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Die Korrelation von Comic und Film
Ein Einblick in die reziproke Entwicklungsgeschichte zweier Medien

VĂ©ronique Sina (Bochum)

In Understanding Media (1964) proklamiert der kanadische Philosoph und Medienwissenschaftler Marshall McLuhan, dass der Inhalt eines Mediums immer ein anderes Medium sei (vgl. McLuhan, 8). Die Relevanz (inter-)medialer Relationen betonend verdeutlicht sein Ansatz, dass Medien stets auf sich selbst und andere mediale Formen verweisen und sogar aufeinander angewiesen sind, um sich zu konstituieren – eine These, die ebenfalls von Jay David Bolter und Richard Grusin in ihrer Monografie Remediation. Understanding New Media (1999) aufgegriffen wird. Genauer gesagt stellt die von McLuhan beschriebene Inkorporation bzw. Repräsentation eines Mediums durch oder in ein anderes für Bolter/Grusin ein grundlegendes Merkmal der Remedialisierung dar (vgl. Bolter/Grusin, 45). Davon ausgehend, dass Medien sich durch Wechselverhältnisse und Austauschprozesse gegenseitig bestimmen und somit Einzelmedien weder unabhängig voneinander funktionieren noch existieren können (vgl. ebd., 55), weisen die Autoren darauf hin, dass jede Form der Medialisierung als Akt der Remedialisierung verstanden werden muss (vgl. ebd., 55f.). Mit dem Prozess der Remedialisierung präsentieren Bolter/Grusin ein performatives Intermedialitätskonzept, das nicht nur dazu dient, komplexe Wechselbeziehungen zwischen einzelnen Medien in Augenschein zu nehmen, sondern gleichzeitig den Fokus auf (inter-)mediale Prozesse der Konstituierung legt (vgl. Seier, 70). Dementsprechend definieren Bolter/Grusin ein Medium als »that which remediates« (Bolter/Grusin, 65). Im Rahmen dieser Perspektivierung konstituieren sich Medien in (performativen) Wiederholungsprozessen, d. h. (neue und alte) Medien schließen sich nicht gegenseitig aus, sondern zitieren und überbieten einander, um etwas Neues zu schaffen (vgl. ebd., 55 sowie Seier, 70). Mit dem Konzept der Remedialisierung beschreiben Bolter/Grusin ein »mediales Basisphänomen« (Rajewsky, 50), welches auf die Durchlässigkeit bzw. das Verwischen medialer Grenzen aufmerksam macht. Bei unterschiedlichen medialen Formen – wie dem Film oder dem Comic – handelt es sich also nicht um fixe, in sich geschlossene Entitäten, sondern vielmehr um dynamische Formen, die sich in einem stetigen Austausch miteinander befinden und deren historische Genese auf vielschichtige Prozesse der Remedialisierung zurückzuführen ist (vgl. Qvortrup, 22).

In diesem Sinne ist die Entwicklungsgeschichte des Comics nicht in einem ›luftleeren Raum‹ zu betrachten. Bereits seine hybride Form, die Kombination bildlicher und sprachlicher Zeichen, kann als ein inter- oder besser gesagt multimediales Zusammenspiel, als ein Überschreiten medialer Grenzen verstanden werden. Das intermediale bzw. transgressive Potenzial des Comics beschränkt sich jedoch nicht nur auf das Zusammenspiel von Bild und Text. Seit seinen Anfängen ist der moderne Comic durch ein konstitutives Wechselverhältnis zu anderen Medien bestimmt. Durch intermediale Prozesse des Zitierens und Imitierens greift der Comic im Laufe seiner Entwicklungsgeschichte – auf inhaltlicher und formal-ästhetischer Ebene – immer wieder auf andere Medien (wie Literatur, Fernsehen oder Internet) zurück, um sich zu konstituieren. Indem der Comic »seine Welten auch anderen Medien zur Verfügung« (Knigge 1996, 316) stellt, übernimmt er wiederum selbst die Funktion einer innovativen Inspirationsquelle für neue und alte Medien. Im Rahmen dieses ›intermedialen Wechselspiels‹ kommt dem Film eine besondere Rolle zu.

Ziel dieses Aufsatzes ist es, dieser Rolle nachzuspüren und das langjährige Zusammenspiel des grafischen Mediums ›Comic‹ und des technischen Mediums ›Film‹ zu veranschaulichen. Der Fokus liegt hierbei insbesondere auf der Vor- und Frühgeschichte dieser wechselseitigen Beeinflussung, die schließlich in den 1970er Jahren in Richard Donners Superman-Verfilmung (1978) kulminiert. Dabei soll verdeutlicht werden, wie beide Medien sich in Form anhaltender Remedialisierungsprozesse gegenseitig beeinflusst und produktiv aufeinander eingewirkt haben. So bemerkt Georg Seeßlen in einem jüngst erschienenen Aufsatz, dass Comic und Film nicht nur »etwa zur gleichen Zeit und unter sehr ähnlichen Umständen entstanden« (Seeßlen 2012, 150) sind.1 Ihm zufolge stellen beide zudem eine »›Kunst für die Massen‹ und eine Form, die Bilder in Bewegung zu bringen« (ebd.), dar. Dass ausgerechnet der Aspekt der Bewegung hier als verbindendes Element zwischen Comic und Film genannt wird, erscheint zunächst ungewöhnlich. Während Letzterer bekanntermaßen dazu in der Lage ist, mit Hilfe technischer Projektion die Trägheit des menschlichen Auges zu überlisten, um den Anschein von Bewegung zu erzeugen, handelt es sich beim Comic um ein statisches Medium, das Bewegung und Dynamik ausschließlich mit Hilfe grafischer Gestaltungsmöglichkeiten suggeriert. Dennoch spielen »Bewegungsbilder« (ebd., 148) in der reziproken Entwicklungsgeschichte von Comic und Film eine zentrale Rolle.

Gezeichnete Streifen

Ende des 19. Jahrhunderts lässt sich eine allgemein wachsende Faszination für die Darstellung von Bewegungsfolgen beobachten, die sich in wechselseitigen Remedialisierungsprozessen zwischen Comic und Chronofotografie niederschlägt. Deren technische Innovationen erlauben es, komplexe Bewegungsabläufe in einzelne, sukzessiv aufeinander folgende ›Mikro-Augenblicke‹ zu zerlegen und auf Fotoplatten festzuhalten (vgl. Braun, 59). Die nun für das menschliche Auge sichtbar gemachten Phasen bringen nicht nur neue wissenschaftliche Erkenntnisse mit sich, sondern wirken sich auch auf die Arbeiten zeitgenössischer Karikaturist_innen und Comic-Künstler_innen aus. So nimmt etwa Winsor McCay in einem 1905 erschienenen Comicstrip der Serie Dream of the Rarebit Fiend (ab 1904) direkt Bezug auf die Bewegungsfotografien von Edward Muybridge (Abb. 1). In der Darstellung einer galoppierenden Pferdekutsche

folgt McCay Muybridge formal bis ins Detail […]: identische Größe der Einzelbilder, identische Platzierung des Motivs innerhalb der Kadrage, einheitliche Bewegungsrichtung und streng parallele ›Kamera-Position‹. (Braun, 65).

Abb. 1: In dieser Folge der Comicstripserie Dream of the Rarebit Fiend ahmt McCay die Chronofotografie von Edward Muybridge nach.

Gerade durch die exakte Übernahme der Darstellungskonventionen der Chronofotografie durch den Comic wird an diesem Beispiel jedoch auch deutlich, dass Karikaturen und Bildgeschichten schon vor dieser technischen Innovation Bewegungsprozesse u. a. mit Hilfe sukzessiver Bildfolgen dargestellt haben (vgl. Grünewald 2012, 28 sowie Kunzle, 348–351). Dementsprechend kann die Chronofotografie als Weiterführung eines (medialen) Trends verstanden werden, der bereits zuvor in den grafischen Künsten initiiert wurde. Oder wie der amerikanische Comicforscher David Kunzle formuliert:

In the 1870s the photographer Muybridge and the physiologist of movement E. J. Marey set out to transcribe and determine with scientific exactitude all the transitional phases of commonplace movements in humans and animals. Knowledge of their work, percolating through the 1880s, accelerated a process caricature had already begun, and it then filtered back through the application of photographically rendered movement in optical toys such as the zoopraxiscope. (Kunzle, 351)

Bei den von Kunzle erwähnten ›optischen Spielzeugen‹ handelt es sich um (vor-)kinematografische Apparaturen, die Bilder bzw. sequentielle Bildfolgen dank eines speziellen Rotationsverfahrens in Bewegung versetzen (vgl. Braun, 227).

Die Blütezeit ›optischer Spielzeuge‹ lässt sich zwischen 1830 und 1900 datieren. Während dieser Zeitspanne werden verschiedenste Experimente durchgeführt, deren primäres Ziel darin besteht, die Funktionsweise des menschlichen Auges aufzuzeigen (vgl. Dulac/Gaudreault, 228). Die zahlreichen Apparaturen, die sich hieraus entwickeln, lösen sich allerdings schon bald aus ihrem wissenschaftlichen Umfeld und werden zum Zwecke der Unterhaltung einem faszinierten Publikum vorgeführt. Mit ihren bewegten Bildern bieten z. B. das Phenakistikop oder das Zoetrop ihren Zuschauer_innen eine neuartige Form der visuellen Attraktion, die nicht nur auf dem Prinzip der Rotation basiert (vgl. ebd.), sondern auch auf dem comictypischen Darstellungsverfahren der gezeichneten bzw. gemalten (engen) Bildfolge.2 Dabei bedient sich das Phenakistikop einer Abfolge von Figuren, deren leicht variierende Posen auf einer Drehscheibe angeordnet sind. Das Zoetrop erzielt seine Illusion mit Hilfe einer karussellartigen Trommel und eines Papierstreifens, auf dem sequentielle Bewegungsphasen abgebildet sind (vgl. Braun, 227).

Noch deutlicher wird die Nähe zwischen dem Darstellungsprinzip eines Comicstrips – sprich einer chronologischen Folge von gezeichneten Einzelpanels, die in einem Streifen angeordnet sind (vgl. Grünewald 2000, 3), und den diversen visuellen Apparaturen des 19. Jahrhunderts in Anbetracht von Emile Reynauds Praxinoskop. Dank der Verwendung eines Spiegelprismas, das sich im Zentrum der Trommel befindet, sowie weiterer Spiegel und einer externen Lichtquelle ist das Praxinoskop in der Lage, seine Bilder »aus dem Inneren der Trommel nach außen zu projizieren« (Braun, 227). Überdies ist das Gerät nicht länger auf die Verwendung von Bildschlitzen und den damit einhergehenden »ständig wechselnden Hell-Dunkel-Phasen« (ebd.), auch Stroboskopeffekt genannt, angewiesen. Diese verbesserten Projektionsbedingungen und Lichtverhältnisse erlauben wiederum den Einsatz detaillierter Bilder und Zeichnungen:

The praxinoscope introduced a new approach to the figures by emphasizing the precision of the drawing and by exploiting the subtlety of the colors. This new way of conceiving the figures was strengthened by a constant tendency on Reynaud’s part to isolate the figures and to make them conspicuous. (vgl. Dulac/Gaudreault, 237)

Die Isolierung der Figuren erreicht Reynaud, indem er die einzelnen aufeinanderfolgenden Bilder mit Hilfe von Leerstellen (breite schwarze Linien) voneinander separiert (Abb. 2). Die Szenen des Praxinoskop-Streifens werden so nicht nur zu sequentiellen, sondern auch zu gerahmten Bildern (vgl. ebd.), deren räumliche Trennung mit Hilfe technischer Projektion wieder aufgehoben wird.3

Abb. 2: ein Praxinoskop (auch Tätigkeitsseher genannt) mit Bildstreifen.

Als visuelle Attraktion ihrer Zeit finden ›optische Spielzeuge‹ und (vor-)kinematografische Apparaturen vornehmlich im populären Unterhaltungstheater des späten 19. bzw. frühen 20. Jahrhunderts – dem so genannten Vaudeville – großen Anklang.

Vaudeville emerged from the ›concert rooms‹ or ›music halls‹ of the 1850s and 1860s, taverns where patrons were kept in a spending mood by the presentation of acts drawn from circuses, minstrel shows, and concert stages. (Allen, 23f.)

Das Vaudeville-Theater bietet seinen Zuschauer_innen ein bunt gemischtes Programm, das neben der Vorführung neuester Projektionsapparate4 auch Varieté-Nummern beliebter Comiczeichner_innen und Karikaturist_innen beinhaltet. Zu diesen gehören die so genannten chalk talks oder lightning acts, bei denen Künstler_innen ihre Bilder – entweder mit Kreide auf einer schwarzen Tafel oder aber mit Stift auf Papier – in besonders schneller Art und Weise skizzieren.5 Als Teil des Vaudeville-Bühnenprogramms erhalten Comic-Künstler_innen wie Winsor McCay oder Richard F. Outcault nicht nur die Möglichkeit, ihre zeichnerischen Fähigkeiten live vor einem zahlenden Publikum unter Beweis zu stellen (und somit ihre Einkünfte deutlich aufzubessern), sondern die enorm beliebten Theaterbühnen bieten ihnen ebenfalls die Chance, gezielt Werbung für ihre aktuellen Comicstripserien und -figuren zu betreiben (vgl. Braun, 149). Neben dem Trägermedium ›Tageszeitung‹ spielt also ebenfalls das Vaudeville zur Jahrhundertwende eine nicht zu unterschätzende Rolle für die Etablierung des Comics.6 Gleichzeitig bietet die Vaudeville-Bühne eine Plattform für erste intermediale Korrelationen zwischen Comic und Film.

Comics und (Animations)film

Im Jahr 1900 bringt der englischstämmige Schnellzeichner James Stuart Blackton die beliebten lightning acts vom Zeichenbrett auf die Leinwand: In einem zweiminütigen Kurzfilm mit dem vielsagenden Titel the enchanted drawing präsentiert er seinem Publikum eine Kombination aus Bühnenshow, Comic, Film und Animationstechnik. Dabei zeichnet er

vor laufender Kamera ein männliches Gesicht, eine Flasche und ein Glas auf eine Tafel, um dann im nächsten Moment durch einen Jump-Cut selbiges von der Zeichnung in die Realität zu überführen […]: Er greift nach der gezeichneten Flasche und schon hält er sie real in den Händen, während sie auf der Zeichnung verschwunden ist. Vergleichbares vollzieht sich mit der Zigarre des Mannes und seinem Zylinderhut: raus aus der Zeichnung, rein in die Realität und wieder zurück. Der Mann auf dem Papier kommentiert das mit wechselnden, mal zustimmenden, mal ablehnenden Gesichtsausdrücken. (Braun, 229f.)

Einige Jahre später wendet sich auch Winsor McCay der aufblühenden Gattung des Animationsfilms zu. Im Frühjahr 1911 präsentiert er seinen ersten moving comic – eine Adaption der erfolgreichen Comicstripserie Little Nemo in Slumberland (ab 1905).7 Genau wie zuvor Blackton setzt sich McCay in seinem Erstlingswerk als Zeichner in Szene und kombiniert so Realfilm mit animierten Comicsequenzen:

Zu Beginn [des Films] sehen wir Winsor McCay mit Freunden und Kollegen in einer Art Salon schwadronierend zusammensitzen […]. Zwischendurch beweist McCay sein künstlerisches Talent, indem er mit lockerer Hand seine berühmtesten Comic-Figuren, Little Nemo, Flip, Impie und Doktor Pill, auf ein Zeichenbrett im Bildhintergrund skizziert […]. Die Kamera schaut ihm dabei über die Schulter. Aus einer Laune heraus entsteht dann die Wette, dass es ihm gelingen wird, innerhalb der nächsten vier Wochen 4.000 Zeichnungen anzufertigen, um damit seine Figuren in Bewegung zu versetzen. Die Freunde halten das für unmöglich. Die Wette gilt! (Braun, 232)

Abb. 3: In seinem ersten Animationsfilm imitiert Winsor McCay die innovative Seiten- und Panelgestaltung seines Little Nemo in Slumberland-Comicstrips.

Die Wette gilt nicht nur, sie wird sogar von McCay gewonnen, denn das Werk ist schließlich »nach vier unermüdlichen Wochen Arbeit vollbracht« (ebd., 233). Vor versammelter Zuschauerschaft führt McCay seinen Animationsfilm vor, dessen erste Einstellung bezeichnenderweise eine Kombination aus Bild und Text mit dem Schriftzug »Watch me move!« präsentiert.

Aber nicht nur die Zusammenführung bildlicher und sprachlicher Elemente übernimmt McCay aus seinen Comics. Indem er die ihm zur Verfügung stehenden technischen Möglichkeiten ausschöpft, unternimmt er zudem den Versuch, die Ästhetik seiner Comics in das Medium Film zu remedialisieren. Die innovative Seiten- und Panelgestaltung einer Little-Nemo-Folge aus dem Jahr 1908 imitierend (Abb. 3), streckt und staucht McCay die Figuren seines Animationsfilms, »bis sie wie Gummitiere an die Grenzen ihres Bildraumes stoßen« (ebd., 237). Auch bei McCays folgender Produktion how a mosquito operates (1912) handelt es sich um die Adaption eines Comicstrips, und zwar um die animierte Version einer am 5. Juni 1905 erschienenen Folge der Serie Dream of the Rarebit Fiend (Abb. 4). Im Gegensatz zur Little-Nemo-Adaption realisiert »McCay hier zum ersten Mal einen Zeichentrickfilm mit durchgehender Handlung und schlüssiger Dramaturgie« (ebd., 239). Darüber hinaus verleiht er seiner tierischen Hauptfigur menschliche Charakterzüge und damit eine echte Persönlichkeit – eine Eigenheit, von der sich Walt Disney in der Umsetzung seiner berühmten Zeichentrick- und Comicfiguren einige Jahre später inspirieren lassen wird (vgl. ebd., 242). Mit gertie the dinosaur (1914) präsentiert McCay schließlich seine dritte und wahrscheinlich erfolgreichste Produktion. Genau wie seine vorherigen Werke wird gertie zunächst im Rahmen seines Vaudeville-Bühnenprogramms aufgeführt. Im Gegensatz zur Little-Nemo-Adaption und how a mosquito operates nutzt McCay die Live-Auftritte jedoch, um seinem begeisterten Publikum eine Art ›Dialog-Performance‹ darzubieten:

McCay stand persönlich im Frack und mit einer Dressur-Peitsche bewaffnet in der Rolle des Dompteurs vor der Leinwand und gab Gertie Anweisungen […]. Nicht nur, dass eine Cartoon-Figur via Zeichentrickfilm lebendig wurde, jetzt wurde sie auch noch so real, dass man vermeintlich live mit ihr sprechen konnte und sie interagierte. (Braun, 245)

Abb. 4: Diese Folge von Dream of the Rarebit Fiend dient McCay als Vorlage fĂĽr seinen Animationsfilm how a mosquito operates (1912).

Um den Film ebenfalls außerhalb seines Bühnenprogramms vermarkten zu können, konzipiert McCay einige Zeit später eine zusätzliche Realfilm-Rahmenhandlung, die seine Live-Darbietung ersetzen und darüber hinaus die Animationsfilmsequenzen ›glaubhaft‹ ein- und ausleiten soll (vgl. ebd., 232 sowie 251).

Dank der wachsenden Popularität der Zeitungsstrips ebbt die Korrelation zwischen Comic und Animationsfilm nicht ab. Immer mehr Filmemacher_innen greifen für ihre Produktionen auf die Inhalte der beliebten Comics zurück. So präsentiert Émile Cohl im Jahr 1917 eine filmische Adaption der französischen Serie Les Pieds Nickelés (ab 1908; vgl. Knigge 1996, 317). Mit dem Ziel, »die Verbindung zwischen Comic und Film […] in organisierte Bahnen« (ebd.) zu lenken, gründet der amerikanische Zeitungsverleger William Randolph Hearst im Jahr 1916 sogar ein eigenes Trickfilmstudio, »in dem seine Zeitungsserien Krazy Kat, Bringing Up Father, Silk Hat Harry und Little Jimmy animiert« (ebd.) werden. Im selben Jahr erscheinen ebenfalls Zeichentrickadaptionen der Comicstripserien Happy Hooligan (ab 1900)8 und Mutt and Jeff (ab 1907). Und auch hier lassen sich erste Versuche beobachten, die Ästhetik der Vorlage auf das Medium ›Film‹ zu übertragen:

Da dem Film die Sprache fehlte, war er damals noch enger mit den Comics verwandt als heute, und die Filmversion eines Comic Strips wie Mutt and Jeff verwendete folglich keine Zwischentitel, sondern arbeitete die Sprechblasen in den Film ein. Sobald der Zuschauer den Text gelesen hatte, wirbelten die Ballons davon oder explodierten. (Fuchs/Reitberger, 159)

Selbst wenn der Zeichentrickfilm zu Beginn des 20. Jahrhunderts »den eigenwilligen Umgang mit Zeichen« (Seeßlen 2012, 152) von den Comics übernimmt und damit nicht nur als besonders populäre, sondern auch als besonders frühe Form der Korrelation der beiden Medien angesehen werden kann, ist die vermeintlich früheste kinematografische Produktion, die sich dezidiert von einem Comic inspirieren lässt, kein Animationsfilm, sondern einer der ersten Realfilme der Gebrüder Lumière (vgl. Frémion, 164), l’arroseur arrosé (1895). Mit der humoristischen Inszenierung eines ›begossenen Gärtners‹ greift dieser Kurzfilm ein Thema auf, das bereits zuvor in verschiedenen Bildgeschichten, wie Hermann Vogels L’Arroseur (1887) oder George Colombs (alias Christophe) Histoire sans paroles – Un Arroseur public (1889; Abb. 5), dargestellt wurde (vgl. Smolderen, 199).

Abb. 5: Für ihren Film l’arroseur arrosé (F 1895) lassen sich die Gebrüder Lumière u. a. von dieser Bildgeschichte (1889) inspirieren.

Dank seiner humoristischen Note handelt es sich bei l’arroseur arrosé nicht nur um einen der ersten projizierten Filme, sondern ebenso um den wahrscheinlich ersten fiktionalen Film überhaupt – genauer gesagt um die vermeintlich erste Komödie der Filmgeschichte (vgl. Gunning, 88). Der amerikanische Filmhistoriker Tom Gunning bemerkt dazu, dass zwischen 1896 und 1905 zahlreiche Komödien eine dem Lumière-Film ähnliche Struktur aufweisen: »short films, consisting of a single shot, chronicling a gag or bit of mischief, and frequently featuring a youthful rascal« (ebd., 89). Für viele dieser von Gunning beschriebenen mischief gag films stehen humoristische Comicstrips Pate (vgl. ebd., 91f. sowie 101), wie Richard F. Outcaults Buster Brown (ab 1902) oder Rudolph Dirks’ The Katzenjammer Kids (ab 1897).

Die Comicstrips der Jahrhundertwende dienen jedoch nicht nur als Inspirationsquelle für diverse filmische Lausbubengeschichten. Mit ihrem typisierten Figurenrepertoire und meist ›surrealen Humor‹ lassen sich in den funny strips außerdem zahlreiche Elemente der Slapstick-Komödie wiederfinden (vgl. Seeßlen 2012, 151). Darüber hinaus liefern Comicserien wie Happy Hooligan oder Mutt and Jeff zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Vorlage für die durch Charlie Chaplin berühmt gewordene Figur des Tramps (vgl. Glasser, 200f.). Aufgrund seiner enormen Popularität findet Chaplin bzw. die von ihm verkörperte Tramp-Figur allerdings schon bald wieder den Weg zurück vom Film in die Comics:

L’arrivée de Charlie Chaplin sur les écrans fait l’effet d’un coup de tonnerre dans le monde des cartoonists. Les Happy Hooligan, les Everett True, les Mutt et autres Jeff ont désormais un rival tout aussi populaire qui ne vient pas de leurs rangs. La première parade est de tenter de l’annexer. En 1915, A. C. Carrothers crée sa série des Charlie Chaplin Comic Capers, que Segar poursuivra, tandis qu’Ed Carey introduit Chaplin dans son Pa’s Family and Their Friends tout comme Gus Mager (dans Haw-shaw the Detective), A. D. Gondo (dans The Outbursts of Everett True) ou Gene Ahern (dans Balmy Benny) en usent comme occasionnelle quest star.9 (ebd., 201)

Vom Comic zum Film und wieder zurĂĽck

Das Beispiel Chaplin verdeutlicht, dass sich nicht nur zahlreiche Filmproduktionen immer wieder von Comicgeschichten und -figuren inspirieren lassen. Umgekehrt lässt sich ebenso eine Remedialisierung des Films durch den Comic beobachten. So haben neben Chaplin ebenfalls

Heldengestalten wie Douglas Fairbanks, Errol Flynn, Humphrey Bogart, Alan Ladd, Gary Cooper […] geradezu kultische Verehrung auf sich gezogen. Ihre Filme haben die Zeichner und Autoren von Comic-Serien inspiriert, die wiederum, nachdem sie mit neuen Variationen und Abenteuerphantasien bereichert waren, zu Vorlagen oder doch Ideenquellen für neue Filme wurden. (Moscati, 9)

In Bezug auf den hier beschriebenen intermedialen Austausch spricht Massimo Moscati sogar von einem ›ewigen Kreislauf‹: »der Comic, der das Kino kopiert – der Film, der sich vom Comic inspirieren läßt« (ebd., 12). Zu diesem ›Kreislauf‹ zählen auch die von Elzie Crisler Segar für die Comicstripserie Thimble Theatre gezeichneten Funny Films (ab 1919; Abb. 6). Bei diesen handelt es sich um Spezialzeichnungen, genauer gesagt um gezeichnete Tafeln und Comicstreifen, die sich mit Hilfe einiger einfacher Handgriffe in ein ›Kino aus Papier‹ verwandeln lassen (vgl. Caneppele/Krenn, 12). Im Rahmen dieser Verwandlung werden die von Segar kreierten Comicstreifen von den Rezipient_innen ausgeschnitten und an zwei markierten Stellen durch die Tafel gezogen, so dass ein bewegter Filmstreifen – ein moving film entsteht. Dass es sich bei Segars Funny Films tatsächlich um gezeichnete Filme handeln soll, verdeutlicht der Künstler, indem er jeden Streifen nicht nur als solchen bezeichnet, sondern ihn auch mit einem entsprechenden Titel versieht. Darüber hinaus präsentiert Segar wie »in alten Kinotheatern üblich, […] den Namen des Kinos, mit griechischen Theatermasken garniert, über der Leinwand«, und »wie manche Vorbilder dort endeten die Streifen mit ›Another Show next week‹« (ebd.).

Abb. 6: Die von Elzie Crisler Segar kreierten Funny Films der Comicstripserie Thimble Theatre gleichen einer WiederauffĂĽhrung des Kinos bzw. Films durch den Comic.

Eine andere Form der Imitation des Kinos bzw. des Films durch das Medium ›Comic‹ stellt die im Jahr 1939 erschienene Heftserie Movie Comics dar. Mit Hilfe von film stills, die mit Sprechblasen versehen werden, präsentiert das Heft Adaptionen erfolgreicher Kinoproduktionen, wie John Fords stagecoach (1939; vgl. Knigge 1996, 320).10 Der von Movie Comics initiierte transmediale Trend, populäre Filme als Comicgeschichten zu remedialisieren, ist bis heute ungebrochen. Während in den 1970er Jahren verschiedene Comicversionen bekannter Kinofilme im Marvel Verlag erscheinen (vgl. ebd., 321), sind es heutzutage vor allem die Verlagshäuser Dark Horse und IDW, die zahlreiche Franchise-Filmreihen und Fernsehserien als Comicserien weiterführen, darunter etwa star wars, alien, predator,11 CSI (ab 2000), 24 (2001–2010) oder buffy the vampire slayer (1997–2003). Darüber hinaus finden längst nicht mehr nur Themen und Inhalte erfolgreicher Film- und Fernsehproduktionen den Weg in die Comics. Wie Andrea Fornasiero verdeutlicht, sind auch immer mehr Film- und Fernsehschaffende an der Produktion von Comics beteiligt. So wird z. B. der amerikanische Regisseur Kevin Smith, der seine Comicaffinität bereits zuvor in mallrats (1995)12 oder chasing amy (1997)13 unter Beweis gestellt hat, im Jahr 1998 vom Verlagshaus Marvel als Autor für die Serie Daredevil (ab 1964) engagiert.14 Im Rahmen der vom Virgin Comics Verlag publizierten Reihe Director’s Cut (ab 2006) erhalten Regisseure wie Guy Ritchie, John Woo oder Shekar Khapur sogar die Möglichkeit, ihre eigenen Comicserien zu verwirklichen. Bei der Adaption der matrix-Filmreihe15 sind die Wachowski-Geschwister nicht nur als Berater_innen und Autor_innen, sondern auch als Herausgeber_innen tätig (vgl. Fornasiero, 566).

Umgekehrt wechseln aber immer wieder Künstler_innen aus den verschiedensten Comicgenres in die Filmbranche, um dort beispielsweise als Storyboard-Zeichner_innen, Autor_innen oder Designer_innen an diversen Produktionen mitzuwirken.16 So war der kürzlich verstorbene Comic-Künstler Jean Giraud (alias Moebius) u. a. an den Filmen ALIEN (1979), blade runner (1982) oder the fifth element (1997) beteiligt. Der Amerikaner Frank Miller lieferte wiederum das Drehbuch für robocop 2 (1990) und robocop 3 (1993). Auch Neil Gaiman ist bei Filmproduktionen als Autor tätig: Von ihm stammen u. a. die Drehbücher für mirrormask (2005) und beowulf (2007; vgl. Fornasiero, 569). Mit sin city (2005), sin city: a dame to kill for (2014) und immortel (ad vitam) (2004) sind zudem beispielhaft internationale Produktionen zu nennen, bei denen die Comic-Künstler_innen selbst die Aufgabe der Regieführung für die filmische Remedialisierung ihrer grafischen Vorlagen übernommen haben.

Comic Books und Serials

Auch wenn sich Comic und Film im Lauf ihrer Entwicklungsgeschichte immer wieder austauschen, kopieren, imitieren und zitieren, um sich zu konstituieren, ist nicht zu vergessen, dass beide Medien in einem ständigen Konkurrenzkampf zueinander stehen. Mit dem von Jay David Bolter und Richard Grusin beschriebenen Konzept der Remedialisierung ist also stets »ein Prozess des ›Refashioning‹, d. h. der Remodellierung anderer Medien oder des eigenen Mediums« (Seier, 71) verbunden. Der Prozess der Remedialisierung ist demnach »nicht nur als Nachahmung, sondern zugleich als Akt der Überbietung zu verstehen« (ebd., 75). Denn das »eine Medium will eben das bieten, was das andere nicht kann« (Seeßlen 2012, 152).

So liefert der Film seinen Zuschauer_innen seit Ende der 1920er Jahre nicht nur die bewegte Bildfolge, sondern ebenfalls den Ton. Mit der Einführung der Tonspur können nun »Abenteuerstoffe […] glaubhafter und atmosphärisch dichter« (Knigge 1996, 318) umgesetzt werden. Infolgedessen erlebt vor allem das Gangster- und Science-Fiction-Genre im Hollywood der 1930er Jahre einen regelrechten Boom (vgl. ebd. sowie Moscati, 22). Mit der stetig wachsenden Anzahl von Produktionen entwickelt sich Hollywood zudem zu einer wahren Industrie, die den Comic mehr und mehr zur Seite drängt. Während die Popularität der talking pictures steigt, nimmt das Interesse der Rezipient_innen an den bis dato so beliebten humoristischen Zeitungscomics immer weiter ab. Die Comics scheinen sowohl der Konkurrenz des Films (bzw. des Kinos) als auch der harschen, von der Weltwirtschaftskrise geprägten gesellschaftlichen Realität nicht mehr gewachsen zu sein (vgl. Knigge 1996, 64).

Auf der Suche nach neuen Themen, die das Medium zeitgemäß erscheinen lassen und wettbewerbsfähig machen sollen, greifen diverse Comicmacher_innen schließlich auf das literarische Genre der pulp magazines zurück. Dabei handelt es sich um serielle Heftpublikationen »mit trivialen Abenteuerromanen, die ihren Namen der holzartigen Pulpe verdanken, aus denen ihr billiges Papier hergestellt wurde« (Knigge 2009, 16). Mit durchschnittlich 250 verschiedenen Titeln präsentieren die pulps ihren Leser_innen eine hohe Spannbreite an unterschiedlichsten Themen (vgl. Fuchs/Reitberger, 159). Besonders beliebt sind allerdings auch hier Science-Fiction- und Abenteuergeschichten wie Edgar Rice Burroughs’ Tarzan of the Apes (1912) oder Philip F. Nowlans Armageddon 2419 A.D. (1928). Beide Erzählungen werden – ganz im Sinne einer klassischen Repurposing-Strategie17 – im Januar 1929 als Comic adaptiert: Aus Burroughs Tarzan-Serie wird Hal Fosters Tarzan-Comicstrip und aus Nowlans Armageddon wird Richard Calkins Buck Rogers (vgl. Knigge 2009, 16).

Durch die Adaption der pulp magazines profitiert der Comic nicht nur von neuen abenteuerlichen Geschichten, sondern auch von der Aneignung des Fortsetzungsprinzips, welches bis heute als typisch fĂĽr das Medium gilt. Denn wie

die Einführung der Tonspur Ende der 1920er Jahre dem Film die Möglichkeit der auf atmosphärische Glaubwürdigkeit bedachten Genreerzählung eröffnete, so ebnete die Fortsetzung dem Comic den Übergang vom pointierten burlesken Gag zu eskapistischen Fluchtwelten in Form komplexer Abenteuer, die in einer scheinbaren Realität angesiedelt sind. (ebd.)

Der RĂĽckgriff auf die pulps bringt darĂĽber hinaus die Etablierung eines bis dato fĂĽr das Medium ungewohnt naturalistischen Zeichenstils mit sich:18

Mit dem Aufkommen der Abenteuer-Comics änderte sich der grafische Stil der Zeitungsserien. Vorherrschend wurde nun eine dem Naturalismus verpflichtete, oft düstere Ästhetik, deren spektakuläre Wirkung die Leser vor allem in den Anfangsjahren oft über krude Storys und logische Brüche – eine Eigenart auch der in Fortsetzungen erschienenen Kolportageromane des 19. Jahrhunderts – hinwegsehen ließ. (ebd.,17.)

Wie Thomas Becker betont, führen die Comics mit ihrer neu gewonnenen ›naturalistischen‹ Ästhetik, neben den Konventionen der pulp magazines, ebenfalls »den Realismus des Films am Beispiel vom Genrefilm in die Ästhetik des Comics« (Becker, 69) ein. Die Abenteuercomics der 1930er Jahre

sind daher nicht mehr am Cartoon, sondern mit ihren mimetisch virtuos umgesetzten Zeichnungen an Schnitttechniken, Schattenwurf, Kameraeinstellung und Fokussierung des Genrefilms in Form von Western, Krimi, Science-Fiction und Abenteuer orientiert. (ebd.)

Die Orientierung des Comics an den Darstellungskonventionen des Genrefilms findet allerdings nicht ohne eine gehörige Portion der Übertreibung und Überzeichnung statt, welche wiederum als Inspirationsquelle für die europäische Nouvelle-Vague-Bewegung19 der späten 1950er Jahre dient (vgl. ebd.). So ist beispielsweise die von »Filmschnitten« (ebd., 70) durchzogene Erzählung des von Chester Gould kreierten Kriminalcomics Dick Tracy (ab 1931) »am intermedialen Zusammenspiel einer mimetischen Zeichenkunst und den Techniken des Kinos orientiert« (ebd.). Darüber hinaus weist Dick Tracy »ganz besonders drastische Elemente der genrehaften Übertreibung auf« (ebd.), die wiederum von Regisseuren wie François Truffaut aufgegriffen werden.20

Zu Beginn der 1930er Jahre ändert sich neben der thematischen Bandbreite und der neu gewonnenen Ästhetik die Erscheinungsform des Mediums. Denn als Harry Wildenberg und Max C. Gaines 1933 auf die Idee kommen, Sonntagsseiten auf ein handliches Format zu verkleinern und dem Seifenhersteller Procter & Gamble als Werbemittel zu verkaufen, lösen sich die Comics von ihrem bisherigen Trägermedium, der Tageszeitung, ab, und das Comicheft bzw. comic book als eigenständige Form entsteht (vgl. Knigge 2004, 95). Während die ersten comic books vorerst nur Nachdrucke populärer Zeitungsserien enthalten, werden schon bald eigene Geschichten produziert. Dazu gehört auch Jerry Siegels und Joe Shusters Superman, dessen Abenteuer im Juni 1938 in der ersten Ausgabe der Action Comics ansezten, die Comicwelt zu revolutionieren. Dank Superman, Batman und Co. etabliert sich im goldenen Zeitalter des Comics21 nicht nur ein Genre, das bis heute untrennbar mit dem Medium verbunden ist. Durch den zunehmenden Erfolg der Superheld_innen erhält ebenfalls die stagnierende Comicproduktion einen erheblichen Auftrieb. Dieser wird zusätzlich durch den Ausbruch des Zweiten Weltkrieges massiv gefördert: Patriotische Comic-Held_innen, die meist aus der Feder jüdischer Comic-Künstler_innen stammen, erhalten die Chance, ihre Superkräfte gegen eine realistische Bedrohung einzusetzen, indem sie erfolgreich gegen Nazi-Schurken oder sogar gegen Hitler selbst in den Krieg ziehen (vgl. Knigge 2009, 19).

Der Erfolg der Superheld_innen bleibt nicht ohne Auswirkungen auf das Medium ›Film‹. In den 1930er und 40er Jahren werden immer mehr populäre Comicfiguren in Form so genannter serials auf die Leinwand übertragen.22 Infolgedessen erhalten Superhelden wie Batman, Superman oder Flash Gordon nach und nach ihre eigenen Fortsetzungsfilme (vgl. Knigge 1996, 319).23 Überdies entstehen ab 1946 »auch Comic-Adaptionen als abendfüllende Spielfilme« (ebd., 320). Ebenso wie bei den serials handelt es sich bei diesen Werken meist um möglichst schnell und kostengünstig produzierte Serienfilme bzw. film series.24 Mit der steigenden Popularität des Fernsehens erhalten die serials und Serienfilme des Kinos in den 1950er Jahren jedoch eine ernsthafte Konkurrenz, und ihre Produktion wird aufgrund mangelnder Profitabilität zunächst wieder eingestellt, bevor sie mit »dem Aufkommen des neuartigen Sendeformats der ›Fernsehserie‹ […] auch für das neue Medium wieder interessant« (Ofenloch, 21) und ausgewertet werden. Ab den 1950er und 60er Jahren erscheinen zudem immer mehr Zeichentrick- und Realfilmserien, nun direkt für das Medium ›Fernsehen‹ produziert.25

Comics und die Nouvelle Vague

Um im immer stärker werdenden Wettbewerb um die Gunst der Zuschauer_innen mit dem Fernsehen mithalten zu können, kommt es ab Mitte der 1950er Jahre ebenfalls zu kostspieligeren Filmproduktionen. Während bis dato vor allem der schnelle und günstige Dreh comicbasierter Werke im Vordergrund gestanden hatte, setzt Hollywood nun auf Opulenz und Qualität. Im Rahmen dieser aufwendigen Kinofilme entsteht Henry Hathaways Adaption der Comicstripserie Prince Valiant (ab 1937). Mit ihren prächtigen Kulissen und malerischen Landschaftsaufnahmen wird die vornehmlich als Historienfilm wahrgenommene Produktion zu einem kommerziellen Erfolg. Die Tatsache, dass prince valiant (1954) auf einem Comic beruht, spielt dagegen kaum eine signifikante Rolle (vgl. Ofenloch, 24). Erst in den späten 1960er Jahren kommt mit barbarella (1967) eine europäische Comicverfilmung in die Kinos, die auch dezidiert als solche von der Öffentlichkeit rezipiert wird. Der von Roger Vadim inszenierte Film basiert auf der gleichnamigen Serie des französischen Comic-Künstlers Jean-Claude Forest und präsentiert die »phantastischen, erotischen Abenteuer der Titelheldin Barbarella« (ebd., 25). Die französische Comicserie, die 1962 im V Magazine zum ersten Mal erscheint und ihrem Publikum eine von Brigittte Bardot inspirierte Protagonistin darbietet,26 trägt mit ihren lasziven Inhalten, welche schon bald »die Zensurbehörden alamierte[n]« (Knigge 2004, 165), maßgeblich zu der Etablierung der BD Adulte, also dem (franko-belgischen) Comic für Erwachsene bei.27 Dem Beispiel Barbarella folgen schnell weitere, und der franko-belgische Comic entwickelt sich – inspiriert vom Geist der 68er-Revolution – zunehmend vom ›jugendgefährdenden‹ »Trivialmedium zum etablierten Kulturgut« (Raatschen, 177)28 – Eine Entwicklung, die sich ebenso in der (kulturellen) Institutionalisierung der bande dessinée29 als Neuvième Art – also als Neunte Kunst widerspiegelt.30

Die Akzeptanz der bande dessinée (bzw. des Comics) als eigenständige Kunstform wird sicherlich auch durch die Tatsache gefördert, dass in den 1960er Jahren bereits etablierte Künste, wie die Malerei in der Strömung der Pop Art31 oder der avantgardistische Film, zunehmend auf die visuelle Sprache des Comics zurückgreifen. Mit pierrot le fou (1965) und á bout de souffle (1960) entstehen im Rahmen der Nouvelle-Vague-Bewegung Filme, die sich »ganz ausdrücklich auf das gezeichnete Medium beziehen« (Moscati, 166) und damit ihrerseits zu der kulturellen Legitimierung des Comics beitragen. In diesen Produktionen wird der Comic u. a.

als Bereicherung für die Sprache des Films genutzt, als kulturelles Phänomen für die Charakterisierung der Helden verwendet oder taucht als neurotische oder regressive Idee auf. (ebd.)

In pierrot le fou ist der Protagonist Ferdinand Griffon (›Pierrot‹) Fan der französischen Comicreihe Les Pieds Nickelés. Gespielt wird die Figur des ›Pierrot‹ von Jean-Paul Belmondo, der seinerseits unter der Federführung des französischen Comic-Künstlers Jean Giraud zur Starvorlage für die Westernheldenfigur Blueberry in der gleichnamigen bande-dessinée-Serie wird. Durch den Einsatz diverser jump cuts, also rhythmischer Bild- und Zeitsprünge, gelingt es dem Regisseur Jean-Luc Godard in á bout de souffle, die Kontinuität des Bildflusses und damit gleichzeitig »das Potenzial des Films, Bewegungen zu zeigen, durch Ellipsen« (Scholz, 54) zu unterbrechen. Dabei evoziert die Fragmentierung des Gezeigten »eine Leistung beim Zuschauer […] die dem Comic ohnedies inhärent ist: Das Fehlende zwischen zwei Bildern muss vom Zuschauer kompensiert werden« (ebd.).

Mit Federico Fellini, Jacques Rivette und Alain Resnais sind zudem drei weitere europäische Regisseure zu nennen, die sich vermehrt mit dem Medium ›Comic‹ beschäftigen. Denn wie Andreas Platthaus bemerkt, war Fellini »zeit seines Lebens ein begeisterter Comic-Leser« (Platthaus 2008, 120), der »seine eigenen Filme durch gezeichnete Drehbuchentwürfe vorzubereiten« (ebd., 121) pflegte. Da die filmische Umsetzung dieser grafischen Drehbücher in zwei Fällen scheiterte, adaptiert Fellini (gemeinsam mit Mila Manara) seine Zeichnungen in den 1990er Jahren schließlich als Comics.32 Im Gegensatz zu Fellini sind Alain Resnais und Jacques Rivette nicht selbst an der Produktion von Comics beteiligt, sondern setzen sich u. a. durch die Gründung des CBD (Club des Bandes Dessinées), gemeinsam mit François Truffaut, Chris Marker und Francis Lacassin, für die künstlerische und wissenschaftliche Etablierung der franko-belgischen bande dessinée ein (vgl. Becker, 69). Während sich der CBD – vornehmlich im Rahmen der clubeigenen Zeitschrift Giff-Wiff (ab 1962) – zunächst dem Nachdruck klassischer (amerikanischer) Comics aus den 1930er und 40er Jahren widmet, entwickelt sich parallel dazu schon bald ein kritischer Diskurs, der sich mit der Geschichte und Entwicklung der bande dessinée sowie ihrer formal-ästhetischen Merkmale beschäftigt (vgl. Grove, 234). Mit der Transformation des CBD in das Centre d’Étude des Littératures d’Expression Graphique (CELEG)33 sowie der Gründung der Zeitschrift Cahiers de la Bande Dessinée (1969–1989)34 wird der Trend zur differenzierten Auseinandersetzung mit dem Comic – und die damit verbundene Legitimierung des Mediums als ernsthafte Darstellungs- sowie Erzählform – auch in den folgenden Jahren (zunächst in Frankreich und später in ganz Europa) weiter vorangetrieben (vgl. ebd., 236).35

Filmische Comics

Während die Bezüge zum Medium ›Comic‹ in den Werken der Nouvelle-Vague-Bewegung meist als Technik der bewussten Verfremdung eingesetzt werden, um die Zuschauer_innen explizit auf bestimmte Brüche innerhalb des filmischen Illusionsrealismus hinzuweisen,36 ordnet der amerikanische Blockbusterfilm der 1970er Jahre die Sprache des Comics zunehmend seinen »eigenen, unterhaltenden Zwecken« (Moscati, 167) unter:

Regisseure und Drehbuchautoren, um die 30 Jahre alt wie Lucas, Spielberg, Carpenter, Lawrence Kasdan (um nur einige zu nennen), die mit Superhelden-Comics und Science-fiction großgeworden sind, entwickelten einen neuen Stil und hatten damit auf Anhieb Erfolg beim Kinopublikum […]. Genaugenommen besteht das heutige Erfolgskino mit all seinen Spezialeffekten und pyrotechnischen Sensationen vorwiegend aus einer Art filmischem Comic […]. Diese Tendenz läuft wohl genau entgegengesetzt zu jener der 60er Jahre, als die Nouvelle Vague (und besonders die Beiträge von Resnais und Godard) einen bewußten Dialog mit dem Medium des Comics führten. (ebd.)

Als Wegbereiter für die von Moscati erwähnten ›filmischen Comics‹ dient der erste Teil von George Lucas’ Weltraumsaga star wars (1977). Dieser ist nicht nur von diversen Comicreferenzen durchzogen,37 sondern beeindruckt sein Publikum außerdem durch den Einsatz neuester Tricktechnik und löst damit eine regelrechte »Welle von Special-Effects-Filmen aus« (Knigge 2004, 261).

Zu dieser zählt auch Richard Donners Superman-Verfilmung aus dem Jahr 1978.38 Denn mit superman kommt zum ersten Mal eine Comicverfilmung in die Kinos, der es durch den Einsatz technischer Errungenschaften gelingt, die ›unmögliche‹ Welt der Superheld_innen glaubhaft auf die Kinoleinwand zu transportieren (vgl. Ofenloch, 25). In diesem Zusammenhang bemerkt Simon Ofenloch, dass für die filmische Umsetzung der Superman-Comics

sämtliche Tricktechniken bemüht [wurden], die zu jener Zeit der Filmproduktion zur Verfügung standen. Miniaturen, Kleinstmodelle, die pyrotechnisch zerstört werden konnten, Matte Paintings zur Montage gemalter Hintergründe, Rück- und Frontprojektionen, die viel bemühte Blue Screen und Retuschearbeiten, um insbesondere die Drähte auf dem Filmbild zu entfernen, an denen der Schauspieler Christopher Reeve ›flog‹, wurden für optische und mechanische Attraktionen genutzt. (ebd., 26)

Der von Ofenloch beschriebene Einsatz filmtechnischer Mittel zahlt sich aus, denn superman wird zu einem Meilenstein technisch bewegter Comicbilder, der dank seiner finanziellen Rentabilität maßgeblich zum internationalen Durchbruch des Phänomens ›Comicverfilmung‹ beiträgt.39

Auch 40 Jahre nach Richard Donners Kassenschlager haben Comicadaptionen nichts von ihrer Faszination eingebüßt und stellen bis heute die wohl erfolgreichste Form der Korrelation von Comic und Film dar. So listet die Internetseite boxofficemojo rund 100 Titel auf, die seit den späten 1970er Jahren den Weg auf die Kinoleinwände gefunden haben. Und genau wie superman bleiben auch zeitgenössische Produktionen wie hulk (2003), scott pilgrim vs. the world (2010) oder die x-men-Reihe (2000–2014) in ihrer Umsetzung im hohen Maße von Innovationen im Bereich der digitalen Filmtechnik oder Computeranimation abhängig, die den erfolgreichen Transfer vom Comic zum Film in vielen Fällen erst realisierbar machen und damit der »Comic-Werdung des Films« (Meteling, 131) bisher ungeahnte Möglichkeiten eröffnen. Wie sehr sich der Film im digitalen Zeitalter seinem grafischen Pendant anzunähern vermag, zeigen die bereits erwähnten Produktionen sin city und immortel (ad vitam).40 Beide können einer neuen Generation von Adaptionen zugeordnet werden, die sich nicht länger als ›verfilmte‹ Comics bezeichnen lassen. Durch die gezielte filmische Wiederaufführung comichafter Elemente41 stellen sie vielmehr eine neue entgrenzte Erzählweise dar, die als Verschmelzung von Comic und Film angesehen werden kann (vgl. Seeßlen 2011, 259f.).42 Diese von Georg Seeßlen als ›Comic/Filme‹ beschriebene Generation markiert nicht nur den aktuellen Höhepunkt der langjährigen Verbundenheit von Comic und Film, sondern demonstriert überdies auf eindrückliche Weise das auf Remedialisierungsprozessen basierende Verhältnis beider Medien.43

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Filmografie

  • á bout de souffle (F 1960; R: Jean-Luc Godard).
  • barbarella (F/I 1967; R: Roger Vadim).
  • gertie the dinosaur (USA 1914; R: Winsor McCay).
  • how a mosquito operates (USA 1912; R: Winsor McCay).
  • immortel (ad vitam) (F/I/GB 2004; R: Enki Bilal).
  • l’arroseur arrosĂ© (F 1895; R: Louis Lumière).
  • mallrats (USA 1995; R: Kevin Smith)
  • pierrot le fou (F/I 1965; R: Jean-Luc Godard).
  • sin city (USA 2005; R: Frank Miller und Robert Rodriguez).
  • star wars (USA 1977; R: George Lucas).
  • superman (USA 1978; R: Richard Donner).
  • zazie dans le metro (F/I; R: Louis Malle).

Abbildungsverzeichnis

 

  • 1] Im Rahmen des wissenschaftlichen Diskurses wird die ›Geburtsstunde‹ der Medien ›Comic‹ und ›Film‹ gerne fĂĽr das Jahr 1895 ausgemacht: Am 28. Dezember 1895 fĂĽhren die BrĂĽder Auguste Marie Louis Nicolas und Louis Jean Lumière zum ersten Mal ihren Film la sortie de usines lumiĂ©re (1895) im Grand CafĂ© in Paris vor zahlendem Publikum auf. Am 7. Juli 1895 erscheint der (vermeintlich) erste amerikanische Comicstrip The Yellow Kid in der New York World (vgl. Moscati, 7).
  • 2] Dietrich GrĂĽnewald unterscheidet zwischen enger und weiter Bildfolge. Während letztere einen ›Bild-Sprung‹, also eine Panelsequenz, deren Einzelbilder »zeitlich relativ weit auseinander liegen« präsentiert, stellt die enge Bildfolge einen ›Bild-Fluss‹ dar, welcher sich durch eine Panelsequenz kennzeichnet, zwischen deren Einzelbildern »nur ein relativ kurzer Zeitraum vergangen ist« (GrĂĽnewald 2000, 31f.).
  • 3] Dasselbe Prinzip ist ebenfalls bei einem klassischen Filmstreifen zu beobachten. Dementsprechend bemerkt Scott McCloud, dass es sich bei einem Film (vor dessen Projektion) lediglich um einen sehr ›langsamen‹ Comic handelt (vgl. McCloud, 8).
  • 4] In diesem Zusammenhang bemerkt Robert C. Allen, dass »[t]he Latham Eidoloscope, Edison/Armat Vitascope, Biograph, and Lumière CinĂ©matographe, among others, were all demonstrated in American vaudeville theatres« (Allen, 4f.).
  • 5] In seinem BĂĽhnenprogramm Seven Ages of Man zeichnet Winsor McCay »die einander zugewandten Profile eines Jungen und eines Mädchen, die er dann durch permanentes Weiterzeichnen modifiziert[e] und alle Lebensalter durchlaufen« (Braun, 153) lässt.
  • 6] Eine Tatsache, die Scott McCloud ebenfalls betont, wenn er darauf hinweist, dass es sich bei den humoristischen Comicstrips der Jahrhundertwende im Prinzip um ›Vaudeville auf Papier‹ (paper Vaudville) handelt (vgl. McCloud, 27). Genau wie der Film bzw. das Kino kann also ebenso das Medium ›Comic‹ als ›Erbe des Vaudeville‹ angesehen werden (vgl. Platthaus 2006, 222).
  • 7] Der Film erscheint 1911 ohne spezifischen Titel und wird mit Winsor McCay, The Famous Cartoonist of the N.Y. Herald and His Moving Comics – The first artist to attempt drawing pictures that will move angekĂĽndigt (vgl. Braun, 231).
  • 8] Bevor Happy Hooligan als Zeichentrick adaptiert wird, gibt es bereits erste Realverfilmungen der beliebten Comicstripserie. In diesem Zusammenhang bemerken Paolo Caneppele und GĂĽnter Krenn, dass »bereits Edison und später auch andere Companies ab 1900 Oppers Strip in diversen Episoden verfilmten« (Caneppele/Krenn, 10).
  • 9] »Die Ankunft Charlie Chaplins auf der Leinwand erschĂĽttert die Welt der cartoonists wie ein Donnerschlag. Figuren wie Happy Hooligan, Everett True, Mutt und andere Jeffs haben nunmehr einen Rivalen, welcher genauso populär ist und nicht aus ihren Reihen stammt. Die erste GegenmaĂźnahme, ist der Versuch, ihn einzugliedern. 1915 kreiert A.C. Carrothers die Serie Charlie Chaplin Comics Caspers, die Segar fortfĂĽhren wird, während Ed Carey Chaplin als gelegentlichen guest star in seiner Serie Pa’s Family and Their Friends einfĂĽhrt, genau wie es auch Gus Mager (in Haw-shaw the Detective), A. D. Gondo (in The Outbursts of Everett True) oder Gene Ahern (in Balmy Benny) tun« (Ăśbers. d. Verf.).
  • 10] Neben Movie Comics erscheinen auf dem amerikanischen Markt noch weitere Titel wie Fawcett Movie Comics, Motion Picture Comics, Movie Thriller, Movie Classics oder Feature Films (vgl. Knigge 1996, 320f.). Ein ähnliches Phänomen ist ebenso in Europa zu beobachten. »So tauchen immer wieder in Frankreich, Italien und Spanien – meist integriert in Comic-Magazinen – Film-Comics auf. Bei einigen Verlagen hielt man es jedoch in Europa fĂĽr ĂĽberflĂĽssig, Zeichner zu engagieren. Man zerlegte einfach den Film in viele Einzelbilder, klebte Erzähltexte und Sprechblasen ein und hatte so einen Filmroman in Comic-Form hergestellt« (Fuchs, 36).
  • 11] Die Dark Horse-Comicserie Aliens vs. Predator (ab 1989) liefert wiederum die Vorlage fĂĽr den Film avp: alien vs. predator (2004).
  • 12] In dem von Kevin Smith inszenierten Film mallrats (1995) trifft einer der Protagonisten beispielsweise auf die Comiclegende Stan Lee.
  • 13] Der Film chasing amy dreht sich um die beiden Comic-KĂĽnstler Holden McNeill (Ben Affleck) und Banky Edwards (Jason Lee).
  • 14] Die Comicaffinität von Kevin Smith kommt zudem in dessen aktuellem Werk, der TV-Reality-Serie comic book men (ab 2012) zum Vorschein.
  • 15] Zu der matrix-Reihe zählen die Filme matrix (1999), matrix reloaded (2003) und matrix revolutions (2003).
  • 16] Dieses Phänomen ist auch in der TV-Branche zu beobachten: »The improving status of comics’ artists in mass culture has also not gone unnoticed by TV studios, especially by producers dealing with genres such as fantasy, science-fiction and, obviously, super-hero dramas. They hired comics artists as consultants, writers and co-producers; examples are Jeph Loeb and Paul Dini on Lost (2004), Loeb then moved to Heroes (2006) to reach his friend and collaborator Tim Sale, while Brian K. Vaughan joined the staff of the third season of Lost taking the place of Loeb and Dini« (Fornasiero, 565).
  • 17] Als repurposing ist die Wiederverwendung oder WiederauffĂĽhrung medialer Inhalte zu verstehen: »The entertainment industry defines repurposing as pouring a familiar content into another media form; a comic book series is repurposed as a live-action movie, a televised cartoon, a video game, and a set of action toys. The goal is not to replace the earlier forms, to which the company may own the rights, but rather to spread the content over as many markets as possible.« (Bolter/Grusin, 68)
  • 18] Mit der Bezeichnung ›naturalistisch‹ ist hier ein Zeichenstil gemeint, dessen Repräsentationsästhetik sich an den Darstellungskonventionen von ›realistischer‹ Perspektive und Proportion orientiert und sich ebenfalls in der LinienfĂĽhrung deutlich von den bis dato vorherrschenden karikierenden und auf dem Prinzip der humoristischen Simplifizierung basierenden Comicstrips absetzt.
  • 19] Der Ausdruck Nouvelle Vague bezieht sich in erster Linie auf eine Gruppe von Kritiker_innen, die fĂĽr die französische Zeitschrift Cahiers du CinĂ©ma geschrieben haben und ab 1959 zur Regie wechselten (vgl. Monaco, 119). Der Begriff bezeichnet somit eine neue Generation von avantgardistischen Regisseuren, deren experimentierfreudige Werke sich ab den späten 1950er Jahren gegen die etablierten Konventionen und Traditionen des narrativen Kinos, dem so genannten cinĂ©ma de papa, richten (vgl. Hayward, 154).
  • 20] Wie Thomas Becker weiterhin ausfĂĽhrt, taucht die »RĂĽckfĂĽhrung des zur Ăśbertreibung neigenden genrehaften Krimis […] z. B. in Filmen wie Truffauts Tirez sur la pianiste wieder auf: Die Motivation der Verbrecher bleibt im Dunkeln. Es handelt sich um eine reine Milieubeschreibung, in der Handlungen nur durch schablonenhafte Akteure ausgetragen werden. Die mise-en-scène wird von den Filmautoren als Instrument entdeckt, das den Film in permanentes Oszillieren gegen die von Walter Benjamin herausgestellte chirurgische Objektivierung der Wirklichkeit und Subjekte durch die Kamera-Apparatur definiert: Kalte Schnitttechnik gegen Lust an der ĂĽbertriebenen Inszenierung« (Becker, 70).
  • 21] In seinem Buch Comics in French weist Laurence Grove darauf hin, dass das so genannte Golden Age des amerikanischen Films der 1930er und 40er Jahre parallel zu dem goldenen Zeitalter amerikanischer Superhelden-Comics verläuft (vgl. Grove, 51), welches wiederum die Zeitspanne zwischen 1938 und Mitte der 1950er Jahre umfasst (vgl. Ditschke/Anhut, 163).
  • 22] Bei den serials handelt es sich um gĂĽnstig produzierte Fortsetzungsfilme »in zehn bis fĂĽnfzehn ›Kapiteln‹, deren Handlung jeweils mit einer spannenden Situation, einem ›Cliffhanger‹ endete, um das Publikum fĂĽr die nächste Woche wieder in die Kinos zu locken« (SeeĂźlen, 153).
  • 23] Neben dem Film bzw. dem Kino versteht es die aufblĂĽhende Comicindustrie auch, Korrelationen mit anderen medialen Formen einzugehen. Es entstehen, in erster Linie zu Werbezwecken, Anfang der 1930er Jahre die so genannten radio serials. Hierbei handelt es sich um gesponserte Hörspielversionen erfolgreicher Comicserien wie Superman oder Buck Rogers (vgl. Nagl, 119). Charakteristisches Merkmal der »Comics ohne Bilder« (vgl. Fuchs/Reitberger, 163) ist neben der besonders klangvollen Untermalung phantastischer Welten und spannungsgeladener Abenteuergeschichten ebenfalls der ›ins Ohr gehende‹ Titelvorspann (vgl. ebd., 164). So beginnt z. B. die erste Folge der Hörspielserie The Adventures of Superman (1940) mit dem berĂĽhmt gewordenen und später von anderen medialen Formen (wie der in den 1940er Jahren entstandenen superman-Zeichentrickserie) ĂĽbernommenen Slogan »Up in the sky, look: It’s a bird, it’s a plane, it’s Superman!«
  • 24] Bei den so genannten film series handelt es sich um »mehrere in sich abgeschlossene Filme mit den gleichen Hauptdarstellern, in den gleichen Rollen, die vor einem kontinuierlich durchgehaltenen Handlungshintergrund agieren« (Ofenloch, 18).
  • 25] Der Trend, Comicserien fĂĽr das Fernsehen zu adaptieren, hält bis heute an. Ein besonders populäres Beispiel hierfĂĽr stellt die amerikanische Erfolgsserie the walking dead (ab 2010) dar.
  • 26] Barbarella ist nicht das einzige Beispiel fĂĽr die Beeinflussung des Comics durch den Film bzw. das (zeitgenössische) Kino und dessen Starkult. Georg SeeĂźlen macht etwa auf die Vorbildfunktion des amerikanischen Schauspielers Douglas Fairbanks fĂĽr die von Jerry Siegel und Joe Shuster kreierte Superman-Figur aufmerksam. Zudem bemerkt SeeĂźlen, dass Supermans Alter Ego Clark Kent nachhaltig von Harold Lloyd und dessen naiven Optimismus beeinflusst zu sein scheint (vgl. SeeĂźlen 2012, 153).
  • 27] In diesem Zusammenhang bemerkt Andreas C. Knigge, dass »das Comic-Angebot in Frankreich […] Mitte der 1960er Jahre von Jugendzeitschriften wie Tintin, Spirou oder Pilote bestimmt [wurde], noch 1976 bezeichnete Michel Pierre erwachsene Leser in einer Studie als ›marginale Gruppen‹. Der Nudismus, dem Barbarella frönte, und ihre naive Vorliebe, ohne größere Umstände mit jedem, der ihr gefiel, ins Bett zu steigen, wurden zum Skandal, doch das eiligst verhängte Verbot bewirkte das Gegenteil und machte Barbarella nun erst recht populär […]. Im Konflikt mit der Zensur wurde schlieĂźlich juristisch klargestellt, dass Barbarella fĂĽr ein älteres Publikum bestimmt und somit der Comic kĂĽnftig nicht mehr allein als Kinderliteratur zu betrachten sei« (Knigge 2004, 165).
  • 28] DarĂĽber hinaus wird die kulturelle Legitimierung der bande dessinĂ©e in den folgenden Jahren durch die GrĂĽndung nationaler Comiczentren, wie dem Centre Belge de Bande DessinĂ©e in BrĂĽssel (1989) oder dem Centre National de la Bande DessinĂ©e et de l’Image in AngoulĂŞme (1990) weiter vorangetrieben (vgl. Grove, 147f.). Seit 1974 findet in AngoulĂŞme mit dem Festival International de la Bande DessinĂ©e zudem eines der größten Comicfestivals Europas statt, welches jedes Jahr durchschnittlich 200.000 Besucher_innen in den SĂĽdwesten Frankreichs lockt.
  • 29] Bei dem Begriff der bande dessinĂ©e (gezeichneter Streifen) handelt es sich sowohl um die allgemeine französische Bezeichnung fĂĽr Comics als auch um die spezielle Bezeichnung fĂĽr frankobelgische Comics.
  • 30] Den AusfĂĽhrungen von Thomas Becker folgend, geht die Benennung von Comics als Neuvième Art »auf die Aufzählung durch Riccotto Canudo von 1920 zurĂĽck, der zu seiner Zeit, als es jedenfalls schon Comics gab, auf sieben KĂĽnste kam, ohne den Comic aufzufĂĽhren. Den Film hatte er zur Siebten Kunst erklärt. Als achte kam später in den 1950er Jahren das Fernsehen hinzu. 1966 reihte dann Francis Lacassin den Comic hinter dem Fernsehen ein« (Becker, 63).
  • 31] Zu den bekanntesten kĂĽnstlerischen Remedialisierungen dieser Zeit zählen u. a. die Arbeiten diverser Pop-Art-KĂĽnstler_innen – Mel Ramos, Andy Warhol oder Roy Lichtenstein. Alle drei adaptieren in ihren Arbeiten wiederholt Motive des Comics. Ramos und Warhol konzentrieren sich dabei vornehmlich auf »malerische Referenzen an die Superhelden aus der BlĂĽtezeit der amerikanischen Comics« (Nakas, 16). Im Gegensatz dazu bezieht sich Roy Lichtenstein in seinen Gemälden und Grafiken »auf Einzelbilder (Panels) aus ›anonymen‹ Comics, die hochdramatische Szenen meist aus dem Kriegs- und romantischen Genre zeigen« (ebd., 19).
  • 32] Bei den Comics, fĂĽr die Fellinis gezeichnete DrehbuchentwĂĽrfe als Vorlage dienen, handelt es sich um Die Reise nach Tulum (1990) und Die Reise des G. Mastorna (1994).
  • 33] In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass Federico Fellini neben Umberto Eco »als Pate des neuen, aus diesem Club hervorgegangenen Forschungszentrums [dem CELEG] zur VerfĂĽgung stand« (Becker, 69).
  • 34] Die Zeitschrift Cahiers de la Bande DessinĂ©e wird 1969 von Jacques GlĂ©nat gegrĂĽndet und lehnt sich mit ihrem Titel explizit an die renommierte französische Filmzeitschrift Les Cahiers du CinĂ©ma (ab 1951) an.
  • 35] FĂĽr den Comicforscher Laurence Grove stellt der in den 1960er Jahren dominierende Wunsch nach kĂĽnstlerischer Anerkennung und kultureller Legitimierung zwar eine prägnante, aber bei weitem nicht die einzige Verbindung zwischen dem Comic und der filmischen Nouvelle-Vague-Bewegung dar. Denn genau wie das cinĂ©ma d’auteur von François Truffot, Jean-Luc Goddard und Alain Resnais zeichnet sich auch die, exemplarisch durch die Publikationen des alternativen Verlags L’Association repräsentierte, neue Welle des (frankobelgischen) Comics in den 1980er und 90er Jahren durch eine steigende Zahl selbstreflexiver Werke aus, die mit Hilfe eines geringen Budgets produziert werden, die Rolle der (Comic)autor_innen betonen und sich inhaltlich eher an alltäglichen als an abenteuerlichen oder eskapistischen Themen orientieren (vgl. Grove, 52).
  • 36] Der Einsatz comicspezifischer BezĂĽge, die zu einer Verfremdung des Gezeigten fĂĽhren und die Zuschauer_innen gezielt auf BrĂĽche innerhalb der filmischen Illusionsästhetik hinweisen, wird besonders deutlich in zazie dans le mĂ©tro (1960), einem Werk des Nouvelle-Vague-Regisseurs Louis Malle. Im Rahmen der Filmdiegese werden die Zuschauer_innen wiederholt mit comictypischen Elementen der Vervielfältigung, Ăśbersteigerung und Fragmentierung konfrontiert, die den etablierten Konventionen des Mainstream-Kinos widersprechen. Ferner wird dem Comic »mit dem Topos einer Verfolgungsjagd sowohl motivisch als auch filmsprachlich eine Hommage gewidmet. Es fehlt weder die Umkehrung von Verfolgtem und Verfolgendem noch das eilige Zuwerfen einer brennenden Dynamitstange […]. Die finale Explosion ereignet sich gar im gezeichneten Comic-Look« (Scholz, 55).
  • 37] Laut Andreas C. Knigge kann bereits die ›Serialität‹ der (zunächst) als Trilogie konzipierten star-wars-Filmreihe als Bezugnahme »auf die Comic-Serials der vierziger Jahre« (Knigge 1996, 323) verstanden werden. DarĂĽber hinaus bemerkt der Autor, dass »›Star Wars‹ ein rasanter Mix aus Verschwörungsgeschichte, J. R. R. Tolkien entlehnten Fantasywelten, Slapstick, Mystik und Ritterfilm [ist], in dem strahlende Helden und eklige Bösewichte in orientalisch anmutenden WĂĽsten in Westernsaloons einkehren oder sich funkensprĂĽhende Schlachten im Weltraum liefern; Laserschwerter und Strahlenpistolen wirken wie direkte Reminiszenzen an ›Flash Gordon‹« (ebd.).
  • 38] Ăśberdies konstatiert Andreas C. Knigge, dass George Lucas’ star wars-Epos 1977 ebenfalls »das Zeitalter der Blockbusterfilme« (Knigge 1996, 323) einleitet und »den Beginn einer multimedialen Allianz [markiert], die sich seit den achtziger Jahren als Strategie fĂĽr die moderne Mediengesellschaft maĂźgebend wurde. Comic-Adaptionen erschienen noch im gleichen Jahr sowohl in Form von Zeitungsstrips wie auch in Comic-Heften, später schrieben Romane und weite Comics die Saga fort« (ebd.).
  • 39] Laut Chantal Russo lässt sich die Entwicklung von Comicverfilmungen in zwei Phasen einteilen: »die Phase der klassischen Form der Comic-Adaption sowie die Phase der Comic-Verfilmung digitalen Zuschnitts« (Russo, 37). Dabei greifen klassische analoge Verfilmungen wie superman, vor allem auf inhaltliche Aspekte der Comicvorlagen zurĂĽck. Im Gegensatz dazu können aktuellere Produktionen mit Hilfe digitaler Filmtechnik auch die comicspezifische Ă„sthetik ihrer grafischen Vorlagen remedialisieren.
  • 40] FĂĽr eine detaillierte Auseinandersetzung mit den Comicfilmen sin city und immortel (ad vitam) vgl. Sina (2012 u. 2014). Zudem befasst sich die Autorin in ihrem Dissertationsprojekt Comic – Film – Gender. Zur (Re)medialisierung von Geschlecht im Phänomen ›Comicfilm‹ ausdrĂĽcklich mit Prozessen der Remedialisierung sowie ästhetischen Wechselbeziehungen zwischen Comic und Film.
  • 41] Mit Hilfe digitaler Bearbeitungsmittel remedialisiert sin city das abstrakte grafische Konzept seiner Comicvorlage: »All dessen Ausdrucksmittel – gekippte Perspektiven, ĂĽbertriebene Beleuchtung und unmotivierte Schatten, verschwimmende HintergrĂĽnde – gelangen zur Anwendung« (Rodek, o. S.). Der Einsatz digitaler Tricktechnik bildet auch die Grundlage fĂĽr die Remedialisierung comichafter Elemente in immortel (ad vitam). So gelingt es Bilal z. B. durch die Präsentation diverser holografischer SchriftzĂĽge das comictypische Wechselspiel bildlicher und linguistischer Zeichen in das Medium Film zu ĂĽbertragen.
  • 42] Umgekehrt imitiert und zitiert der Comic hier ebenfalls Aspekte des Films. Als Remedialisierung diverser Kriminalgeschichten, die sich auf stilistischer und inhaltlicher Ebene an die Darstellungskonventionen der hard-boiled school of fiction sowie des amerikanischen Film Noir anlehnen, ĂĽbernehmen (und ĂĽbersteigern) Frank Millers Sin City-Comics (ab 1991) diverse Visualisierungsmechanismen (verkantete Perspektiven und Bildausschnitte, starke Hell-Dunkel- bzw. Schwarz-WeiĂź-Kontraste etc.) der so genannten ›schwarzen Serie‹. In den Arbeiten von Enki Bilal – dessen Comicreihe La Trilogie Nikopol (ab 1980) die ›Grundlage‹ fĂĽr immortel (ad vitam) liefert – lassen sich wiederum diverse Remedialisierungen des Films beobachten. Zu Beginn des Comicalbums Froid Equateur (1991) präsentiert Bilal seinen Leser_innen beispielsweise eine Panelsequenz, deren Anordnung und Gestaltung der eines Filmstreifens ähnelt.
  • 43] FĂĽr die Durchsicht des Artikels und wertvolle Anregungen danke ich Bernd Leiendecker, Angelika und Michael Sina sowie Bianca Westermann.