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›Zeichner-Kollektiv und Comic-Magazin‹
Interview mit Tim Eckhorst vom Comic-Magazin Pure Fruit

Pure Fruit ist ein Magazin für Comic und Illustration, das in Kiel zuhause ist. Zweimal im Jahr, jeweils im Mai und im November, erscheint es in einer Auflage von 10 000 Stück. Pure Fruit kostet nichts und ist so zu einer Plattform für Experimente geworden, die Zeichner vernetzt und einen Dialog zwischen den vielen stillen Kämmerlein schafft. Jeder Ausgabe liegt ein bestimmtes Thema und Farbkonzept zu Grunde.

Pure Fruit – was verbirgt sich dahinter? Und wie ist dieser Name entstanden?
Pure Fruit ist ein Zeichner-Kollektiv und ein Comic-Magazin. Wir sind vier Leute – Franziska Ludwig, Gregor Hinz, Volker Sponholz, Tim Eckhorst. Weil man als Zeichner natürlich oft allein am Schreibtisch sitzt, hielten wir es für eine gute Idee mal über eine gemeinsame Arbeit nachzudenken. Wir kannten uns untereinander schon länger, aber jeder hat so sein Ding gemacht und das war’s. Irgendwann gab’s dann die Idee gemeinsam ein Heft zu machen, in dem man machen kann, was immer man möchte. Und weil wir nie Lust hatten, zu versuchen kistenweise Hefte für ein paar Euro zu verkaufen, haben wir es einfach kostenlos gemacht. Darum sind Anzeigen im Heft. Die sind alle gezeichnet, damit sie ins Heft passen. So ist dann ein kostenloses Comic-Magazin entstanden, das seit Mai 2011 zwei Mal jährlich in einer Auflage von 10 000 Sück erscheint und mittlerweile bundesweit in Comicläden ausliegt. Um den Namen ranken sich viele Gerüchte. Wahrscheinlich war das einfach eine Schnapsidee.

Das Pure Fruit-Team von links nach rechts: Franziska Ludwig, Volker Sponholz, Gregor Hinz und Tim Eckhorst.

Wie organisiert ihr euch? Gibt es klare Regeln dafür, wer welche Funktion übernimmt?
Irgendwann haben wir festgestellt, dass wir uns ganz dringend ein kleines bisschen professionalisieren müssen. Wir haben dann mal festgelegt, wer welche Anfragen bearbeitet und wer in welchem Bereich den Hut auf hat. Mittlerweile ist es auch so, dass es bei jedem Heft immer einen Chef gibt. Das wechselt von Heft zu Heft und bietet die Möglichkeit, dass man mal für eine Ausgabe den Ton angeben kann ohne mit mehreren Kompromissen leben zu müssen. Natürlich treffen wir uns auch immer mal, um direkt Dinge zu besprechen. In vielen Bereichen sind wir aber so gut eingespielt, dass wir darüber gar keine Worte verlieren müssen, weil einfach klar ist, wer wann was zu tun hat.

Pure Fruit #11 (links), Pure Fruit #12 (MItte), Pure Fruit #13 (rechts).

Wie entsteht eine neue Ausgabe? (Wie findet Ihr Eure Zeichner? Wie entscheidet Ihr über Eure Themen? Die Werbeanzeigen sind mittlerweile Kult. Wer entwirft und zeichnet sie?)
Die Entstehung einer Ausgabe kann ganz unterschiedlich verlaufen. Manchmal kommen Leute mit Themenvorschlägen auf uns zu, die wir gut finden und dann umsetzen. Es sind auch schon Kooperationen entstanden. Zum Beispiel haben wir ein Heft zusammen mit dem Flüchltigsrat Schleswig-Holstein gemacht. Und natürlich haben wir auch immer irgendwas im Kopf, was man mal umsetzen sollte. An Ideen für Heft-Themen mangelt es eigentlich nie. Da haben wir auch aktuell eine lange Liste, was wir alles gerne mal thematisch umsetzen würden. Die Entscheidung was gemacht wird, treffen wir gemeinsam. Zeichner für das Heft zu finden ist nicht allzu schwer. Man ist ja selbst auch Fan von den Arbeiten anderer Leute. Und dann fragt man einfach mal, ob diese Leute auch mal etwas in Pure Fruit veröffentlichen möchten. Man lernt auch immer wieder welche kennen, wenn man irgendwo unterwegs ist oder Leute, die gerne etwas für das Heft zeichnen möchten schicken eine Mail. Da gibt es verschiedenste Wege. Die ganzen gezeichneten Anzeigen, die im Heft zu finden sind, werden zum größten Teil von uns, also den Herausgebern, gestaltet. Wir freuen uns natürlich immer, wenn uns dabei auch andere Zeichner unter die Arme greifen, die z. B. auch eine Geschichte für das Heft gezeichnet haben. Da ist die Hilfsbereitschaft sehr groß, was uns immer wieder freut.

Lebensgroße Figuren aus der Pure Fruit 3.

Release-Party für die Ausgabe 3.

Habt Ihr eine persönliche Lieblingsausgabe?
Wer von uns welche Ausgabe richtig gut findet, ist sicherlich sehr unterschiedlich. Recht zufrieden waren aber alle mit unserem sechsten Heft – einem Comic-Kochbuch für das wir den ICOM Independent Comic-Preis erhalten haben.

Warum nehmt Ihr eigentlich kein Geld?
Geld macht alles kompliziert. Wie schon erwähnt haben wir keine Lust das Heft für ein paar Euro zu verkaufen, weil sich das nicht lohnen würde und total viel Arbeit bereitet. Außerdem erreicht man viel mehr unterschiedliche Leute, wenn das Heft kostenlos ist. Pure Fruit wird ja nicht nur von Comic-Fans gelesen. Das ist auch immer eines unserer Ziele: Leute, die mit Comics eigentlich gar nichts am Hut haben ganz unverbindlich an das Medium heranführen.

Eine Werbeanzeige für das örtliche Comicgeschäft Fantasyreich.

Was ist das Schönste und was das Schwierigste an Pure Fruit?
Das Schönste ist, dass man durch Pure Fruit lernt, wie wertvoll Team-Work und wie unnötig Konkurrenzdenken ist. Und nach vielen Stunden ein neues, gedrucktes Heft in Händen zu halten, ist natürlich auch schön. Das Schwierigste ist die Heftqualität zu sichern. Das fängt beim eigenen Beitrag an, der natürlich gut werden soll. Das Heft zu finanzieren, ist auch nicht immer leicht, aber das ist ja klar. Sonst würde ja jeder irgendein kostenloses Heft machen. Und leicht ist es auch nicht immer, die Zeit für diese ganze Sache zu finden.

Welche Themen stehen als nächstes auf der Liste?
Da stehen superviele Themen auf der Liste. Aber wir wissen noch nicht so genau, welches als nächstes umgesetzt wird. Das wird diesmal eine sehr spontane Entscheidung.

Das Pure Fruit-Team auf der Kieler Woche: Der Fruitomat ist ein Comiczeichnungen-Automat, definitv eines der alljährlichen Highlights.