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Comic, Körper und die Kategorie Gender
Geschlechtlich codierte Visualisierungsmechanismen im Superheld_innen-Genre

Véronique Sina (Mainz)

 

Abb. 1: Weibliche Allegorie des Comics.

Für das Bildmedium Comic spielen Körper und ihre visuellen Repräsentationen eine zentrale Rolle. Während in rein literarischen Texten Aussehen und Körper einer Figur nicht zwingend be- bzw. festgeschrieben werden müssen, ist die visuelle Darstellung von Körpern im grafischen Medium Comic programmatisch. Zeichnungen und Überzeichnungen von Körpern und Körperbildern werden nahezu unvermeidbar (vgl. Klar, 223). Körper im Comic sind jedoch niemals einfach nur Comic-, sondern immer auch Geschlechtskörper,1 wie etwa eine Zeichnung des franko-serbischen Künstlers Enki Bilal verdeutlicht (Abb. 1). Die Zeichnung, die im Dezember 2007 auf dem Cover des renommierten französischen Kunst-Magazins Beaux Arts erscheint, versucht eine Antwort auf die Frage zu geben »Qu’est-ce que la Bande Dessinée?« – Was ist die Bande Dessinée?2 (bzw. Was ist der Comic?). Dabei präsentiert Bilal den Leser_innen des Magazins eine allegorische Darstellung des Mediums, die er mit der Bildunterschrift »LA BANDE DESSINÉE« versieht. Genauer gesagt, wird ›der Comic‹ in Bilals Darstellung durch die Gestalt einer attraktiven jungen Frau verkörpert, der verschiedene charakteristische Merkmale des Mediums, wie etwa die Sprechblase (le phylactère), die Lautmalerei (l‘onomatopée) oder die Zeichnung/das Bild (le dessin), durch die schöpferische Hand des Künstlers geradezu ›auf den Leib‹ geschrieben werden. Der von Bilal präsentierte weibliche Bildkörper wird so zu einem Sinnbild der Medialität stilisiert und bezeugt dabei zugleich die zentrale Rolle der Kategorie Gender für das Medium Comic, seine zahlreichen Ausprägungen und vielfältigen Inhalte (vgl. Sina 2016, 71–75; Sina 2020).

Im Folgenden wird der sowohl konstitutiven als auch diskursiven Verbindung von Comic, Körper und der Kategorie Gender nachgegangen. Anhand der medialen Inszenierung der Amazonen-Prinzessin Diana alias Wonder Woman und der Superheldin Patience Lee alias Kick-Ass: The New Girl werden beispielhaft verschiedene Visualisierungsmechanismen geschlechtlich codierter Comickörper verdeutlicht. Indem dabei nicht nur die Kategorie Gender, sondern auch die Kategorie Race in den Blick genommen wird, soll darüber hinaus aufgezeigt werden, dass ›Geschlecht‹ niemals für sich alleine steht, sondern sich stets in einem Dialog mit anderen Strukturkategorien befindet, zu denen – neben weiteren – auch Race gehört (vgl. Packard et al., 151–184; Sina 2021a). Genau wie das ›biologische Geschlecht‹3 ist auch Race im öffentlichen sowie akademischen Diskurs lange Zeit als stabile, ahistorische und ›naturgegebene‹ Größe angesehen worden, deren vermeintliche Grundlage der menschliche Körper bildet (vgl. Köbsell, 18). Innerhalb dieser diskursiven Logik wirken Körper, Geschlecht und Race wechselseitig aufeinander ein. So werden Comicfiguren und ihre Körper, sobald sie erst einmal gezeichnet sind, automatisch in ein intersektionales Netz hegemonialer (Norm-)Zuschreibungen eingebettet (vgl. El Refaie, 72), die sie sowohl zu vergeschlechtlichten als auch zu rassifizierten Körpern werden lassen.

Überzeichnete Körper

»Die millionenfache Vervielfältigung des jungen, hübschen, schlanken und lächelnden Frauentyps entsprang der Vorstellungswelt ihrer Macher (meist Männer), um sich als Vorstellung festzusetzen, zu verstärken und neue Reproduktionen hervorzubringen« (Knigge/Schnurrer, 5) – mit dieser Beobachtung leiten Andreas C. Knigge und Achim Schnurrer 1980 ihre kommentierte Bilddokumentation über ›die Frau‹ im Comic ein, veröffentlicht unter dem Titel Bilderfrauen. Frauenbilder. Auf knapp 160 Seiten wird den interessierten Leser_innen eine reichhaltige Fülle an Frauen- und damit auch Körperbildern aus unterschiedlichsten historischen Epochen und Genres präsentiert, wie etwa der humoristischen Comicstrips des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, der in den 1930er-Jahren besonders populären Abenteuer-Comics, der Ende der 1960er-Jahren aufkommenden Underground-Comics oder aber der bis heute beliebten Superheld_innen- und Science-Fiction-Comics. Auch wenn die Autoren bereits zu Beginn ihres Werkes hervorheben, dass die von ihnen zusammengestellte Sammlung von Illustrationen keinesfalls den Anspruch auf Vollständigkeit erhebe, so zielt ihre Auswahl dennoch darauf ab, ein für das populäre Massenmedium Comic ›typisches Frauenbild‹ wiederzugeben (vgl. ebd., 3). Dieses sei – so Knigge und Schnurrer – von geschlechtlich codierten Klischees und Stereotypen geprägt, die wiederum ein ganz bestimmtes Schönheits- und Körperideal postulierten, welches die Vorlieben der sowohl männlichen Leserschaft als auch der männlichen Comicautoren und -zeichner widerspiegele (vgl. ebd., 5–6).

In der Tat legt die von Knigge und Schnurrer präsentierte Auswahl an Beispielen nahe, dass das Medium Comic durch die Repräsentation primär stereotyper Geschlechterentwürfe und idealisierter Körperbilder gekennzeichnet ist. So gehört etwa das Bild des besonders hilflosen und passiven, dafür aber umso attraktiveren weiblichen Opfers genauso zum Repertoire des Mediums, wie die Darstellung eines strahlenden, agilen, weißen, heterosexuellen, muskulösen Helden, dessen Hauptaufgabe darin besteht, die Welt und ihre Bewohner_innen vor unsäglichem Unheil zu bewahren. In diesem Sinne scheint sich der Comic also nicht unbedingt von anderen (massen-)medialen Formen – wie etwa Film oder Fernsehen – zu unterscheiden, die im Zeitalter der technischen Reproduzierbarkeit eine Tendenz zur Verallgemeinerung und zum Klischee aufweisen (vgl. ebd., 5). Berücksichtigt man jedoch den Aspekt der Medialität, so wird deutlich, dass die Tendenz des Comics zum Stereotyp und Klischee auch in dessen Darstellungstraditionen sowie spezifischer medialer Beschaffenheit begründet liegt. Wie Daniela Kaufmann ausführt, wurden beispielsweise Zeitungscomics bis in die 1960er-Jahre mit Hilfe eines als ›Stereotypie‹ bezeichneten Verfahrens hergestellt.4 »Dementsprechend wurden Comics sowohl wortwörtlich als auch im übertragenen Sinne von ›Stereotypen‹ erzeugt« – schreibt Kaufmann (Kaufmann 137). In der Tradition der Karikatur verhaftet, bedient sich das grafische Medium Comic zudem einer ganz bestimmten selbstbezüglichen, abstrakten Repräsentationsästhetik, welche als ›überzeichnete Reduktion‹ verstanden werden kann (vgl. Sina 2016, 48–57). Denn obwohl keineswegs von einem einheitlichen oder einzigen, konsequent durchgehaltenen Comicstil die Rede sein kann, sind Zeichenstile im Allgemeinen als Formen der (Über-)Codierung und Vereinfachung zu verstehen. Um mit Hilfe relativ weniger Zeichenstriche eine möglichst eindeutige (visuelle) Aussage treffen zu können, werden Figuren im Comic meist auf ihre wesentlichen Züge reduziert – und gleichzeitig überzeichnet –, so dass sie jederzeit von den Rezipierenden identifiziert und wiedererkannt werden können (vgl. Morgan, 142–143).

Bedingt durch die Serialität sowie Sequenzialität des Mediums müssen Figuren im Comic zudem immer wieder – von Panel zu Panel, Seite zu Seite oder Ausgabe zu Ausgabe – neu gezeichnet und ›wiederaufgeführt‹ werden. Um diese permanente Wiederholung möglichst effektiv gewährleisten zu können, greifen Comickünstler_innen auf ganz bestimmte Strategien zurück: »So begnügen sich manche Künstler_innen mit einer einzigen Figur oder zumindest einem sehr reduzierten Figurenpersonal oder lassen alle Figuren einander ähneln, als Variationen eines bestimmten Körpers«, formuliert etwa Elisabeth Klar (Klar, 223). Aber auch der Rückgriff auf das Darstellungsprinzip der ›überzeichneten Reduktion‹ erleichtert nicht nur die Standardisierung sowie Reproduktion von Comickörpern und -figuren, sondern bringt darüber hinaus einen gewissen Grad an Wiedererkennbarkeit mit sich. »So werden charakteristische Merkmale im Aussehen der Figuren hervorgehoben und dieselben simplifiziert. Einzelne Personen unterscheiden sich nur noch durch […] leicht wiedererkennbare und reproduzierbare Merkmale« (ebd.). Zu den reproduzierbaren Merkmalen, die eine Wiedererkennbarkeit des ›weiblichen Körpers‹ im grafischen Medium Comic gewährleisten sollen und somit ein zentrales Attribut weiblicher Figuren und ihrer ›unvermeidbaren‹ Comickörper darstellen, gehört u. a. die überzeichnete Brust. Diese dient nicht nur dazu, die binäre heteronormative Geschlechterdifferenz zwischen weiblichen und männlichen Charakteren zu vereindeutigen und zu festigen, sondern wird ebenfalls dazu genutzt, um bestimmte Frauen-Typen voneinander zu unterscheiden und zu charakterisieren. Besonders deutlich wird dies im Hinblick auf die Visualisierungsstrategien der so genannten Good und Bad Girls des Superheld_innen-Genres, wie im Folgenden genauer dargestellt werden soll.

Vergeschlechtlichte Körper

Bei der Figur der Amazonen-Prinzessin Diana alias Wonder Woman handelt es sich – nicht zuletzt dank ihres rezenten Kinofilmerfolges – bis heute um die wohl berühmteste und international populärste weibliche Superheldenfigur. Ihren ersten Auftritt hat Wonder Woman 1941 in der achten Ausgabe der All Star Comics-Serie. Hier wird die von dem amerikanischen Psychologen William Moulton Marston kreierte Protagonistin als schön wie Aphrodite, weise wie Athena, schnell wie Merkur und stark wie Herkules beschrieben. Zusätzlich zu diesen herausragenden Kräften und Fähigkeiten besitzt die attraktive Superheldin zu Beginn ihrer Comickarriere vornehmlich einen athletischen Körper. Trotz ihrer als männlich konnotierten (und damit potenziell bedrohlich wirkenden) Stärke entspricht die feminine Erscheinung der Superheldin jedoch dank weiblicher Attribute5 und weicher Rundungen – allem voran Wonder Womans wohlgeformte Brüste – dennoch dem damaligen dominierenden weiblichen Schönheitsideal:

The final artwork by Harry G. Peter depicted Wonder Woman with white skin, her hair styled into impeccable 1940s waves. A red and gold corset with a plunging back was paired with star-spangled culottes that accentuated her curves. In a few months, the duo [William Moulton Marston, Autor und Harry G. Peter, Zeichner] pushed boundaries of propriety and changed Wonder Woman into tighter, shorter shorts. Her strapless bustier began to expose varying degrees of cleavage. (Martinez, o. S.)

Als attraktive, körperbetonte Figur im knappen Superheldinnen-Kostüm trägt Wonder Woman im Golden Age6 der amerikanischen (Superheld_innen-)Comics maßgeblich zur Etablierung des so genannten Good Girl-Subgenres bei, dessen Protagonistinnen von Richard Reynolds als »superheroines« beschrieben werden, die aus zweierlei Gründen als aufregend gälten: weil sie gut aussähen und weil sie Bösewichte verprügeln könnten (Reynolds, 34).

Good Girl superheroines of the 1940s operated in the wider context of the Vargas pin-up girls, the Just Jane cartoons and sweethearts of the forces such as Betty Grable and Rita Hayworth. Good Girl art takes the signs of pornographic discourse (whips, chains, spikes heels, beautiful but blank faces) and integrates them into the context of non-pornographic story structures. (ebd.)

Mit good ist hier also nicht zwingend die moralische Überlegenheit der Protagonistinnen gemeint, sondern vielmehr der Zeichenstil bzw. ihre erotische Darstellungsweise und der damit verbundene hohe Grad ihrer körperlichen Anziehungskraft. Wie genau sich die Good Girl Art im Mainstream-Comic definiert bzw. manifestiert, reproduziert und sich von den Repräsentationsstrategien der vermehrt in den 1990er-Jahren aufkommenden Bad Girl-Comics unterscheidet, illustrieren Frank McLaughlin und Mike Gold in ihrem Buch How to Draw Those Bodacious Bad Babes of Comics (1999). Wie der vielsagende Titel bereits suggeriert, bieten die beiden Autoren ihren Leser_innen eine Anleitung für die zeichnerische Umsetzung der so genannten Bad Girls. Im Gegensatz zu den gutmütigen, erotischen Good Girls bestechen diese eher negativ konnotierten und dabei stärker sexualisierten Figuren durch ihre extreme Brutalität und Blutrünstigkeit; die wahrscheinlich prominenteste Vertreterin ist mithin auch die von Brian Pulido kreierte Lady Death (vgl. Robbins, 169).

Besonders deutlich wird die Abgrenzung der Good Girls von den Bad Girls im Hinblick auf ihre jeweiligen Körperdarstellungen, insbesondere die Repräsentationen ihrer Brüste. Wie Marilyn Yalom in ihrer Kulturgeschichte der weiblichen Brust verdeutlicht, wurde die Brust »[a]ls charakteristischer Teil des weiblichen Körpers […] seit Beginn der überlieferten Geschichte mit ›guten‹ und ›bösen‹ Konnotationen belegt« (Yalom, 11). Während die ›gute‹ Brust mit Kraft, erotischer Verführung oder Mütterlichkeit assoziiert werde, gehe »[d]ie Vision der ›bösen‹ Brust […] oft aus einer Kombination von Sex und Gewalt hervor, wie sie uns häufig in Film und Fernsehen, in der Werbung und in der Pornographie begegnet« (ebd.). In diesem Sinne können die archetypischen Good Girls als grafische Versinnbildlichung der ›guten‹ Brust verstanden werden, während es sich bei den brutalen Bad Girls um eine Verkörperung der ›bösen‹ Brust handelt. Demnach unterscheiden sich letztere nicht nur durch ihre nahezu dämonische Charakterisierung, sondern auch durch ihre visuelle Inszenierung von den Good Girls bzw. von der ›guten‹ Brust. Wie McLaughlin und Gold mit Hilfe einer Proportionsstudie illustrieren, sollen Good Girls über eine ›normale‹ Körpergröße verfügen, während Bad Girls in der Regel mindestens einen halben Kopf größer sind als ihre klassischen Pendants (Abb. 2). Im direkten Vergleich wird zudem deutlich, dass Körper sowie Brust eines archetypischen Good Girls runder und weicher gezeichnet sind als die eines Bad Girls. Der Körper eines Bad Girls besitzt nicht nur mehr zeichnerisch definierte Muskeln, wild zerzauste lange Haare und deutlich längere Beine. Auch ihre anatomisch unmöglich schlanke Taille sowie ihre auffallend großen, straffen Brüste tragen dazu bei, das hyper-sexualisierte Figurenstereotyp des Bad Girls zu definieren, es identifizierbar, unterscheidbar und gleichzeitig wiedererkennbar zu machen.

Abb. 2a/b: Good Girls vs. Bad Girls.

Geschlechtlich codierte Überzeichnungen dieser Art lassen sich natürlich auch in der Darstellung männlicher Superhelden und ihrer Körper ausmachen. Wie Aaron Taylor in seinem Beitrag »He’s Gotta Be Strong, and He’s Gotta Be Fast, and He’s Gotta Be Larger Than Life«: Investigating the Engendered Superhero Body (2007) verdeutlicht, zeichnen sich Superhelden bzw. ihre Comickörper in der Regel durch eine grenzüberschreitende Qualität aus, welche sich u. a. in anatomischen Übertreibungen, wie etwa der besonders muskulösen, hypermaskulinen Brust, manifestiert (vgl. 345–347). Gleichzeitig ist jedoch zu bemerken, dass die männliche Sexualität im Vergleich zur hyper-sexualisierten Darstellung von Superheldinnen weitaus weniger hervorgehoben wird »and that men’s athletic abilities are stressed far above and beyond attractiveness« (Robbins, 166).

Abb. 3: Catwoman im körperbetonten

Superheldinnen-Kostüm.

Der Trend zum großbusigen Bad Girl als Fetischobjekt männlicher Begierde bringt in den 1990er-Jahren nicht nur neue Figuren wie etwa Red Monika, Danger Girl oder die zuvor erwähnte Lady Death hervor,7 sondern erfasst ebenfalls bereits etablierte Comiccharaktere – wie auch Trina Robbins in ihrem Buch The Great Women Super Heroes (1996) bemerkt: »By the nineties, comic books had become not merely a boy’s club, but a Playboy Club. Using a kind of secular logic, editors at the major comic companies continue to produce sex object-heroines which appeal to a male audience« (Robbins, 166). So erhält beispielsweise die bereits in den 1940er-Jahren zum ersten Mal erschienene Catwoman Anfang der 90er bei DC Comics endlich ihre eigene Heftreihe – ein Umstand, der nicht zwingend als Emanzipation der Figur, sondern als Zuspitzung einer dem männlichen Publikum dienenden Warenlogik zu lesen ist, was sich im kommerziellen Erfolg der Bad Girl-Comics im Allgemeinen widerspiegelt (vgl. ebd., 169).8 Damit verbunden ist entsprechend auch eine Veränderung des Erscheinungsbildes der Catwoman-Figur: Den darstellerischen Konventionen der Bad Girl Art entsprechend kommt die filigrane Katzenfrau nunmehr im hautengen Kostüm mit sexy geschwungenen Hüften, langen Beinen und »enormous, exaggerated breasts« (ebd., 166) daher (Abb. 3). Im Zuge des Bad Girl-Booms erhält auch Wonder Woman, die in den 1970er-Jahren zur Ikone der Frauenbewegung avancierte,9 in den 90ern erneut ihr eigenes Comicheft und durchläuft unter der Feder des brasilianischen Comiczeichners Mike Deodato Jr. dabei zugleich eine visuelle ›Überarbeitung‹, die den Feministinnen der ersten Welle vermutlich nicht gefallen hätte und die Les Daniels wie folgt zusammenfasst:

What Deodato brought to the series was the most overtly eroticized version of Wonder Woman to see print: a long-legged, full-bosomed, sloe-eyed beauty who may have been an impossible caricature of a woman but by the same token was powerful cartooning. (Daniels, 186)

Dementsprechend wird die Figur der Wonder Woman in der von Mike Deodato Jr. (Zeichner) und William Messner-Loebs (Autor) inszenierten Mini-Serie The Contest (1994–1995) vornehmlich in unnatürlichen Posen gezeigt, welche besonders dynamisch wirken sollen und die körperlichen Reize der Superheldin – insbesondere ihre absurd langen Beine, ihren straffen Hintern, ihre schmale Taille und ihre überdimensionierten Brüste – prominent in Szene setzen. Dies lässt sich auch auf den ersten drei Seiten der auf dem deutschen Markt unter dem Titel Die Rückkehr der Amazonen-Prinzessin. Wonder Woman (1998)10 bei Dino Comics erschienenen Storyline beobachten. Den Konventionen des Superheld_innen-Genres folgend, beginnt das erste Comicheft der insgesamt sechsteiligen Serie11 auf der rechten Seite zunächst mit einem splash panel,12 welches die Protagonistin ganzfigurig zeigt. Als wäre sie einer Zeichenvorlage von McLaughlin und Gold entsprungen, wird Wonder Woman hier mit wehender Haarpracht, gespreizten Beinen und leicht gedrehtem Körper dargestellt, so dass zwar das Gesicht der Superheldin kaum zu erkennen ist, dafür aber ihre markanten Brüste deutlich zu sehen sind (Abb. 4). Die folgende Doppelseite präsentiert den Leser_innen eine dynamische Panelsequenz, die einer Bewegungs- bzw. Körperstudie gleicht und durch den Einsatz der gewählten Posen, Perspektiven und fragmentierten Bildausschnitte eine detaillierte, oder besser gesagt voyeuristische Betrachtung der knapp bekleideten Superheldin ermöglicht.13 Aber auch im weiteren Verlauf der Mini-Serie werden immer wieder einzelne Körperteile, allem voran die überzeichneten Brüste der Protagonistin (sowie der anderen weiblichen Charaktere) hervorgehoben, fokussiert und damit sexualisiert.

Abb. 4: Sexy Wonder Woman.

Die Überzeichnung des weiblichen Körpers im Rahmen der Bad Girl Art bringt sowohl im Falle von Wonder Woman als auch von Catwoman eine Steigerung der Verkaufszahlen mit sich (vgl. Robbins, 166). Der Erfolg der Bad Girls beschränkt sich jedoch nicht ausschließlich auf die Comicindustrie. Mit der Cyberheldin Lara Croft, deren große Brüste maßgeblich zu ihrem Erfolg beitrugen, lässt sich ebenfalls im Video- und Computerspiel der 1990er-Jahre ein Trend zu »extreme versions of the sexy, tough female« (Herbst, 28; Herv. im Orig.) ausmachen. In diesem Zusammenhang bemerkt Claudia Herbst: »[v]irtual females such as Lara negotiate the loopholes of the provocatively acceptable. Her measurements, at times verging on the obscene, at times on the absurd, defy not only nature but also the properties of silicon« (ebd.). Genau wie bei den Bad Girls des Comics handelt es sich also auch bei digital generierten hyper-sexualisierten Heldinnen à la Lara Croft um geradezu groteske Figuren, deren Körper im Allgemeinen – und Brüste im Speziellen – jeglichem anatomischen ›Realismus‹ entsagen.

Daher verwundert es auch nicht, dass die sexualisierte Darstellung knapp bekleideter (Super-)Heldinnen mit überdimensioniertem Busen immer wieder feministische Proteste auslöste. Beispielhaft sei hier das 1998 gegründete und ausschließlich von Frauen herausgebrachte Web-Zine Sequential Tart erwähnt. Als direkte Reaktion auf die fantastischen Proportionen der Bad Girls findet sich etwa im Rahmen der Kolumne Bizarre Breasts eine Anleitung für die anatomisch korrekte Repräsentation weiblicher Brüste im Comic (vgl. Malnassy, o. S.). Neben einem Plädoyer für realistischere Proportionen, weniger Dekolleté und die Berücksichtigung simpler physikalischer Gesetze (wie beispielsweise der Schwerkraft) werden die Leser_innen des Artikels ebenfalls auf die Vielfalt unterschiedlicher Brusttypen, -größen und -formen hingewiesen, die im Medium Comic ihre zeichnerische Umsetzung finden sollten.14

Rassifizierte Körper

Zu Beginn seines Aufsatzes Das Licht der Welt. Weiße Menschen und das Film-Bild bemerkt der britische Film- und Kulturwissenschaftler Richard Dyer, dass Körper »nicht nur von Geschlecht, sondern auch von ›Rasse‹ definiert werden« (Dyer, 177). Mit ›Rasse‹ bzw. Race ist hier eine »erkenntnistheoretische politische Kategorie« (ebd., 178) gemeint, die, wie auch Dyer konstatiert, im Rahmen einer kritisch-reflexiven Betrachtung medialer Artefakte »umfassend behandelt und analysiert werden« (ebd.) muss. Genau wie bei der Kategorie Gender handelt es sich auch bei Race um eine soziale Konstruktion, die es von einem biologischen, essenzialistischen ›Rassen‹-Begriff und  Verständnis zu unterscheiden gilt (vgl. u. a. Kimmich et al.). Ähnlich wie die Kategorie Gender ist also auch Race als »biologisch und sozial konstruiertes Ordnungsprinzip« (Lutz, 220) zu verstehen und nicht als ahistorische kulturelle Konstante. Und genau wie die Kategorie Gender steht auch die Kategorie Race niemals für sich allein, sondern ist stets in ein komplexes Gefüge intersektionaler Relationen eingebettet. Daher gilt es, Race, Gender und weitere differenzstiftende Strukturkategorien in »ihrer zeitlichen und räumlichen Dis-Kontinuität« (ebd.) zu begreifen und ihre wechselseitigen Verknüpfungspunkte zu analysieren.15 Um dies zu verdeutlichen soll im Folgenden die von Mark Millar und John Romita Jr. kreierte Superheld_innen-Serie Kick-Ass: The New Girl (2018) näher beleuchtet werden.

Protagonistin der bis dato 18-teiligen Comicreihe16 ist die Afro-Amerikanerin Patience Lee, eine Soldatin der US Army, die nach ihrem letzten Einsatz in Afghanistan zu ihrer Familie nach Albuquerque in New Mexico zurückkehrt und feststellen muss, dass ihr Ehemann während ihrer Abwesenheit fremdgegangen ist und sie und ihre zwei Kinder verlassen hat. Um sich und ihre Familie finanziell über Wasser zu halten, arbeitet die nunmehr alleinerziehende Veteranin zunächst als Kellnerin, doch der schlecht bezahlte Job reicht nicht aus, um den von ihrem Mann angehäuften Schuldenberg zu begleichen. Anstatt das Jobangebot ihres in zwielichtige Gang-Geschäfte verwickelten Schwagers anzunehmen, beschließt Patience ihre kämpferischen Fähigkeiten dazu einzusetzen, die Kriminellen, die ihre Nachbarschaft fest im Griff haben, auszurauben, um so ihre finanziellen Probleme zu lösen und dabei gleichzeitig etwas Gutes zu tun.17 Mit dem Ziel, ihre wahre Identität zu verbergen, schlüpft Patience in einen grünen Taucheranzug, der sie prompt zur maskierten Superheldin werden lässt. Damit tritt die Protagonistin in die Fußstapfen des 16-jährigen Dave Lizewski, dem ›original‹ Kick-Ass und ›Vorgänger‹ von Patience, der in der von Autor Mark Millar und Zeichner John Romita Jr. kreierten Erfolgsserie Kick-Ass von 2008 bis 2010 als real life superhero in den Straßen von New York auf Verbrecherjagd ging.18 Während der weiße, mittelständische Dave (alias Kick-Ass) jedoch über keinerlei spezielle Fertigkeiten verfügte, sich lediglich aus Langeweile verkleidete und bei seinem ersten Auftritt als Superheld kläglich scheiterte und von der Superheldin Hit-Girl gerettet werden musste (vgl. Millar und Romita Jr. 2008, unpag.), meistert ›die Neue‹ Kick-Ass ihre erste Bewährungsprobe mit Bravour und überwältigt sämtliche Gegner im Rahmen einer äußerst brutalen Auseinandersetzung souverän und ohne fremde Hilfe (ebd.).

Mit Kick-Ass: The New Girl präsentieren Millar und Romita Jr. ihren Leser_innen eine Remedialisierung der im Marvel Icon Verlag publizierten Comicserie, die auf den ersten Blick mit einer für das Superheld_innen-Genre ungewöhnlich diversen Protagonistin besticht. Wie Millar selbst in einem Interview mit dem amerikanischen Unterhaltungsmagazin Entertainment Weekly formuliert, handelt es sich bei alleinerziehenden, afro-amerikanischen »mom heroes« aus der Arbeiterklasse bis heute um eine Seltenheit im populären Superheld_innen-Genre: »I’m a big fan of things I haven’t seen before, and superhero mothers are, as far as I’m aware, in short supply. Since 1938, most superheroes have tended to come from the same socioeconomic background, same ethnicity, and same class, so the stories can often feel a little generic« (Millar zit. n. Holub, o. S.).19 Die von Millar beschriebene mangelnde Diversität des Genres wird auch von Frances Gateward und John Jennings konstatiert, wenn die beiden Autor_innen in der Einleitung zu ihrem Sammelband The Blacker the Ink: Constructions of Black Identity in Comics and Sequential Art (2015) bemerken, dass das Superheld_innen-Universum nach wie vor überwiegend männlich und weiß geprägt sei:20

The genre of the superhero is very much a white-male-dominated power fantasy that is itself very much based in ideas around physical performance and power in relation to the negotiation of identity. Because the Black body has historically been linked to physicality and not intelligence, the depictions of Black superheroes already have inherent issues built into the very conventions of the genre. (Gateward/Jennings, 4–5)

So sehen gängige Konventionen des Superheld_innen-Genres beispielsweise vor, dass Schwarze Frauenfiguren, wie etwa die populäre Marvel Superheldin Storm, eine Reihe rassifizierter und geschlechtlich codierter Eigenschaften aufweisen, die sie im Rahmen eines in kolonialen Denkmustern verhafteten Prozesses des othering als hypersexualisiert, animalisch, mysteriös, exotisch und fremd charakterisieren (vgl. Brown, 137–138; Dalbeto und Oliveira, 4–5). Dementsprechend besitzt Storm etwa die Superkraft, das Wetter kontrollieren zu können und bekräftigt damit das Stereotyp der vermeintlichen ›Naturverbundenheit‹ von Frauen im Allgemeinen und ›wilden‹ Schwarzen Frauen im Speziellen.21 Die Tatsache, dass Storm die Kontrolle über ihre Superkräfte verliert, wenn sie zu emotional wird, führt darüber hinaus zur Reproduktion und Verfestigung der stereotypen Annahme, Frauen und people of colour seien per se besonders leidenschaftlich, irrational und affektiv (vgl. Cocca, 6).

In seinem Aufsatz Panthers and vixens: Black superheroines, sexuality, and stereotypes in contemporary comic books (2013) weist auch Jeffrey A. Brown auf die am Beispiel von Storm beschriebene intersektionale »twin burden« (Brown, 137) rassistischer und sexistischer Stereotypisierung in populären Bildmedien hin. Er argumentiert: »Black women in the media, especially within the superhero genre, are still constructed as exotic sexual spectacles, as erotic others« (Brown, 134).22 Daher verwundert es nicht, dass das Medium Comic im Allgemeinen sowie das Superheld_innen-Genre im Speziellen einen fruchtbaren Nährboden für die Repräsentation rassifizierter Stereotype liefert.23 In seinen Ausführungen zu Marvels Black Panther: Deadliest of the Species (Hudlin/Lashley) und DCs Vixen: Return of the Lion (Wilson et al.), arbeitet Jeffrey A. Brown rekurrierende Themen und Darstellungsmodi heraus, die er als charakteristisch für die stereotype Repräsentation Schwarzer Superheldinnen in der sequenziellen Kunst erachtet. Während Superheld_innen-Narrative in der Regel in realen oder fiktiven US-amerikanischen Städten angesiedelt sind, um den Protagonist_innen die Möglichkeit zu geben, den American Way of Life auf heimischem Boden zu verteidigen, dient in beiden von Brown analysierten Comics der ›dunkle Kontinent‹ Afrika als exotisches und unheilvolles Setting. Gefährliche wilde Tiere wie Panther und Löwen sind hier genauso Teil der Szenerie wie mysteriöse Voodoo-Praktiken (vgl. ebd., 142). Dieser deutliche Hang zum Exotismus findet sich ebenfalls in den animalischen Kostümen und Superkräften der Schwarzen Protagonistinnen: »This animalistic association is a clear remnant of colonial stereotypes that characterized African women as the embodiment of an abnormal, voracious and almost beastial sexuality« (ebd., 143).

      

Abb. 5a/b: Rassifizierte Hypersexualisierung im Superheldinnen-Comic.

Die rassifizierte Hypersexualisierung, welche die ›sexuelle Natur‹ der Schwarzen Protagonistinnen und ihrer Körper als animalisch und damit als von der menschlichen Norm abweichend markiert, tritt in der Covergestaltung der von Jeffrey A. Brown analysierten Comics besonders zum Vorschein. So zeigt das Cover von Black Panther: Deadliest of the Species die Superheldin Shuri (alias Black Panther) in einem hautengen mit Fellkragen besetzten schwarzen Kostüm, wie sie sich lasziv und in bester Pin-Up-Tradition an einen Dschungelbaum lehnt und dabei einen zähnefletschenden Panther streichelt. Durch das extrem enganliegende Kostüm werden ihre üppigen runden Brüste, die anatomisch unmöglich schlanke Taille und ihre sexy Hüfte auffallend betont (Abb. 5a).24 Der Fellkragen, die krallenähnlichen Finger und spitzen Ohren sowie die lange, aus knochenartigen Gebilden bestehende Kette, die sie um den Hals trägt, komplettieren die überzeichnete, körperbetonte Inszenierung der ›sexy Raubkatze‹.

Ein ähnliches Motiv ist auch auf dem Cover von Vixen: Return of the Lion zu sehen. Hier wird die Protagonistin in verführerischer Pose dargestellt, wie sie mit langen, übereinandergeschlagenen Beinen im hohen Gras einer wilden Steppe sitzt (Abb. 5b). Hinter ihr, ebenfalls im hohen Gras sitzend, sehen wir einen majestätischen Löwen mit wallender Mähne, an den sich Vixen schmiegt. Genau wie Black Panther trägt auch sie ein hautenges Kostüm, das ihre körperlichen Reize unterstreicht und dabei zugleich ihre animalischen Züge hervorhebt. Und genau wie Black Panther ähnelt auch ihre äußere Erscheinung (u. a. in Farbigkeit und Haarpracht) der des wilden Tieres, das sich neben bzw. hinter ihr befindet. Für Brown handelt es sich bei diesen beiden Covermotiven um »symbolic images« (Brown, 144), deren naturalisierende Stereotypisierung nicht nur exemplarisch für die comictypische Sexualisierung und Objektifizierung von Superheldinnen in populären Bildern, sondern ebenfalls für eine rassifizierte Fetischisierung Schwarzer Frauenfiguren und ihrer Körper(bilder) steht.

Auf dem Cover von Kick-Ass: The New Girl. Book One (2018) wird die Protagonistin der Comicreihe ebenfalls prominent in Szene gesetzt. Im Gegensatz zu der am Beispiel von Black Panther und Vixen beschriebenen mehrdimensionalen Verschränkung von stereotyper Exotisierung und Hypersexualisierung wird hier jedoch auf eine andere Form der Bild- und Körpersprache zurückgegriffen (Abb. 6). So ist der grüne Taucheranzug, den Patience auf dem Cover trägt und der ihre Superheld_innnen-Identität als Kick-Ass maßgeblich definiert, zwar durchaus figurbetont. Im Vergleich zu den extrem sexualisierten Outfits von Black Panther und Vixen bedeckt er allerdings den schlanken, androgynen Körper der Superheldin, ohne ihn dabei zu fetischisieren. Insgesamt wirkt die Kostümierung der Protagonistin schlicht und funktional. Während Panther und Vixen in erotischen Posen und mit verführerischem Blick vor aufwändiger Kulisse inszeniert werden, sehen wir Patience alias Kick-Ass, wie sie vor einem leeren Hintergrund steht, die Maske ihres Superheldinnen-Kostüms in ihren Händen hält und dabei die Rezipierenden mit einem entschlossenen, kämpferischen Blick direkt anschaut. Bei Patience alias Kick-Ass handelt es sich hier also nicht um die Verkörperung eines passiven ›erotischen Spektakels‹, das ausschließlich angesehen wird. Den Rezipierenden wird hier vielmehr eine selbstbewusste Frau präsentiert, die sich ›aufrichtet‹25 und sich aktiv aus ihrer misslichen Lage zu befreien versucht, indem sie in die Rolle der ›neuen Kick-Ass‹ schlüpft und sich so von einem kolonisierten Schwarzen Objekt zu einem selbstbestimmten Schwarzen Subjekt emanzipiert. Denn wie bell hooks verdeutlicht, ist und war das Hinsehen bzw. das Erwidern eines Blickes »weltweit eine Geste des Widerstands für kolonisierte Schwarze« (hooks, 93).

Abb. 6: Alternative Bildsprache in Kick-Ass: The New Girl.

Auch wenn Patience über keine besonderen Superkräfte verfügt, handelt es sich dennoch um eine äußerst fähige und heroische Figur, die nicht nur ihre überdurchschnittliche Kampfkunst und ihren athletischen Körper, sondern auch ihren Intellekt einsetzt, um ihre Ziele zu erreichen.26 Neben dem Wunsch, der Schuldenfalle zu entkommen, ist ihr ›heldenhaftes‹ Handeln primär von Uneigennützigkeit und Selbstlosigkeit geprägt.27 Damit widerspricht ihre Charakterisierung sowohl der rassistischen Annahme, Schwarze seien per se nicht vertrauenswürdig und inkompetent (vgl. Whaley, 20) als auch einer stigmatisierenden Etikettierung als welfare queen, einem vor allem im angloamerikanischen Raum weit verbreiteten diskriminierendem Stereotyp, das Schwarze alleinerziehende Mütter als faul, promiskuitiv und nutznießerisch diffamiert und dadurch das Zusammenspiel der differenzstiftenden Kategorien Race, Klasse und Gender verdeutlicht (vgl. Foster): »The welfare queen is an image of an uneducated, poor, single Black woman who does not want to work but has many children in order to take advantage of public assistance« (Rosenthal/Lobel, 416).28

Obwohl Patience Lee alias Kick-Ass zu einer vermehrten Sichtbarkeit Schwarzer Frauenfiguren im Superheld_innen-Comic beiträgt und dabei bestimmte stereotype Erzähl- und Darstellungsformen (phasenweise) unterläuft, ist in Kick-Ass. The New Girl jedoch leider keine dauerhafte Unterminierung rassistischer und sexistischer Stereotypisierung zu beobachten. Dies wird deutlich, wenn alle bis dato erschienen 18 Ausgaben der Superheld_innen-Serie in den Blick genommen werden. Während Patience im ersten Band der Comicreihe noch als androgyne Protagonistin im funktionalen Taucheranzug-Kostüm daherkam, ist im Verlauf der Serie eine deutliche Veränderung bezüglich ihrer Körperdarstellung und (visuellen) Charakterisierung zu beobachten. Unter der Federführung von Autor Steve Niles und Zeichner Marcelo Frusin, die sich ab Ausgabe sieben bzw. Band zwei für die Umsetzung der Comicserie verantwortlich zeichnen, wandelt sich Patience zu einer überzeichneten sexy Schwarzen Superheldin mit prallen ›weiblichen Rundungen‹, die durch ein hautenges Kostüm besonders hervorgehoben werden. Im Zuge dieses visuellen ›Makeovers‹ nimmt nicht nur die Oberweite der Protagonistin deutlich zu, während sich ihre Taille merklich verkleinert. Auch ihre Gesichtszüge werden weicher und femininer (vgl. Niles/Frusin 2019a; Niles/Frusin 2019b).

Im zweiten und dritten Band der Kick-Ass. The New Girl-Reihe lassen sich außerdem wiederholt Panels ausmachen, die die Protagonistin von der Taille abwärts und vornehmlich von hinten zeigen und so ihren ebenfalls deutlich an Umfang zugenommen Hintern fokussieren und fetischisieren (Abb. 7). Indem der Po der Superheldin durch spezifische Posen, Perspektiven und fragmentierte Bildausschnitte explizit in Szene gesetzt wird, reproduzieren die Macher der Serie nicht nur eine voyeuristische Ästhetik, die auf Objektifizierung und Sexualisierung setzt.29

Abb. 7: Voyeuristische Ästhetik in Kick-Ass: The New Girl.

Mit dem expliziten Fokus auf den Hintern der Protagonistin schreibt sich die Bildsprache des Comics in eine sowohl diskriminierende als auch pathologisierende Tradition ein, die weibliche Sexualität im Allgemeinen und die Sexualität Schwarzer Frauen im Speziellen »mit dem Bild des Gesäßes verknüpft« (Gilman, 132), wie Sander L. Gilman bereits 1985 in seinen Ausführungen zur Ikonografie weiblicher Sexualität im 19. Jahrhundert konstatiert. Am Beispiel der historischen Figur Saartje Baartman zeigt Gilman die historische Verschränkung von (wissenschaftlichem) Rassismus und Sexismus auf. Dabei erläutert er, wie Baartman Anfang des 19. Jahrhunderts versklavt und nach London gebracht worden war, wo sie aufgrund ihrer körperlichen Merkmale, allem voran wegen ihres markanten Hinterteils, als ›exotische Kuriosität‹ ausgestellt wurde und unter dem Namen ›Hottentotten-Venus‹ traurige Berühmtheit erlangte.30

Fazit

Den Ausgangspunkt für die hier vorliegenden Überlegungen zu Comic, Körper und Gender bildete die allegorische Zeichnung La Bande Dessinée (2007) des franko¬serbischen Künstlers Enki Bilal. Als grafische Antwort auf die Frage »Qu’est-ce que la Bande Dessinée?« konzipiert, verdeutlicht Bilals Zeichnung die geschlechtliche Codierung des Mediums und macht so auf die im Comic eingelassenen diskursiven Bezeichnungs- und Zuschreibungsprozesse aufmerksam. Denn obwohl der Vielfalt von Körperentwürfen und -bildern im grafischen Medium Comic theoretisch keine Grenzen gesetzt sind, handelt es sich zumindest bei den hier präsentierten Anatomien und Physiognomien stets um überzeichnete Reduktionen, die nicht nur einen deutlichen Hang zur Stereotypie, sondern stets auch soziokulturelle und differenzstiftende Markierungen aufweisen, die es im Rahmen einer kritisch-reflexiven Analyse zu untersuchen und zu hinterfragen gilt. So wurde in diesem Beitrag anhand der Superheldinnen Wonder Woman und Patience Lee (alias Kick-Ass. The New Girl) nicht nur exemplarisch die konstitutive Verbindung von Comic, Körper und Geschlecht veranschaulicht, sondern auch das interdependente Zusammenspiel von Gender mit anderen Strukturkategorien wie etwa Race aufgezeigt und verdeutlicht, wie im Medium Comic soziokulturelle Vorstellungen von geschlechtlich und ethnisch codierter Körperlichkeit repräsentiert und verhandelt werden.

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Abbildungsverzeichnis

  • Abb. 1: Bilal, Enki: La Bande Dessinée. In: Beaux Arts magazine hors-série: »Qu’est-ce que la Bande Dessinée?«. Boulogne: Beaux Arts editions, 2007, Cover.
  • Abb. 2a/b: McLaughlin, Frank, & Gold, Mike: How to Draw Those Bodacious Bad Babes of Comics. Los Angeles: Renaissance Books, 1999, S. 12–13.
  • Abb. 3: Aus: Robbins, Trina: The Great Women Super Heroes. Northampton: Kitchen Sink Press, 1996, S. 163.
  • Abb. 4: Deodato Jr., Mike (P) und William Messner-Loebs (W): Die Rückkehr der Amazonen-Prinzessin! Wonder Woman. #1, Juli 1998. Karlsruhe: Dino Verlag, 1998, S. 1.
  • Abb. 5a/b: Hudlin, Reginald (W) und Ken Lashley (P): Black Panther. Deadliest of the Species. New York: Marvel, 2009, Cover (links, a); Wilson, G. Willow (W), Santiago Arcas (W), Cafu (P): Vixen: Return of the Lion. New York: DC Comics, 2009, Cover (rechts, b).
  • Abb. 6: Millar, Mark (W) und John Romita Jr. (P): Kick-Ass: The New Girl. Book One. Portland: Image, 2018, Cover.
  • Abb. 7: Niles, Steve (W) und Marcelo Frusin (P): Kick-Ass: The New Girl. Book Two. Portland: Image, 2019b, unpag..

 

  • 1]   Zur Verzahnung von Körper- und Genderdiskursen siehe auch Krüger-Fürhoff.
  • 2]   Bei dem Begriff ›Bande Dessinée‹ handelt es sich im Allgemeinen um die französische Bezeichnung für das Medium Comic (vgl. Knigge, 330). Darüber hinaus wird der Begriff ›Bande Dessinée‹ auch speziell als Bezeichnung für einen französischen bzw. franko-belgischen Comic verwendet.
  • 3]   Zur Sex/Gender-Differenz siehe u. a. Stephan und von Braun.
  • 4]   Der Begriff der Stereotypie bezeichnet ein Verfahren, »bei dem von fertig gesetzten Vorlagen mit beweglichen Lettern ein Abdruck (›Mater‹) genommen wurde, der dann selbst zur Druckvorlage weiterverarbeitet werden konnte. Dieses Verfahren ermöglichte den Einsatz der Druckvorlage (gegebenenfalls auch mit mehreren Kopien) im schnelleren Rotationsdruck und wurde insbesondere im Zeitungssatz verwendet« (Herrmann, o. S.). Aber nicht nur bei der Stereotypie (bzw. dem Stereotyp) handelt es sich um einen Begriff, der ›Schrift- und Druckkunst‹, der im Laufe der Zeit in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen ist. So geht etwa der »Fachbegriff Klischee […] auf das französische Cliché zurück [und] ist die Bezeichnung für die Nachbildung eines Originals in irgendeinem Produkt (Holz, Kupfer, Messing, Zink usw.), die geeignet ist, in der Buchdruckpresse als Druckstock benutzt zu werden. So wurden zum Beispiel von Holzschnitt-Bildern und anderen Illustrationen Klischees angefertigt, die dann wie einzelne Bleisatzlettern in einer Hochdruckvorlage eingesetzt werden konnten« (ebd.).
  • 5]   Im Verlauf der Comicserie wird Wonder Womans als männlich konnotierte Stärke zudem eine Reihe stereotyper weiblicher Eigenschaften, wie beispielsweise Milde, Gutmütigkeit oder Emotionalität, entgegengesetzt.
  • 6]   Das ›goldene Zeitalter‹ der amerikanischen Superheld_innen-Comics umfasst in der Regel die Zeitspanne zwischen Ende der 1930er- und Mitte der 1950er-Jahre (vgl. Ditschke und Anhut, 163).
  • 7]   Für eine entsprechende Ãœbersicht zum Frauenbild im amerikanischen Comic siehe u. a. Klähr.
  • 8]   Anfang der 2000er erhalten auch die für ihre ausladenden Dekolletés und knappen Outfits berühmten Figuren Red Sonja und Power Girl – die beide bereits in den 1970-ern zum ersten Mal auf dem Comicmarkt erscheinen – (erneut) ihre eigenen Heftreihen.
  • 9]   Im Juli 1972 erscheint Wonder Woman als ikonische Figur der Women’s Liberation-Bewegung auf dem Cover des feministischen Ms. Magazine (vgl. Daniels, 131–132).
  • 10] Auf dem US-amerikanischen Markt wurde die storyline unter dem Titel The Challenge of Artemis (1994) publiziert.
  • 11] Im Juni 1998 erscheint im Dino Verlag zudem die Neuauflage der Wonder Woman origin story als Wonder Woman-Heft Nr. 0.
  • 12] Bei einem splash panel handelt es sich um ein Bild, welches sich über die gesamte Comicseite erstreckt.
  • 13] Wonder Woman wird zunächst heimlich von einer unbekannten Person beobachtet, bevor sie dann aus einem Hinterhalt heraus angegriffen wird.
  • 14] Für weitere kritische Auseinandersetzungen mit den hyper-sexualisierten Figuren des ¬Superheld_innen-Genres siehe u. a. Sneddon; Bricken.
  • 15] So bemerkt auch Stuart Hall, dass »die zentralen Themen der ›Rasse‹ historisch immer in einer Artikulation und Formation mit anderen Kategorien und Spaltungen erscheinen« (Hall, 19) und sich permanent mit anderen Strukturkategorien, wie etwa Klasse, Körper und Geschlecht, überkreuzen.
  • 16] Die Serie Kick-Ass: The New Girl erscheint seit September 2018 im Image Verlag. Neben den Einzelheft-Publikationen sind die bis dato erschienenen 18 Episoden der Serie auch in drei Comicbänden publiziert worden, die jeweils sechs Hefte umfassen.
  • 17] Einen Teil ihrer Beute spendet die Superheldin an Hilfsbedürftige und verschiedene Wohltätigkeitsorganisationen (vgl. Millar und Romita Jr. 2018, ).
  • 18] Für eine ausführliche Analyse der Comicserie Kick-Ass in Bezug auf die Kategorien Gender und Queer siehe Sina 2016.
  • 19] Wie Carolyn Cocca ausführt, betrifft die mangelnde Diversität bzw. Geschlechterparität im Superheld_innen-Genre nicht nur die Repräsentations-, sondern auch die Produktionsebene: »Only 9‒15 % of superhero comics (the number of titles varies slightly each month) star female characters. A few more co-star female and male characters in equal numbers; most titles with ensemble casts do not. About 5‒9 % of superhero comics are penciled by women and about 10‒16 % are written by women […]. As points of comparison, in 2010, about 6 % of superhero comics starred female characters; in 2000, about 5 %« (Cocca, 12).
  • 20] Eine Beobachtung, die auch von Carolyn Cocca geteilt wird: »For the last 75 years, female superheroes have been much less numerous, much more often stereotyped, much more often sexualized and much less likely to drive the action than their male counterparts. They’ve also been mostly white, cisgender, non-queer and non-disabled« (vgl. Cocca, 1).
  • 21] Zu rassistischen Repräsentationsregimen bzw. zur (Re-)Produktion rassifizierter und sexualisierter othering-Prozesse siehe auch Hall sowie Gilman.
  • 22] Mit dem Prinzip der Stereotypisierung, ist – wie Stuart Hall darlegt – stets ein Effekt der Essentialisierung, Differenzierung und Naturalisierung verbunden. In diesem Sinne reduziert Stereotypisierung »Menschen auf einige wenige, einfache Wesenseigenschaften, die als durch die Natur festgeschrieben dargestellt werden« (Hall, 143).
  • 23] Mit Bezug zur Repräsentation rassifizierter Stereotype im Comic bemerkt etwa Marc Singer: »Comics rely upon visually codified representations in which characters are continually reduced to their appearances, and this reductionism is especially prevalent in superhero comics, whose characters are wholly externalized into their heroic costumes and aliases. This system of visual typology combines with the superhero genre’s long history of excluding, trivializing, or ›tokenizing‹ minorities to create numerous minority superheroes who are marked purely for their race« (Singer, 107). In seinem Aufsatz »Schwarze Körper, weiße Körper. Zur Ikonografie weiblicher Sexualität« bemerkt Sander L. Gilman, dass visuelle Konventionen und Stereotype, je nach Repräsentationsmodi entweder verdeckt und naturalisiert oder aber offen dargelegt und reflektiert werden können. Als Beispiel für eine mögliche offene Reflexion und Thematisierung nennt Gilman die Karikatur. Die Porträtmalerei des 18. Jahrhunderts dient ihm dagegen als Beispiel für eine naturalisierende Darstellung (vgl. Gilman, 119). Die hier dargelegten Beobachtungen beziehen sich auf Mainstream-Superheld_innen-Comics, die durch den Einsatz ihrer narrativen und formal-ästhetischen Mittel eher einen naturalisierenden als einen reflektierenden Effekt evozieren.
  • 24] Für eine detaillierte Auseinandersetzung mit überzeichneten Comic-Körperdarstellungen am Beispiel der weiblichen Brust siehe Sina 2021b.
  • 25] Das Cover zeigt Patience alias Kick-Ass in leicht gebeugter Haltung. Ihr entschlossener, widerspenstiger Blick lässt jedoch vermuten, dass die hier dargestellte Pose ein symbolisches sich ›Erheben‹ und ›Aufrichten‹ suggeriert.
  • 26] Im Verlauf des Comics entpuppt sich Patience nicht nur als taktisch kluge Anführerin, sondern sie versucht ebenfalls ihren College-Abschluss in Bauingenieurwesen zu machen.
  • 27] Laut Peter Coogan stellt selbstloses Handeln ein grundlegendes Merkmal der Superheld_innen-Mission und damit des Superheld_innen-Genres dar: »The superhero’s mission is prosocial and selfless […]. The mission convention is essential to the superhero genre because someone who does not act selflessly to aid others in times of need is not heroic and therefore not a hero« (Coogan, 31).
  • 28] Wie eine intersektionale Studie aus dem Jahr 2016 verdeutlicht, ist das u. a. durch populäre Bildmedien tradierte diskriminierende Stereotyp der welfare queen in den Vereinigten Staaten bis heute präsent: »Black American women […] continue to be stereotyped as poor, uneducated, young, single mothers who sleep with and use men for money (›gold diggers‹); they are stereotyped as purposefully having children to take advantage of public assistance programs, and as being unable to have the financial resources to adequately care for their children […]. All these perceptions are consistent with the welfare queen archetype« (Rosenthal/Lobel, 416).
  • 29] Indem die Protagonistin von hinten (mit Fokus auf ihren Po) gezeigt wird, wird ihr auch ein Teil ihrer Handlungsmacht im Sinne eines aktiven und expliziten Zurück-Blickens genommen. Sie wird zu einem dem voyeuristischen Blick ausgesetzten Objekt, das lediglich angesehen werden kann.
  • 30] Wie Gilman am Beispiel Baartmans ausführt, deutet »[d]ie Präsenz eines übertrieben großen Gesäßes [...]« im Rahmen rassistischer stereotyper Annahmen »auf die anderen, verborgenen Merkmale schwarzer Frauen – ihre Physis und ihr Temperament – hin« (Gilman, 132).