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»It’s a beautiful story. You made me a very happy man«
Über Melancholie in Comics von Nicolas Mahler

Kalina Kupczynska (ƁódĆș)

Abb. 1: Mahler: Die Zumutungen der Moderne, S. 48.

Im sechsten Kapitel von Die Zumutungen der Moderne »Hell is also life« beobachtet ein schwarzer dĂŒnner Strichmann die sogenannte Finnendrehung, vollzogen in genau sieben Panels von dem finnischen Comiczeichner Jyrki Heikkinen. Wie die Zeichnung nahelegt, steht die Finnendrehung im unmittelbaren Zusammenhang mit dem ĂŒbermĂ€ĂŸigen Alkoholkonsum des offensichtlich sympathischen Comic-Kollegen an einem Abend in AngoulĂȘme, den Nicolas Mahler aufzeichnet (Abb. 1). Im sechsten Kapitel, in »The part I love« beobachtet der schwarze dĂŒnne Strichmann den Koloristen Jose Villarubia, »eine schillernde Erscheinung« (ZdM, 49), beim Anfertigen von Zeichnungen fĂŒr die â€șFanboysâ€č. Im zweiten Kapitel desselben Bandes, »Die Zeit und das Schaben«, beobachtet der schwarze dĂŒnne Strichmann den polnischen Animationsfilmer Pavel, Spezialist in Gipsplattenanimation, in dessen stoischem VerhĂ€ltnis zur Zeit, die dieser zur Herstellung seiner Filme benötigt. Auch diese Figur ist ihm wegen des eigenartigen Habitus »eigentlich sympathisch« (ZdM, 26; Abb. 2). In der Geschichte »Ist hier noch frei?« beobachtet der schwarze dĂŒnne Strichmann Craig Thompson, wie dieser »seine zart-poetischen Zeichnungen« (ZdM, 51) in die Kundenexemplare des Comicromans Blankets hinschreibt. Er beobachtet die Schlange vor Thompsons Tisch, solange ihm der Manager des amerikanischen Comiczeichners den Stuhl nicht wegnimmt. 

Abb. 2: Mahler: Die Zumutungen der Moderne, S. 26.

 

 

Abb. 3: Mahler: Die Zumutungen der Moderne,, S. 76.

Die ersten Comics, in denen der schwarze dĂŒnne Strichmann als Beobachter und Akteur fungiert, erschienen 2003 im Band Kunsttheorie versus Frau Goldgruber – der Inhalt lĂ€sst sich grob auf das Stichwort â€șKulturpessimismusâ€č reduzieren. Der Prolog »Original und FĂ€lschung« fĂŒhrt bereits das Typische an Mahlers Ich-Comics vor – das Harmlose des ErzĂ€hlgegenstands und das Gravierende des ErzĂ€hlkommentars, das in der Pointe meistens melancholisch-resignativ ausklingt. In der SelbstreferenzialitĂ€t antizipiert dieser Prolog-­Comic einen wichtigen Wesenszug von Mahlers Poetik, der zugleich ein Strukturmerkmal des Comics thematisiert1 – anders als die Kunst will der Comic »eine Veröffentlichung in Heft- oder Buchformat in möglichst grosser Verbreitung«, folglich ist die »Originalzeichnung wertlos« (KvFG, 30). Um diese spezifische â€șWertlosigkeitâ€č des Comics kreisen die Reflexion des Mahler-Avatars und dessen Beobachtungen. Ob er sich und seine »â€șKunstâ€č« (KvFG, 21) mit einer Finanzbeamtin, einem Zollbeamten, einem Comicfan oder mit Kunstexperten konfrontiert, der schwarze dĂŒnne Strichmann bleibt ein Outsider, ein meistens deprimierter Eigenbrötler. Dass er wegen seiner institutionell so schwer einzuordnenden und gesellschaftlich nicht hochangesehenen TĂ€tigkeit des Comiczeichnens permanent unter Legitimationsdruck steht, ist keineswegs Auslöser einer kreativen Krise, im Gegenteil: Gerade das Skurrile an dem Beruf des Comiczeichners generiert MissverstĂ€ndnisse und gelegentlich Verwirrung, aus denen sich Mahlers Schaffen speist. Hier kommt auch das Dialektische der Melancholie zum Einsatz, die Harmut Böhme als ein »wesentliches Paradox« bezeichnet, das die Geschichte der Melancholie uns lehrt: Der Melancholiker »hĂ€lt sich in Distanz zur gesellschaftlichen Praxis. Aber er ist produktiv« (Böhme, 166). Wenn es bei Böhme weiter heißt, dass »der Genius der Melancholie streng« sei, dass er »den selbstmitleidigen Jammer oder die masochistische Faszination der SchwĂ€che« (ebd., 167) nicht dulde, dann muss das auf Mahler bezogen heißen: Er duldet Selbstmitleid genauso wie SchwĂ€che, solange diese in seinen kleinen Comic-Formaten produktiv gemacht werden können. Und das bedeutet, karikatureske Zeichnungen zum Ausdrucksmittel einer melancholischen IngeniositĂ€t werden zu lassen, d.h. den Blick so zu richten, dass aus kritischer (Selbst-)Beobachtung Humor entsteht. Wie minutiös die Beobachtung ist, zeigt sich an der Reduktion der Darstellung auf kleinste Zeichen – diese wollen Punkt fĂŒr Punkt gelesen, ja studiert werden. Der Emotionsausdruck der Figuren ist dafĂŒr das beste Beispiel, seine semantische Uneindeutigkeit hat unverkennbar humoristisches Potenzial, dieses kann aber nur genossen werden, wenn jeder Strich und jeder Punkt wie Schrift gelesen werden (Abb. 3). Der melancholische Humor entsteht aber auch aus der Reduktion des ErzĂ€hlten, weil sich das Resignativ-Passive in den Pointen zum komischen Effekt kumuliert. Die KĂŒrze der erzĂ€hlten Geschichten bĂŒndelt den zur Schau gestellten Pessimismus des Beobachters, so dass seine Vorliebe fĂŒrs Skurrile – auf den zweiten Blick – mitunter als der Clou der Comics und Quelle des Komischen erscheint. 

Abb. 4: Mahler: Die Zumutungen der Moderne, S. 85.

 

 

Abb. 5: Mahler: Die Zumutungen der Moderne,, S. 53.

Die selbstreferentiellen Ich-Comics dominieren auch in den spĂ€teren Comic-BĂ€nden Die Zumutungen der Moderne (2007) und Franz Kafkas nonstop Lachmaschine (2014) – Mahlers Avatar beobachtet auf Comicfestivals, auf Literaturmessen, in Buchhandlungen. Dabei markiert er die Distanz zum Beobachteten durch Ich-ErzĂ€hlkommentare im Blocktext; wenn der schwarze dĂŒnne Strichmann sich verbal mittels der Sprechblasen am Geschehen beteiligt, entsteht durch den ErzĂ€hlkommentar der Effekt der diegetischen Doppelstimmigkeit. Wenn der Zeichenstil »als wirkmĂ€chtige Form des â€șframingâ€č« gilt und damit signalisiert, dass ein »ernsthafter bzw. abenteuerlicher oder humoristischer Stoff geboten wird« (SchĂŒwer, 369), so nutzt Mahler diese Eigenschaft, um einen melancholisch-komischen Effekt zu erzeugen, und zwar wegen der Inkongruenz zwischen dem nĂŒchternen Ton des Kommentars und der Ă€ußerst reduzierten, karikaturesken Zeichnung (Abb. 4).2 Die AusfĂŒhrlichkeit des ErzĂ€hlkommentars im VerhĂ€ltnis zum Volumen der Figuren verstĂ€rkt den Effekt – man fragt sich zuweilen, ob Mahler deswegen einen reduzierten Zeichnungsstil prĂ€feriert, weil er so gern schreibt. In den (recht seltenen) FĂ€llen, in denen der ErzĂ€hlkommentar fehlt, ist es interessant zu beobachten, wie der Raum durch das Schweigen des Avatars bzw. Sprechblasen seiner Figuren gefĂŒllt wird. So ist es im siebten Kapitel von Kunsttheorie versus Frau Goldgruber, wo Mahlers Comichefte von Zollbeamten begutachtet werden, oder im elften Kapitel der Zumutungen der Moderne in den Comics ĂŒber das Fumetto-Festival, wo Mahlers Avatar u. a. den französischen Zeichner Killoffer und einen deutschen Komplettsammler anschweigt (Abb. 5). Insgesamt ist der Blocktext in den Panels in den genannten Comic-BĂ€nden auffĂ€llig prĂ€sent – Mahler lĂ€sst eher seinen Avatar schweigen und die Figuren reden. Dabei hat er seit Kunsttheorie versus Frau Goldgruber durch die ErzĂ€hlkommentare nicht nur einen eigenen Sound entwickelt, sondern auch seinen Avatar verlĂ€sslich als einen Misanthropen und Melancholiker charakterisiert, der tiefgehende Skepsis gegenĂŒber der Welt allein in seiner Gestalt des schwarzen Strichmanns ausdrĂŒckt. 
Definitionen der Melancholie weisen auf ihre Nichteinheitlichkeit, ja WidersprĂŒchlichkeit hin – der Ursprung in hippokratischer ViersĂ€ftelehre verortet sie in der NegativitĂ€t eines somatischen Zustands, der auf die Psyche (schwarz) abfĂ€rbt. Bereits die Aristotelesschule deutet diese negative PrĂ€gung um und lĂ€sst Melancholie »Bezeichnung einer außerordentlichen Begabung werden« (Bader, 18; auch: Benjamin, 325). Bis in die Renaissance hinein wird Melancholie von Acedia (profangriechisch »TrĂŒbsinn, Teilnahmslosigkeit und Verdrossenheit« (Bader, 5), auch »TrĂ€gheit des Herzens« (Benjamin, 332)) nicht getrennt. Dass seitdem Melancholie als Begriff und PhĂ€nomen Acedia abgelöst hat, fĂŒhrt man etwa auf die semantische Unbestimmtheit der Melancholie zurĂŒck; das Schwinden des religiösen Kontextes und damit eines Auslösers der Acedia-Erfahrung spielt dabei auch eine Rolle.3 Eine ikonografische Studie der bis zur Renaissance dominanten Bedeutungen der Melancholie findet sich in DĂŒrers Melencolia I von 1514: Die mythische und astrologische Komponente des Melancholie-Komplexes findet sich bei DĂŒrer neben der eminent humanistischen Ebene, signalisiert durch Attribute der Wissenschaft, allen voran der Geometrie.4 Melancholia generosa wird dann fĂŒr Walter Benjamin zu einer modernen Figur, die, gekennzeichnet durch Alienation und Selbstverlust, in einer denkerischen Versenkung zur Erkenntnis gelangt.5 Wie in Benjamins Traktat ĂŒber den Ursprung des deutschen Trauerspiels, wo »mentale und historische Prozesse als konzeptuelle Tableaux aufgefasst werden«,6 d. h. wo Melancholie als dialektische Folie einer Geschichtskonzeption gilt, so entwickelt sich Melancholie bis ins 21. Jahrhundert hinein gerade durch ihre Ambivalenz zu einer Chiffre, die je nach der Perspektive als eine anthropologische Disposition, eine ikonografische Pathosformel, eine jeweils kulturhistorisch geprĂ€gte Konstellation Relevanz erlangt. Aus dem Blickwinkel der Literaturgeschichte fungiert Melancholie »als eine Art Maske [
], die zu verschiedenen Zwecken gebraucht werden kann« (Wagner-Egelhaaf, 2) zwischen Literatur und Melancholie ließen sich »gemeinsame Strukturen der ReprĂ€sentation« finden, ja es gĂ€be eine »Melancholie der Literatur« (ebd., 4). Im Kontext von Mahlers Comics ist die diskursive und ikonografische PrĂ€gung des PhĂ€nomens zu betonen: »Charakteristisch fĂŒr den Diskurs der Melancholie ist, dass es sich in augenfĂ€lliger Weise um einen Bilddiskurs handelt.« Der »darstellende Bildcharakter der Melancholie (reflektiert) auch und gerade ihre diskursiv motivierte PrĂ€senz« (ebd., 10)

Mahlers Comics greifen die Chiffre Melancholie auf und durchschreiten einige ihrer Register – die Figur des schwarzen dĂŒnnen Strichmanns ist eine der melancholischen ReprĂ€sentationen, sie eignet sich besonders gut fĂŒr die Rahmung der Galerie der Spezialmelancholien Mahlers. Dass der einsame Beobachter kulturgeschichtlich eine melancholische PrĂ€gung erfahren hat, zeigt etwa ein Blick auf die Bilder FĂŒĂŸlis, die das Motiv des Beobachters mit »der christlichen Melancholie-Deutung seit dem Pietismus« (Mattenklott, 30) gemeinsam hat, wie Gert Mattenklott bemerkt. In seiner solitĂ€ren Distanz zur offensichtlich als aberwitzig empfundenen Wirklichkeit fokussiert der schwarze Beobachter Personen, Szenen, Mikro-Situationen, in denen »das lustige Element an den Menschen in ihrer Qual am anschaulichsten zum Vorschein« (Bernhard, 169) kommt, wie es in Thomas Bernhards Verstörung heißt. 

Melancholie der Fiaskos

»Der traurige Herr Kralik« ist eine solche Personifikation, ein Typus des Homo viennensis wie man ihn aus Helmut Qualtingers Herrn Karl oder aus Ulrich Bechers und Peter Preses Der Bockerer kennt, »dessen Vorfahren in der Altwiener Komödie zu suchen sind« (Haider-Pregler, 367). Auch bei Mahler hat er einen ausgeprĂ€gten resignativen Touch, aber auch eine morbid-kreative Ader Ă  la H. C. Artmann. Symptomatisch ist, dass Herr Kralik seine spontane Erfindung – den ersten Selbstmordautomaten – als Alternative zu Mahlers Comic­automaten anbietet, der ein unternehmerisches Fiasko war (ZdM, 67f.). Fiaskos ĂŒben auf Mahler eine unwiderstehliche Anziehungskraft aus, das BedĂŒrfnis, sie narrativ zu verarbeiten, erzeugt nahezu eine manische Lust und resultiert in einer Flut von Fiasko-Comics. Bereits in Kunsttheorie versus Frau Goldgruber werden allerlei Fiaskos genĂŒsslich ausgebreitet. »In einem Anfall besonderer Langeweile« (KvFG, 40) unternimmt Mahlers Avatar den Versuch, Comicunterricht zu geben, der offensichtlich am Desinteresse und UnfĂ€higkeit der Adepten scheitert – das Wesen dessen, was Humor ist, kann ihnen nicht vermittelt werden. Der Versuch, mit dem Kollegen Neuwinger eine Ateliergemeinschaft zu grĂŒnden, scheitert: Sie hatten beide »keine Lust« und gingen lieber etwas trinken, was dem Zeichner Mahler spĂ€ter als Inspiration fĂŒr sein »Epos« Lone Racer diente (KvFG, 45f.). Der kleine Comicverlag, den Mahler Ende der 1990er grĂŒndet, scheitert an mangelnder Begeisterung der Vertriebe und BuchhĂ€ndler. Wenn das Trickfilmvorhaben Flaschko in Österreich doch eine Förderung bekommt, ist es ein Grund zur »grossen Verbitterung« angesichts dessen, dass »in â€șdiesem Landâ€č die Witzzeichnung ĂŒberhaupt keinen Wert hat« (KvFG 58). In der Â»Ăœberreaktion« auf die positive Entscheidung der Jury kommt der sonst bei Mahler seltene Typus des »Raptus melancholicus« (Schmitt, 16) zum Vorschein. 

Fiaskos erlebt nur, wer PlĂ€ne hat (Brakensiek/Claridge, 7) – hier demonstrieren Mahlers Comics die Ambivalenz der Melancholie, denn: Einer der Topoi der melancholischen ReprĂ€sentationen ist eine Überzeugung von der Vergeblichkeit alles Tuns; TrĂ€gheit und PassivitĂ€t zĂ€hlen zu den Charakteristika des melancholischen Charakters. Ein Gelingen ist nur scheinbar und oberflĂ€chlich möglich, OberflĂ€che und Schein degoutieren den Melancholiker, er bleibt unversöhnt mit der Welt. Wenn Walter Benjamin den Melancholiker einen »GrĂŒbler ĂŒber Zeichen« (Benjamin, 370) nennt, so ist Mahlers Avatar dies in doppelter Hinsicht – als GrĂŒbler ĂŒber die materielle Erscheinung des zu ErzĂ€hlenden im Comic, und als GrĂŒbler darĂŒber, warum sein GrĂŒbeln misslingt und missfĂ€llt. Und wenn die Effekte seines GrĂŒbelns dann doch gefallen, missfĂ€llt Mahler derjenige, dem sie gefallen. Die Bilanz der eigenen PopularitĂ€t zweifelt der ErzĂ€hler von vorneherein an, wie im zehnten Kapitel der Zumutungen der Moderne, »Mein Pressespiegel«: »SchĂ€tzungsweise 80 % aller von mir gegebenen Interviews wurden nie gedruckt bzw. ausgestrahlt. Vielleicht liegt es an mir« (ZdM, 75). »Berichte ĂŒber Comiczeichner sind IMMER beschĂ€mend« (ZdM, 77), und wenn sich Mahler trotzdem entscheidet, an einem mitzuwirken, besteht der Dreh »grĂ¶ĂŸtenteils aus grotesken Spielszenen« (ZdM, 78) und der Bericht wird wegen »enorm aktuelle[r]« News (»Eine Wienerin hat mit Robbie Williams eine AffĂ€re gehabt«) nicht ausgestrahlt. Auch fĂŒr das fehlende Interesse an seinem Comicwerk hat der ErzĂ€hler zahlreiche Beispiele parat: In der ersten Begegnung mit Frau Goldgruber wird Mahler mit Ironimus, »einem geriatrischen österreichischen Zeichner mit Zipperlein« (Jahrgang 1928) verglichen (KvFG, 16), in Franz Kafkas Nonstop Lachmaschine vergleicht eine Nachbarin ihn mit dem Comiczeichner Kafka, der dann doch Kauka heißt, der erfolgreiche Schöpfer von Fix und Foxi (FKNL, 9f.); nach einem Comicfestival wird Mahler ausgerechnet mit Marjane Satrapi verwechselt (ZdM, 53). Wenn eine Leserin ins SchwĂ€rmen kommt, dann klingt das Lob so: »Sie zeichnen genauso wie mein Enkel. Er wird jetzt sieben.« (KvFG, 90) 
Die Ablehnung seitens einer breiten Leserschaft, die mainstream bevorzugt, der sogenannten »Comicnerds« (KvFG, 77), oder seitens der »Kunstidioten«, d.h. der selbsternannten Experten, die Kunst von Nichtkunst anhand dubioser Kriterien kategorisch zu unterscheiden wissen, stellt Mahler den sogenannten Kunstbetrieb samt Kunsttheoretikern gegenĂŒber, wo er sich ebenfalls missverstanden fĂŒhlt, denn: »In der Kunst ist Comic nur dann akzeptiert, wenn es als trashiges ModeversatzstĂŒck daherkommt 
 Dabei ist es ein ernsthaftes erzĂ€hlendes Medium!« (KvFG, 29)

SolitÀre Melancholie: Thomas Bernhard

Melancholiker sind einsam, sie bevorzugen den RĂŒckzug, in der solitĂ€ren Versenkung ist die meditative Neigung ungestört.7 Daher auch die distanzierte Beobachterposition des schwarzen Strichmannes und ihre Realisierung in der autofiktionalen Inszenierung des Zeichners – eine Zusammengehörigkeit zu welcher Umwelt auch immer wird mit sichtbarer Skepsis markiert. So auch die Kommunikation, die sich schwierig gestaltet, allein weil, wie oben gezeigt, eine UnfĂ€higkeit zur Affirmation mit einem allgemeinen Unwillen und Unbehagen in Erscheinung tritt. Eine kleine Kostprobe liefert etwa das Kapitel »Es ist alles lĂ€cherlich, wenn man an den Tod denkt«, wo Mahler in einem Telefonat mit seiner Mutter ĂŒber seine Arbeit an der Adaption von Alte Meister berichtet, bzw. nicht berichtet, weil die Mutter sich darĂŒber ausbreitet, wer alles im Jahr 2010 gestorben ist. An und fĂŒr sich ist die Frage »wer ist gestorben?« fĂŒr die spezifisch wienerische Befindlichkeit nichts Ungewöhnliches, interessant ist hier deswegen eher der Leerlauf des GesprĂ€chs – das Interesse der Mutter an dem Arbeitsprozess Mahlers hĂ€lt sich sehr in Grenzen, da sie offensichtlich ĂŒber Bernhard Bescheid weiß: »Ja ja 
 Der Bernhard. Der hat am Schluss auch nicht gut ausgeschaut« (FKNL, 18). Wenn Mahler spĂ€ter seine Alten Meister auf einer Buchmesse prĂ€sentiert, gestalten sich die festgehaltenen GesprĂ€che mit Leser_innen nach demselben Schema: »Ah! Thomas Bernhard. Den kenne ich. Schreibt der jetzt fĂŒr Sie?« (FKNL, 44) »Ah, Sie arbeiten jetzt mit einem Texter zusammen! Eine gute Idee. Wie in Amerika! â€șThomas Bernhardâ€č. Das sagt mir sogar was! Das ist ein Titanic-Autor, stimmt’s?« (FKNL, 118) Das Schema kann man gewissermaßen als eine Variation der Kommunikationsstruktur lesen, die in Bernhards Texten vorgegeben ist: Wo bei Bernhard der manische Redefluss eines Reger oder eines Weltverbesserers die Unmöglichkeit der Kommunikation in der typischer Übertreibung demonstriert, tönt bei Mahler das Schweigen des schwarzen Strichmannes, untermalt durch spĂ€rliche sarkastische Kommentare des ErzĂ€hlers. 
Mahler ist ein Bernhard-Leser, so wird die Bernhard-LektĂŒre gewissermaßen »zum Katalysator seiner eigenen Melancholie«.8 In Bernhards Werk wurde die Melancholie in der Grunddisposition der Charaktere – ihrer Neigung zur Nörgelei, in ihrer Isoliertheit, ihrem Erstarren in immer wiederkehrenden Verhaltens- und Denkgewohnheiten – aber auch in der sie einschließenden Landschaft bzw. Architektur gesucht.9 Wenn die »melancholische Erfahrung der Sinnlosigkeit ihr semiotisches Pendant im Bewußtsein eines universellen sprachlich-reprĂ€sentationellen Bedeutungsverlusts« (Wagner-Egelhaaf, 16) hat, so findet sich in Bernhards Werk oft – etwa in Der Weltverbesserer – eine allmĂ€hliche Auflösung der Sinnkoordinate, und zwar ohne dass die Figuren aktiv dazu beitragen. Die melancholische Grunddisposition greift Mahler in seinen Bernhard-Adaptionen etwa in der Transformation der stilistischen Eigenarten Bernhards – Übertreibung, Wiederholung – auf, aber damit ist die melancholische Liaison Mahler-Bernhard noch nicht erschöpft. So wie Bernhard in Mahler einen kongenialen Übersetzer seiner Melancholie in die Spannung von Text und Bild bekommen hat, so findet Mahler in Bernhard den radikalen Vordenker eines Humors, der Melancholie zu seiner Entfaltung benötigt. W.G. Sebald, der jene spezifische Variante der Melancholie bei Bernhard untersuchte, hat auch eine ErklĂ€rung fĂŒr Bernhards manisch-melancholisches Festhalten am »uniformen Schwarz« seiner Satire vorgeschlagen (Sebald, 113): 

Im leidenschaftlichen Nachvollzug der irrwitzigsten Aspekte des gesellschaftlichen und natĂŒrlichen Lebens erneuert der Satiriker darum immer wieder die Gebundenheit an die GegenstĂ€nde seiner Aversion, eine klassische Situation des double bind, wie sie sich in der Ätiologie aller sogenannten Geisteskrankheiten findet. Dieser Zusammenhang bringt den Satiriker nicht selten in den Ruch, eine zweifelhafte Symbiose mit den von ihm denunzierten ZustĂ€nden zu kultivieren (ebd., 111).

Abb. 6: Mahler: Flaschko. Der Mann in der Heizdecke, S. 23.

Mahlers Satire ist keineswegs uniform schwarz, aber auch sie verharrt (melancholisch) bei einigen bevorzugten Themen, und variiert im Comic ein topisches Formelreservoir der Melancholietradition. So zeigt sich explizit in Flaschko-Comics wie auch in Der Weltverbesserer ein Festhalten an einer Ordnung des Dargestellten, die sich vor allem in der Reduktion der visuellen Elemente in Panels und der Wiederholung der zentralen Bildmotive manifestiert. In Flaschko hĂ€ngt in der weißen Leere der Panels der Sessel mit der Heizdecke und Flaschko, die Steckdose, der Fernsehapparat und gelegentlich die Mutter (Abb. 6). In Der Weltverbesserer steht der »hohe Sessel« mit dem kleinen Weltverbesserer immerhin auf einer BĂŒhne, die anfangs durch einen Vorhang signalisiert wird, sonst sind die Panels leer, gelegentlich fĂŒllt sie die einsame Rede des Weltverbesserers, selten erscheint die Frau mit diversen Requisiten (Buch, Hörrohr, Ehrenkette; Abb. 7). Die Monotonie, die dadurch entsteht, ist zugleich eine Ordnung, die in der Melancholietheorie einen festen Platz aber auch unterschiedliche Deutungen erfahren hat. Der Psychiater und Melancholieforscher Hubertus Tellenbach charakterisierte den Melancholiker als ordnungsfixiert, sein »spezifische(s) VerhĂ€ltnis zur Ordnung zeigt sich als ein sich in die Grenzen der Ordnung Einschließen. Damit ist gemeint ein Sich-Einordnen, Aufgehen und Verweilen in einem bemessenen und durch feste VerweisungsbezĂŒge gegliederten Raume« (Tellenbach, 195).

Abb. 7: Mahler: Thomas Bernhard: Der Weltverbesserer, S. 32.

Abb. 8: Mahler: Thomas Bernhard: Der Weltverbesserer, S. 123.

Bei Mahler ĂŒbernimmt die comicspezifische Struktur die Funktion des Eingeschlossenseins im Raum, sonst kennzeichnet die meisten der erwĂ€hnten Comics ein Fehlen von rĂ€umlichen Koordinaten bzw. eine Ordnung der Unordnung, wie explizit in Flaschko. Dass der junge Mann in der Heizdecke wie auch der alte Weltverbesserer als Charakter alle Anzeichen von melancholischen Typen aufweisen – emotionales und intellektuelles Erstarren bis zum Stupor (Schmitt, 15), Verstimmung, Zwangsdenken und Zwangshandlungen, RĂŒckzug (ebd.) – ergĂ€nzt das Erscheinungsbild der Melancholie auch auf der inhaltlichen Ebene. 

Metaphorische Figurationen finden sich in Mahlers Comics auch in der Farbgebung; allein die schwarze Farbe evoziert den »Ursprungsmythos der Melancholie, jenen obskuren Körpersaft der schwarzen Galle« (ebd., 18) – die schwarze Tinte ist die Uniform des Avatars wie auch des Weltverbesserers und Regers aus Alte Meister. Schwarz vereinnahmt fĂŒr sich zahlreiche Comicpanels, ohne dass es direkt durch den Inhalt der Geschichten motiviert wĂ€re. FĂŒr den Maler Strauch, eine Figur aus Bernhards Roman Frost, ist die Welt »ein stufenweiser Abbau des Lichts« (Bernhard, 305), was fĂŒr den Bernhard-Leser Mahler eine Referenz sein könnte. Eine sehr konkrete Figuration erfĂ€hrt dieses Motiv in Der Weltverbesserer – der Vorhang in Form einer enormen schwarzen Kugel senkt sich langsam auf die BĂŒhne und erdrĂŒckt bzw. verhĂŒllt den Sessel mit dem Weltverbesserer (DW, 122–124; Abb. 8). Durch die schwarze Kugel vollzieht sich, was im Motto des StĂŒcks bei Mahler gesagt wird: »Wir können die Welt nur verbessern, wenn wir sie abschaffen« (DW, [5]).  

Amouröse Melancholie

Abb. 9a-c: Mahler: Pragnienie, o.S. [78; 80; 81].

Weniger morbide ist die amouröse Melancholie, die letzte Spezialmelancholie, die ich hier anfĂŒhren möchte. DĂ©sir, erschienen 2007, dem Untertitel nach ein »graphischer Roman«, hat ein Verlangen zum Thema, das in vier Kapiteln in einem vielsagenden Schweigen nicht gestillt wird. Dass DĂ©sir ganz ohne Worte auskommt, ist nur konsequent – das Verlangen erscheint aus melancholischer Sicht als Warten und Wunschvorstellung. Was bei Begegnungen einsamer Vertreter des schwachen und des starken Geschlechts verbal zum Ausdruck kommt, bedarf nicht argumentativer Vermittlung, es kann ohne weiteres auf das Zeigbare reduziert werden. Es bedeutet allerdings nicht, dass DĂ©sir zynisch die wohlbekannten Rituale perpetuiert – die Reduktion der ErzĂ€hlung auf Bilder vermittelt vielmehr eine Mehrdeutigkeit, die bei den dargestellten Szenen, wie auch beim Verlangen an sich, mitschwingt. Was in der eminenten Wiederholbarkeit der Szene in der Bar banal erscheinen wĂŒrde, bekommt durch die Aussparung der Worte einen zĂ€rtlich-melancholischen Touch. Wenn im vierten Kapitel die unbeholfenen Versuche einer Kontaktaufnahme den running gag â€șHaben Sie Zucker?â€č perpetuieren (Abb. 9a–c), so endet die Geschichte (und damit das Buch) mit einem Panel, in dem unklar bleibt, wer den Wunsch (er und sie dann doch zusammen im Bett) trĂ€umt (Abb. 10). Es gehört zu dem paradoxalen und widersprĂŒchlichen Konzept der Melancholie, dass sie die Sinnlichkeit und eine gewisse GlĂŒckfĂ€higkeit des Melancholikers nicht ausschließt. In der Melancholietradition wird dem Melancholiker »neben dem Hang zur Kontemplation« auch »eine starke Einbildungskraft« zugeschrieben, diese »eröffnet den Reichtum der PhĂ€nomene, an denen sie sich darstellt« (Mattenklott, 34), Liebe, Eros und Verlangen sind auch solche PhĂ€nomene.

Abb. 10: Mahler: Pragnienie, o.S. [90].

Mit der Melancholie der Fiaskos, der Einsamkeit und des Verlangens ist das Repertoire der Melancholie-ReprĂ€sentationen in Mahlers Comics nicht ausgeschöpft, allein in den Kon­stellationen in Lone Racer und Planet Kratochwil ließen sich weitere Beispiele fĂŒr Figurationen der Melancholie ausmachen. FĂŒr die angefĂŒhrten Topoi der melancholischen Disposition in Mahlers Werk – die Figur des distanzierten Beobachters, die Fiasko-Narrative, das Scheitern der Kommunikation, die manische Ordnung der Erstarrung, das drohende Schwarz, den schweigenden und dennoch vieldeutigen Eros – gilt, dass sie in der Diskrepanz zwischen dem Ernst des ErzĂ€hlkommentars und der karikaturesken Zeichnung eine Komik hervorbringen, die einerseits aus der österreichischen Satiretradition erwĂ€chst und andererseits den aktuellen Kulturpessimismus spielerisch aufgreift. Bezeichnend ist im Kontext des Letzteren Mahlers zeichnerischer Kommentar zu Konrad Paul Liessmanns kulturkritischen Studien in Die kleine Unbildung. Liessmann fĂŒr Analphabeten (2018) – Mahler schneidet Liessmanns Kritik an der heutigen Medien- und Wissensgesellschaft auf das Maß seiner kleinen Karikaturen zu, ĂŒberlĂ€sst also dem Kulturphilosophen die Rolle des distanzierten Beobachters und ĂŒberfĂŒhrt Liessmanns Zeitdiagnosen in den Bereich des Aperçus – und gerade dadurch trotzt er (melancholisch) dem Gespenst der Unbildung.

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Bibliografie

  • PrimĂ€rwerke
  • Mahler, Nicolas: Pragnienie. Nowela graficzna. (DĂ©sir) Warszawa: Ladida Books, 2007.
  • Mahler, Nicolas: Kunsttheorie versus Frau Goldgruber. Berlin: Reprodukt, 2007.
  • Mahler, Nicolas: Die Zumutungen der Moderne. Berlin: Reprodukt, 2007.
  • Mahler, Nicolas: Franz Kafkas Nonstop Lachmaschine. Berlin: Reprodukt, 2014.
  • Mahler, Nicolas: Der Weltverbesserer nach Thomas Bernhard. Gezeichnet von Mahler. Berlin: Suhrkamp, 2014.
  • Mahler, Nicolas: Flaschko. Der Mann in der Heizdecke. ZĂŒrich: Edition Moderne, 2016.
  • Mahler, Nicolas: Die kleine Unbildung. Liessmann fĂŒr Analphabeten. Wien: Zsolnay, 2018.

 

  • SekundĂ€rliteratur
  • Bader, GĂŒnter: Melancholie und Metapher. TĂŒbingen: Mohr Siebeck, 1990.
  • Benjamin, Walter: Ursprung des deutschen Trauerspiels. In: Gesammelte Schriften. Hg v. Rolf Tiedemann/Hermann SchweppenhĂ€user. Bd. 1.1. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1991.
  • Bernhard, Thomas: Frost. In: Werke. Bd. 1. Hg. v. Martin Huber/Wendelin Schmidt-Dengler. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, 2003.
  • Bernhard, Thomas: Verstörung. In: Werke. Bd. 2. Hg. v. Martin Huber/Wendelin Schmidt-Dengler. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 2003.
  • Böhme, Hartmut: Natur und Subjekt. Frankfurt a. M.: Suhrkamp, 1988.
  • Brakensiek, Stefan/Claudia Claridge (Hg.): Fiasko. Scheitern in der FrĂŒhen Neuzeit. BeitrĂ€ge zur Kulturgeschichte des Misserfolgs. Bielefeld: transcript, 2015.
  • Frahm, Ole: Die Sprache des Comics. Hamburg: Philo Fine Arts, 2010.
  • Haider-Pregler, Hilde: Der Bockerer und die Folgen. Varianten und Mutationen des «Homo viennensis». In: Jeanne Benay (Hg.): Österreichische Satire (1933-2000). Bern (et al.): Peter Lang, 2003.
  • Hanssen, Beatrice: Portrait of Melancholy (Benjamin, Warburg, Panofsky). In: MLN, 114/5, (December 1999), S. 991–1001.
  • Mattenklott, Gert: Melancholie in der Dramatik des Sturm und Drang. Königstein: AthenĂ€um, 1985.
  • Schmitt, Wolfram: Zur PhĂ€nomenologie und Theorie der Melancholie. In: Melancholie in Literatur und Kunst. Hg. v. Udo Benzenhöfer, HĂŒrtgenwald: Pressler, 1990. S. 14–28.
  • SchĂŒwer, Martin: Wie Comics erzĂ€hlen. Grundriss einer intermedialen ErzĂ€hltheorie der grafischen Literatur. Trier: Wissenschaftlicher Verlag 2008.
  • Sebald, W. G. : Wo die Dunkelheit den Strick zuzieht. Zu Thomas Bernhard. In: Die Beschreibung des UnglĂŒcks. Frankfurt a. M.: Fischer, 1994.
  • Sontag, Susan: Introduction. In: Walter Benjamin: One-Way-Street and Other Writings. London: New Left Books, 1979 .
  • Tellenbach, Hubertus: Melancholie-Problemgeschichte, EndogenitĂ€t, Typologie, Pathogenese, Klinik. Berlin u. a.: Springer, 1983.
  • Wagner-Egelhaaf, Martina: Die Melancholie der Literatur. MĂŒnster: UniversitĂ€ts- und Landesbibliothek der WestfĂ€lischen Wilhelms-UniversitĂ€t 1997.

 

  • 1]   Ole Frahm schreibt ĂŒber die »strukturelle Parodie« des Comics, die »Schrift und Bild als wechselseitige Wiederholungen ohne Original wirksam werden« lĂ€sst. Ders.: Die Sprache des Comics. Hamburg: Philo Fine Arts, 2010, S. 37.
  • 2]   Martin SchĂŒwer zufolge »treten nur die grundlegenden Darstellungsmittel wie Bewegungs- und Fließlinie und die verschiedenen Formen der Einbindung von Text (Sprechblase, Gedankenblase, ErzĂ€hlerblock) regelmĂ€ĂŸig in ernsteren Comics auf«. SchĂŒwer bezeichnet als »ernstere Comics« solche, die sich nicht in die Tradition der »Funnies« bzw. »Semi-Funnies« (AstĂ©rix) einreihen. SchĂŒwer: Wie Comics erzĂ€hlen, S. 369. 
  • 3]   Vgl. Bader, S. 35. 
  • 4]   Siehe Beatrice Hanssen: Portrait of Melancholy (Benjamin, Warburg, Panofsky). In: MLN 114/5 (December 1999), S. 991–1013, hier S. 1001f
  • 5]   Vgl. Hanssen: Portrait of Melancholy, S. 1003f.: »Under Benjamin’s gaze, melancholy revealed itself to be an existentialist mode, not simply, then, an overwhelming indeterminate mood (Stimmung), but, fundamentally, a technique of disclosure and knowledge that replaced the old rationalistic epistemological model.« Hartmut Böhme macht auf die Pathologisierung der Melancholie in der AufklĂ€rung aufmerksam: »indem die Melancholie um den Formenkreis der Manie erweitert wird, wird das KernstĂŒck der melancholia generosa pathologisiert. [
] Die Melancholie wird zum Diabolos der Vernunft, der Melancholiker ist der Mensch im Status des SĂŒndenfalls wider die universale Ordnung der Vernunft« (Böhme: Natur und Subjekt, S. 159). 
  • 6]   Siehe Susan Sontag in der EinfĂŒhrung zur englischen Übersetzung von Einbahnstraße: »Mental and historical processes are rendered as conceptual tableaux; ideas are transcribed in extremis and the intellectual perspectives are vertiginous. His style of thinking and writing, incorrectly called aphoristic, might better be called freeze-frame baroque.« In: Walter Benjamin: One-Way Street and Other Writings. London: New Left Books, 1979, S. 7–28, hier S. 24. 
  • 7]   Susan Sontag: »The need to be solitary – along with the bitterness over one’s loneliness – is characteristic of the melancholic.« In: Walter Benjamin: One-Way Street and Other Writings. London 1979, S. 7–28, hier S. 23.
  • 8]   So beschreibt Martina Wagner-Egelhaaf Anton Reisers LektĂŒre der Insel Felsenburg von Johann Gottfried Schnabel. Ebd., S. 27.
  • 9]   Vgl. Fatima Naqvi: How We Learn Where We Live: Thomas Bernhard, Architecture, and Bildung. Evanstone, IL: Northwestern University Press, 2016.