auf den 11. September 2001 in der Forschung zumeist als Form einer therapeutischen Traumabewältigung gedeutet wird, ist etwa Spiegelmans In The Shadow Of No Towers (vgl. Stubblefield, 155f).
  • 18] Am Ende der Reihe Siege werden die in Civil War beschlossenen MaĂźnahmen, etwa der Superhero Registration Act, auf Bitte Captain Americas an den Präsidenten der USA unverzĂĽglich aufgehoben. Der Präsident ist nicht etwa George Bush, sondern nunmehr Barack Obama. Dessen Politik verspricht so auch im Comic einen positiven Blick gen Zukunft (vgl. Bendis/Coipel, 2010c).
  • 19] Auch Stubblefield meint: »the targeting of the World Trade Center was attributed to its status as a ›monument‹ to capitalism« (125). Gleiches gilt fĂĽr den Stark Tower; darĂĽber hinaus kann man das Gebäude als Monument fĂĽr das Heldentum der Avengers sehen. Seine symbolisch aufgeladene Zerstörung mag somit als weithin sichtbares Zeichen des Sieges ĂĽber die Helden erscheinen.
  • 20] Marvels Ultimate Universe wurde im Jahr 2000 eingefĂĽhrt. Dabei handelt es sich um eine alternative Welt, in der Marvel seine Heldengeschichten erneut und verändert, bisweilen an die heutige Zeit angepasst, erzählen konnte. Mit dem Erscheinen der Serien Secret Wars und Ultimate End findet der Ultimate Marvel Imprint ein Ende.
  • 21] Eine Sichtung diverser in New York City spielender Marvel-Serien zeigt nur wenige Beispiele in der das One World Trade Center vorkommt (vgl. z. B. Wood/Smallwood 2014 oder Posehn/Duggan/Koblish 2013).